Nach diesem Spektakel nun wieder als Kontrast eine ruhigere Nummer, die höchste Reitkunst mit erotischen Motiven verbindet. Unter dem Motto "Liebe" entwickelte Jésus Morales seine atemberaubende Kür. Ich habe natürlich nicht auf die Uhr geschaut, aber gemessen an der Anzahl der Fotos, die ich geschossen habe, muß die Vorführung sehr lange gedauert haben.
Nachdem ich die Fotos von Thorsten Schneider gesehen und bewundert habe, sehe ich meine eigenen Fotos mit anderen Augen. Nun weiß ich natürlich nicht, wie viele Fotos bei ihm aus technischen Gründen unter den Tisch fallen. Bei mir sind es jedenfalls viele. Am meisten kämpfe ich mit der Schärfe, weil die nicht manuell, sondern über einen Motor eingestellt wird, und der einfach zu langsam ist. Außerdem läßt sich die Schärfe über den Sucher nicht gut genug kontrollieren.
Fast alle Fotos von Jésus Morales sind deshalb in meinen Augen mißglückt. Als Foto, d. h. als Momentaufnahme, bei der der Ausschnitt, die Bewegung, der Ausdruck stimmen muß, sind sie sehr gut, aber sie leiden unter Unschärfe, Überbelichtung und vor allem mangelnde Scharfstellung.
Nach dieser Vorrede wünsche ich trotzdem viel Vergnügen mit den Bildern dieser unglaublich kunstvollen Vorführung. Ich empfehle den Bildschirmschoner Equitana 2005 - Jésus Morales mit 140 Bildern, den umfangreichsten aus dieser Serie.
Jésus Morales arbeitet mit der garocha, dem Arbeitsspieß der spanischen Cowboys. Verwachsen mit seinem Pferd, vollführt er einen Tanz mit diesem Instrument, der ähnlich stilisiert ist wie der Flamenco, der als Tanz auf einer kleinen Bühne von zwei Frauen dargeboten wurde.
Der Flamenco ist hochgradig erotisch, er stilisiert die Geschlechtsrollen und ist auf höchste Spannung ausgelegt. In diesem Sinne ist der Tanz mit der garocha eine Demonstration der äußersten Männlichkeit, der eigentlich nur für die Frauen aufgeführt wird, die natürlich nur aus dem Augenwinkel Kenntnis nehmen.
Erst gegen Ende der Vorführung näherte sich der Reiter der Frauengruppe, umkreiste sie, grüßte sie mit dem Hut und entfernte sich wieder, um die Werbeaktivitäten auf die Spitze zu treiben. Der Reiter neigte sich so weit aus dem Sattel, daß man befürchten mußte, er werde herabgleiten.
Vor zwei Jahren war Jésus Morales auch dabei. Seine Vorführung ist in dem erwähnten Buch dokumentiert. Damals tanzte er mit zwei Gitarristen, die sich auf Stühlen gegenüber saßen. Als Höhepunkt setzte er einem seinen Hut auf. Dieses Kunststück ließ sich nicht wiederholen, da die Tänzerinnen natürlich selber in Bewegung waren, während der Gitarrist ein vortreffliches Ziel bot.
Jésus Morales benutzte die Zügel nur indirekt; sie waren an seinem Gürtel befestigt. Diese Technik setzten auch Oliver Jubin beim Feuerseil und zum Schluß Andrea Schmitz als Pegasus unter dem Motto "Freiheit" ein - in allen Fällen mußten die Reiter beide Hände dauernd frei haben.
Der Text zu dieser Nummer, zum Thema "Liebe/Leidenschaft":
| Stärker noch als der Tod ist die Liebe. Unter die Unendlichkeit gelegt entfaltet sie sich wie keine andere Kraft. Die Liebe ist stark und zerbrechlich, sie ist sinnstiftend und voller Wunder. Die Momente, in denen wir ihre Stärke fühlen, sind begleitet von dem Wissen um ihre Vergänglichkeit. Und wir kämpfen um sie mit all unserer Leidenschaft. | | |
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