Die nächste Nummer nach der Zirkusvorstellung von Lucien Gruss, mit der ich meinen letzten Bericht abgeschlossen habe, hatte wirklich mit Feuer zu tun. Dieses Bild sollte den Begriff "Trauer" illustrieren:
| Sie formen dich und brennen sich tief in deine Seele, die Momente des Verlustes und der Trauer. Ohne jede Hoffnung, trostlos und verloren, taumelst du dahin und nur der grenzenlose Schmerz läßt dich noch spüren, daß du lebendig bist. | | |
Feuer wirkt natürlich ebenfalls am besten in der Dunkelheit. Damit die Effekte wirken konnten, waren die Scheinwerfer über dem Ring ausgeschaltet. Die einzige Lichtquelle außer den brennenden Feuerquellen war die riesige Leinwand (60 x 11 Meter), auf die ein passendes Bild projiziert wurde. Zarte Spots auf einzelne Akteure versuchten, diese herauszuheben, ohne die Atmosphäre zu zerstören.
Intern heißt die Nummer "Feuerseil", was erst am Ende verständlich wurde, als nämlich der Reiter im Galopp Seilspringen vorführte, was ja an sich schon eine dolle Sache ist, aber in diesem Fall brannte das Seil auch noch. Man wundert sich, daß das Pferd so etwas mit sich machen läßt! Schließlich schlägt das brennende Seil vor seinem Kopf auf den Boden und es muß darüberspringen.
Die Unerschrockenheit des Pferdes gegenüber dem Feuer wurde zuvor schon deutlich demonstriert, als der Reiter zwei brennende Fackeln über den Kopf und neben den Kopf des Pferdes hielt und dieses alles mit sich machen ließ, ohne sich aufzuregen.
Daß überhaupt ein Pferd dabei war, ergab sich allerdings erst nach einer Weile. Zunächst beherrschten die Feuerkünstler das Feld. Regieanweisung:
| Nadja von oben auf Bühne "Center Stage" fährt runter, der Robert entzündet die Töpfe und spuckt Feuer, Feuerartisten usw. in die Bahn, wenn er fast unten ist, kommen die Caracolsreiter rein, Feuerjongleure und Bolaspieler in der Mitte, Oli Jubin mit Fackeln außen herum (Pirouette etc.), zum Schluß seilspringendes Pferd | | |
Habe ich das so erlebt? Ich weiß nicht. Meine Fotos zeigen nur ein einziges Pferd (siehe Bildschirmschoner Equitana 2005 - Feuerseil). Caracolsreiter? Bolaspieler? Keine Ahnung.
Die Liste der Akteure, die anläßlich der Pressekonferenz verteilt wurde, nennt als Künstler Troupe Caracole, Frankreich, Oliver Jubin, "Mr. Ghana". Letzterer ist mir bei der Aufführung nicht begegnet, aber im Finale aufgefallen. Jedenfalls lief dort ein Schwarzer mit, der bei ausreichendem Licht beeindruckend genug war, aber in der Feueratmosphäre offenbar nicht auffiel.
In dieser Nummer traten Stelzenläufer auf, die auch später nochmal zum Zuge kamen. Die Stelzenläufer sind sehr beeindruckend, werden deshalb auch gerne eingesetzt, nicht nur bei der Hop Top Show der Equitana. Auf jeden Fall bot diese Nummer eine Fülle von beeindruckenden Bildern. In der Spalte "Technik, Bewegung" meiner Regieanweisung lese ich:
| Rick, etc. mit Feuerwerk?? muß in die Bahn Mittelbühne von der Decke, der Bolaspieler spielt darauf und währenddessen die Feuerbolas | | |
Daraus schließe ich, daß die brennenden Stäbe, mit denen theatralisch herumgefuchtelt wurde, wohl hier als Feuerbolas bezeichnet werden. Eine Bola ist nach meinem Verständnis ein Instrument südamerikanischer Gauchos, ähnlich einem Lasso, das jedoch statt Schlinge drei Kugeln an kurzen Schnüren trägt, die sich dann um die Beine des zu fangenden Tieres schlingen. Solch ein Instrument habe ich hier nicht gesehen, es hat ja auch nichts mit Feuer zu tun.
Thorsten Schneider, der das Buch über die Equitana 2003 vorgelegt hat, bedauerte die Panne, die ich als solche gar nicht wahrgenommen habe. Der Reiter hatte nämlich sein Feuerseil anfänglich nicht richtig aufnehmen können und nur das eine Ende in der Hand. Nach einer Viertelrunde half ihm eine Akteurin, die den zweiten Griff vom Boden aufklaubte und dem Reiter anreichte. Auch dieser Lapsus wurde vom Publikum nicht krumm genommen. Hätte der Reiter weiter improvisiert, wäre es wahrscheinlich auch nicht weiter aufgefallen.
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