| | | | | | Innen Kontrolle, außen frei | | | |
| | | | Lorenzo hatte ich schon in Hamburg erlebt und seine Vorführung durch einen Bildschirmschoner dokumentiert ( Lorenzo, Hansepferd 2004).
Diese Vorführung wiederholte er im ersten Teil unter dem Titel "Herausforderungen", wobei er sich selbstverständlich einige Varianten hatte einfallen lassen. Im Unterschied zur neuen Nummer wurde dieser Lorenzo als "Lorenzo Classic" bezeichnet. Diese Bezeichnung habe ich für den Bildschirmschoner übernommen: Equitana 2005 - Lorenzo Classic.
Als vorletzte Nummer der gesamten Show, als vorläufiger Höhepunkt, als Kontrast zur erotischen Kunst des Spaniers, zur höchsten reiterlichen Vollendung, zelebrierte Lorenzo die spielerische Virtuosität, die absolute Freiheit der Pferde, die artistische Sensation.
Dieser Lorenzo wurde "Lorenzo Emotions" getauft (Bildschirmschoner Equitana 2005 - Lorenzo Emotions). Der Titel der Nummer: "Vollkommenheit". Der Text:
| Der vollkommene Momente ist immer auch ein Wunder - es ist das Zusammenspiel der Elemente, der Begegnungen und der Harmonie. Einzigartig ist dieser kurze Moment, auf denen wir Menschen warten und der uns zugleich den Moment nach der Vollendung fürchten läßt. Wir rufen und sind doch bange, daß der Ruf erhöht wird. Es sind die vollkommene Augenblicke, die wir ein Leben lang in uns tragen. | | |
Stand Lorenzo bei seiner ersten Vorführung ausschließlich auf den Rücken der Pferde, bewegte er sich nun immer wieder einmal auch auf dem Boden. Und dann traute ich meinen Augen nicht: Lorenzo sprang mehrfach über ein Hindernis und die Pferde folgten ihm.
Im September hatte ich über das Fest der Shetland-Freunde in Bad Harzburg berichtet ( Das Fest der Shetlandfreunde, Wir wollen besser werden!). Dort hatte ich diese Übung zum erstenmal gesehen. Sie gehört bei den Shetland-Züchtern zum Standardprogramm.
Ich kenne das Freispringen und das Springen unter dem Sattel. Das Springen an der Hand leuchtete mir in diesem Falle ein, weil kleine Kinder, die als Reiter in Frage kommen, nicht gut genug springen; auf diese Weise kann der Sprungvermögen demonstriert werden, und gleichzeitig ist es auch eine sportliche Disziplin, die dem beteiligten Menschen ebenfalls etwas abverlangt.
Bei Lorenzo handelte es sich allerdings um eine Abwandlung dieser Übung, denn die Pferde folgten ihm freiwillig. Sie waren nämlich vollkommen ungezäumt. Das war der Clou dieser Nummer - Lorenzo hatte zur Kontrolle der Pferde lediglich zwei Gerten zur Verfügung. Und weil Jean Marc Imbert ebenfalls kaum etwas in der Hand hat und sein Stöckchen so gut wie gar nicht einsetzt, ist vermutlich der Ehrgeiz Lorenzos herausgefordert, es ihm gleich zu tun. Lorenzo arbeitet dann auch gleich mit vier Pferden - womit der Schwierigkeitsgrad unübersehbar demonstriert wird, denn mit zwei Gerten kann man nicht zugleich vier Pferde dirigieren.
Soweit ich beobachten konnte, laufen die äußeren Pferde auf Stimme. Die inneren kontrolliert Lorenzo mit der Gerte - schließlich müßte er einen Spagat machen, wenn sie Distanz gewinnen würden. Aber wie auch schon bei seinen Leinenkunststückchen, wo er dann mitten im Sprung die Leinen losläßt und die Hände in die Luft reißt, verzichtet Lorenzo schließlich auch noch auf die Gerten!
So erwartet das der Zuschauer:Sensation stapelt sich auf Sensation! Aber wie schon bei Imbert reagierte das Publikum besonders engagiert und interessiert bei Situationen, die jeder kennt, mit denen jeder sich identifizieren kann, wo jeder sofort nachvollziehen kann, wie gut Lorenzo mit seinen Pferden kommuniziert. Dazu dienen die Bodenübungen.
Wenn Lorenzo über den Sprung setzt, ist es ja keineswegs ausgemacht, daß die Pferde folgen. Und wie bei Imbert sonderte sich eins der vier Pferde ab und ging seine eigene Wege. Große Spannung! Was macht der Meister jetzt? Wie reagiert das Pferd? Nun, das Pferd bewegte sich nach einer Weile auf Lorenzo und die anderen drei Pferde zu - machte dazu aber einen großen Bogen um das Hindernis: spontaner Lacherfolg.
Zum Abschluß nochmal dieselbe Situation mit zwei Pferden. Nun aber nahm das abtrünnige Pferd den direkten Weg über das Hindernis: noch größerer Lacherfolg! Jedermann mußte nun annehmen, daß es sich bei beiden Vorkommnissen um einstudierte Übungen handelte, sozusagen das Sahnehäubchen, aber es handelte sich wohl tatsächlich um spontane Aktionen, denn Thorsten Schneider versicherte mir, daß diese in den anderen Aufführungen und Proben nicht vorgekommen waren. Desto besser!
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