| | W. Popken im Fenster Selbstportrait 08/2004 | | | | Meine Meinung zu dem Buch: von › Werner Popken
Mit dieser Buchbesprechung ber�cksichtige ich eine ganz wichtige Gattung, die bisher �berhaupt nicht erw�hnt worden ist: B�cher f�r jugendliche Leser.
In diesem Falle m��te man wahrscheinlich sagen: B�cher f�r jugendliche Leserinnen. Denn wahrscheinlich werden diese B�cher selten von m�nnlichen Wesen gelesen, weshalb sie sich auch gar nicht an diese wenden.
Meine eigenen T�chter haben B�cher dieses Genres nat�rlich ebenfalls verschlungen. Der Schneider Verlag, sonst gar nicht den Pferden verpflichtet, ist auf diesen Markt spezialisiert - soweit ich wei�, sind alle einschl�gigen B�cher aus unserer Bibliothek von Schneider, und so war ich denn erstaunt, als ich feststellte, da� Kosmos hier ebenfalls mitmischt.
In bew�hrter Manier werden diese B�cher nicht einzeln geschrieben, sondern gleich als Reihe konzipiert. Als dieses Buch erschienen ist, gab es schon elf davon, und weitere sind geplant. Au�erdem ist das nicht die einzige Reihe im Kosmos Verlag. Der Markt f�r diese Art B�cher mu� also gro�, stabil und ergiebig sein.
Man kann das leicht nachvollziehen. Diese B�cher sind realistisch. Sie liefern den Lesern Stoff f�r die Phantasie, sind Identifikationsvorlagen. So k�nnte es sein, wenn man selbst in der gl�cklichen Lage w�re, in der die Helden sich befinden.
Deshalb m�ssen diese B�cher auch realistisch sein. Und da die Realit�t sich laufend �ndert, k�nnen die Reihen nicht ewig halten, sondern m�ssen immer wieder neu geschrieben werden.
Pferdefl�sterer z. B., die gab es doch vor gar nicht allzu langer Zeit noch nicht. Das ber�hmte Buch von Klaus Ferdinand Hempfling "Mit Pferden tanzen" hat eine Bewegung initiiert, oder war vielmehr das erste Anzeichen f�r eine Zeitstr�mung, deren Ende noch gar nicht abzusehen ist.
Die Hauptgeschichte dieser Woche geh�rt ebenfalls zu dieser Bewegung und zeigt sehr sch�n, wie alles im Flu� ist, auch f�r die Anf�hrer selbst.
Die B�cher sollten aber nicht nur die Realit�t widerspiegeln, sondern sie auch verantwortlich verarbeiten, denn sie sind zweifellos bewu�tseinsbildend. Wird dieses Buch von Christiane Gohl dem Anspruch gerecht?
Der Verlag betont, da� Christiane Gohl sich als Autorin f�r die Pferde einsetzt, also Bewu�tseinsarbeit leistet, und man kann erwarten, da� sie die Gelegenheit, �ber die Leser-Identifikation direkt auf die jungen Menschen einzuwirken, nicht ungenutzt verstreichen l��t.
Diese Erwartung wird nicht entt�uscht. Die Autorin springt gleich mitten ins wirkliche Leben. Hier wird keine Idealwelt vorgestellt, es beginnt mit Frustration:
| Brr, ist das kalt! Ich w�re auf dem Ausritt fast erfroren! | | |
Immerhin: wer hier ich sagt, hat gerade einen Ausritt hinter sich - wer kann das schon sagen? Damit wird schon signalisiert, da� man dort, wo Julia lebt, Ausritte machen kann. Der n�chste Satz ist wieder ein Paukenschlag:
| Nickie stoppte ihre Pferde neben dem Reitplatz, auf dem Julia gerade mit ihrem jungen Wallach Coffee arbeitete. | | |
Da ist also unsere Julia, die einen jungen Wallach besitzt, mit dem sie arbeitet! Und Nickie hat nicht nur ein Pferd, sondern mehrere! Ganz wie im wirklichen Leben, nicht wahr?
So sollte es jedenfalls sein, in einer idealen Welt, wie junge Frauen sie sich ausdenken. Rollenspiele nennt man das, und selbstverst�ndlich haben meine T�chter ebenfalls jahrelang Rollenspiele inszeniert, in denen die wirkliche Welt probehalber ausgelotet wurde, ohne sich von der Wirklichkeit Fesseln anlegen lassen zu m�ssen.
Frustrationen geh�ren nicht nur im Leben, sondern auch bei Romanen dazu. Sie treiben die Geschichte an, bauen Spannung auf, bringen Farbe, nicht zuletzt sind sie die Angriffspunkte, die f�r die Identifikation gebraucht werden. Wenn alles immer nur glatt laufen w�rde, w�re es langweilig.
Ich kann mich noch gut erinnern an die Comics in der Wendy, die ich regelm��ig gelesen habe, bevor sie f�r das Fernsehen entdeckt wurden (meine T�chter haben sich gewundert). Ich fand es bewundernswert, wie die Autoren zweimal im Monat neue Probleme ausgruben, die dann innerhalb der Geschichte bew�ltigt werden konnten.
Julia hat denn auch Probleme mit ihrem jungen Wallach. In einem Buch hat sie sich f�r neue Ausbildungsmethoden begeistern lassen, und der Gaul tut nicht, was er soll. Sehr gut! Wer kann sich nicht damit identifizieren?
Nebenbei beschreibt Christiane Gohl sehr genau das Verhalten der Pferde. Wer nichts �ber Pferde wei�: hier kann er schon auf der ersten Seite eine ganze Menge lernen. Auf der zweiten Seite springen wir mitten in das Thema dieses Buches.
Nickie wundert sich, was Julia da tut, und diese erl�utert:
| "Bodenarbeit. Die Alpha-Methode, nach Jonathan Wenders. K�rpersprache, du wei�t schon. Aber es klappt nicht so richtig. Er geht nicht vorw�rts, wenn ich ihn von hinten treibe." | | |
Kann man die Realit�t beschreiben, ohne auf sie Bezug zu nehmen? Das geht wohl nicht. Also wird hinter Jonathan Wenders und seiner Alpha-Methode jemand stehen, den wir alle kennen. Nat�rlich verfremdet, so da� rechtliche Probleme au�en vorbleiben. Vielleicht verschmelzen auch mehrere Personen und mehrere Methoden, aber das tut nichts zur Sache. Wir wissen schon, was gemeint ist, und so ist das ja auch gemeint.
Das Buch entbehrt nicht der komischen Z�ge, wie man aus dem vorigen Zitat schon entnehmen kann. Die Beschreibung einer Pferdemesse im sechsten Kapitel ist k�stlich. Dort hat nat�rlich auch Jonathan Wenders einen Stand, sein Buch wird dort pr�sentiert, Christiane Gohl hat ihm ein Logo spendiert, ein verschlungenes A, �ber das Jonathan Wenders auf dem Buchtitel springt, mit einem Palomino - so wird das heute gemacht! Marketing nennt man das.
Schriftsteller haben es gar nicht leicht: sie m�ssen ein komplettes Konzept erfinden, was noch nicht im Markt besetzt ist, aber trotzdem eine gute Chance h�tte, es zum Spitzenreiter zu bringen. Ohne eine geh�rige Portion Humor und Erfindungsgeist geht das nicht.
| Zwei ausgesprochen h�bsche M�dchen betreuten den Stand und versorgten Julia und ihre Freunde freigebig mit Informationsmaterial. [...] "Doch, der Jonathan macht schon noch selbst Kurse - obwohl er seinen Schwerpunkt jetzt nat�rlich auf die Ausbildung von Alpha-Therapeuten legt." "Alpha-Therapeuten?", fragte Nickie. "Hat man das fr�her nicht 'Trainer' genannt?" "Schon, aber der Jonathan findet, 'Trainer' klingt so nach Leistungsdruck. Und wir wollen doch eins werden mit dem Pferd: Eins werden hei�t heil werden. Das hat schon einen therapeutischen Aspekt." Das M�dchen zeigte einen verkl�rten Gesichtsausdruck, wenn es von Jonathan Wenders sprach. "Die Kurse von dem Jonathan sind nat�rlich bis nach Weihnachten ausgebucht. Aber wenn ihr wollt, setze ich euch auf die Warteliste." Julia wollte nat�rlich. Die anderen sagten dazu nichts. Sie brachen erst nach Verlassen des Standes in schallendes Gel�chter aus. "Der Jonathan wird uns alle in die ewige Seligkeit geleiten!", imitierte Gloria das M�dchen. "Wenn der Jonathan ihn anfasst, wird jeder Wallach wieder zum Hengst!", kicherte Nickie. "Eins, zwei,drei, mit Pferden reich werden!", f�gte Olaf trocken hinzu. "Ich fasse es nicht. Diese Tussies sind v�llig durchgedreht." | | |
Das kann Julia nat�rlich nicht gefallen. Schon geraten sie in die Vorf�hrung eines gewissen Kim Robertson.
| "Seine Anh�nger und Freunde nennen ihn den 'Magier mit Pferden'!" "Der n�chste Guru!", lachte Gloria hinter Julia. Die anderen waren ihr gefolgt. "F�r alle, die mehr auf dunkle Typen stehen." Kim Robertson war gro�, schlank, tief gebr�unt und trug sein langes, schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. W�hrend er eintrat, lief ein Band mit 'A Kind of Magic' von der Rockgruppe Queen. Das Pferd, mit dem er arbeitete, war ein Friesenhengst. "Warum es blo� immer Hengste sein m�ssen?", fragte Nickie provozierend. "Ist doch klar!", sagte eine Stimme von hinten, die Julia bekannt vorkam. "Die Jungs lassen den ganzen Quatsch eher mit sich machen und sehen dabei auch noch toll aus. Eine Stute w�rde sich in die Ecke stellen und den Kerlen die Zunge zeigen!" "Stephanie!", rief Julia. Ihre alte Freundin stand hinter ihnen und lachte. Stephanie l�sterte mit Leidenschaft, den Kommentar hatte sie sich nicht verkneifen k�nnen. | | |
Die Kunden von Amazon haben dieses Buch mit durchschnittlich f�nf Sternen bewertet. Mehr geht nicht.
Eine ausf�hrliche Rezension kommt von einer Mitarbeiterin von IBM, wie man an der E-Mail Adresse sehen kann. Diese erwachsene Frau hat alle B�cher aus der Julia-Reihe gelesen und ist ganz begeistert davon.
Ich kann das nachvollziehen. Sie vermutet, da� Stephanie die Autorin selbst ist. Das wird wohl so sein. Jetzt verstehe ich den "Untertitel" des Verlags, der offenbar wei�, da� die Reihe viele Fans hat jenseits der eigentlichen Zielgruppe.
Man verachte die Jugendbuch-Autoren nicht! Normalerweise werden diese B�cher nicht zur Literatur gez�hlt und nur ausnahmsweise von Erwachsenen zur Kenntnis genommen. Die B�cher von Michael Ende sind so eine Ausnahme seit dem Erfolg von Momo. Aber schon die fr�heren Arbeiten wie "Jim Knopf" sind hochinteressant.
Durch die Kinder habe ich eine ganze Reihe von Produktionen kennengelernt, die auch mich beeinflu�t haben. Die n�chste Gelegenheit, Einblick in diesem Bereich der literarischen Produktion zu erhalten, werde ich wahrscheinlich erst durch meine Enkel bekommen.
Wenn man Einflu� aus�ben, Wirkung hinterlassen will, hat man als Kinder- oder Jugendbuch-Autor wahrscheinlich wesentlich bessere Chancen, wird aber mit Sicherheit nicht so leicht ber�hmt. Man wirkt eben mehr im Verborgenen. Erwachsene bekommen von dieser Arbeit normalerweise nichts mit.
In gewisser Weise ist sie vergleichbar mit derjenigen eines P�dagogen. Hier werden Menschenbilder geformt, hier wird unmittelbar Einflu� ausgeuebt. Das ist schwierig, denn man mu� den Nerv der Leserschaft treffen. Ich h�tte keine Ahnung, was die jungen M�dchen umtreibt. Ganz abgesehen von intimen Kenntnissen der Reitszene.
Christiane Gohl ist da ganz in ihrem Element. Zur Illustration zitiere ich trotz der L�nge ausf�hrlich die Schilderung der Vorf�hrung von Kim Robertson mit der anschlie�enden Bewertung von Stephanie und dem Reitlehrer Holthoff, die an Deutlichkeit nichts zu w�nschen �brig l��t. Einfach k�stlich!
Die Autorin erfindet mit Kim Robertson eine weitere Kunstfigur samt Marketingkonzept, und die ganze Sache ist so �berzeugend und realit�tsnah, da� man sich fragt, ob die Ironie und Komik nicht schon bei den Vorbildern sichtbar ist. Hat das noch niemand bemerkt? Das Leben selbst erscheint durch die Erfindung als Satire. Sowas nennt man wohl Realsatire.
| Der Arbeitsbereich f�r Kim Robertson war mit Hindernisstangen abgesteckt. Er bevorzugte offensichtlich das Dreieck. "Das Dreieck", erkl�rte er, "ist ein magischer Bereich. Sowohl das Pferd als auch ich finden hier ihren Zufluchtsort. Sie sehen, da� der Hengst sich sofort seine Ecke ausgesucht hat, ich nenne sie jetzt den animalischen Bereich. Und ich w�hle mir diese Ecke und erkl�re sie zum Menschenbereich. Die dritte bleibt neutral. Wir werden uns jetzt durch systematischen Wechsel geistig einander ann�hern. Der Hengst erf�hrt meine Kraft und Dominanz, die mir das Recht gibt, ihn aus seiner Ecke zu vertreiben, aber ich akzeptiere auch seine Ausstrahlung. Letztlich unterwirft er sich meiner Macht, signalisiert durch den magischen Stab, mit dem ich ihn durch die Ecken lenke..." Der magische Stab war eine zweifarbige Longierpeitsche ohne Schlag, daf�r mit einem blinkenden Dreieck am Ende versehen. Der Hengst fixierte unweigerlich das Dreieck und folgte ihm aus einer Ecke. Kim lenke das Pferd von einer Ecke in die andere und bewies dabei beachtliches Geschick im Umgang mit dem Hilfsmittel. Julia war beeindruckt. "M��te ich das jetzt verstehen?" fragte Herr Holthoff Stephanie. "Ich meine, wo liegt der Sinn des Ganzen?" "Also auf den ersten Blick w�rde ich ja sagen, es dient dem Portemonnaie des Meisters", lachte Stephanie. [...] "Aber k�rpersprachlich ist er perfekt", verteidigte Julia den 'Magier'. "Er treibt total exakt. Ganz �hnlich wie Jonathan Wenders." "Klar ist er geschickt", r�umte Stephanie ein. "Das sind die alle. Gestern haben wir einen gesehen, der mit einem langen Strick arbeitete. Wenn ich das versuchen w�rde, l�ge ich wahrscheinlich nach drei Minuten gefesselt am Boden. Aber die Frage ist doch, was das alles bringt. Schlie�lich will ich kein Diplom als Schlangent�nzerin erwerben, sondern ein Pferd zum Reiten ausbilden. Wird seit 6000 Jahren gemacht. Mit Strick, ohne Strick, mit Gebi� im Maul, ohne Gebi� im Maul, mit Gewalt, ohne Gewalt. Du kannst mir glauben, Julia, da� die Menschheit in 6000 Jahren so ziemlich alles ausprobiert hat, was sich machen l��t! Das Dreieck als Reitplatz hat sich dabei nicht bew�hrt. Genauso wenig wie die Ellipse. Obwohl die ja wenigstens keine Ecken hat und damit nicht so gef�hrlich ist. Wenn die Anh�nger von diesem Clown da ihr Problempferd in eine Ecke treiben, ger�t es wom�glich in Panik und schl�gt zu." "Und als Pferdeausbildung w�rde ich das sowieso nicht bezeichnen", f�gte Herr Holthoff hinzu. "Wie ich das so sehe, kommen diese Leute nie weiter als allenfalls zum ersten Aufsteigen. Aber da f�ngt die Arbeit doch erst an. Anreiten, Lenken, Gymnastizierung - ganz zuletzt die hohe Schule. Hast du jemals einen von den Typen eine Piaffe reiten sehen?" "Klar, auf Fotos: Jonathan Wenders!", antwortete Julia, erleichtert, da� ihr Idol den Anspr�chen gen�gte. "La� mich mal raten", warf Stephanie ein. "Er sa� auf einem Palomino, so einem mittelgro�en Hengst, Arabertyp, etwas spanisch angehaucht und mit den Namen Leonardo? Den hat Nina Windhammer ausgebildet, die Zirkusreiterin. Mit der hatte der liebe Jonathan n�mlich mal eine hei�e Aff�re. Das Pferd macht alles, klar. Aber das macht es auch mit dir, Julia, oder mit mir. Um Leonardo vorzustellen, braucht man keine Wunderkr�fte." Stephanie wu�te mal wieder mehr als alle anderen. Sie arbeitete f�r eine Pferdezeitschrift und erfuhr immer sehr schnell, was in der Szene vorging. | | |
So so! Wie gut f�r den Leser, da� die Autorin des Buches noch mehr wei�! Im Rahmen eines Romans kann man viele Dinge locker ausplaudern, die man in einer Pferdezeitschrift so nicht bringen k�nnte. Das macht Schl�sselromane so ungemein interessant, und dies ist ein Schl�sselroman.
Ich nehme einmal an, da� die anderen Romane der Reihe ebenso realit�tsnah sind. Aufgrund dieser Stichprobe w�rde ich jedes Buch der Reihe bedenkenlos empfehlen. Die Story ist vermutlich ebenso wie hier jedesmal auch ein Anla�, problematische Situationen zu entwickeln und handfestes Wissen weiterzugeben.
Das auf dem R�cken erw�hnte illustrierte Reiterlexikon (eine wunderbare Idee!) macht das sehr deutlich. Im Buch kommen ja viele Pferde vor, und diese Pferde geh�ren unterschiedlichen Rassen an. Im Reiterlexikon werden diese Rassen angesprochen und mit den im Buch vorgestellten Individuen in Bezug gesetzt.
Hier wird die Autorin auch noch einmal ernst und spricht selbst die Komik in der Beschreibung der Methoden der beschriebenen, erfundenen Pferdefl�sterer an, wobei sie die Realit�t f�r noch komischer h�lt als ihre Erfindungen. Sie r�t also zur Skepsis und empfiehlt die klassischen Methoden.
Dazu habe ich zwei Anmerkungen: einmal lassen die klassischen Methoden offenbar zu w�nschen �brig, denn sonst h�tten die sogenannten Pferdegurus nicht so einen gro�en Zulauf. Ich verstehe bei weitem nicht so viel von der Sache wie Christiane Gohl, habe aber doch den Eindruck, als ob die Pferdegurus durchaus Neues ins Gespr�ch gebracht h�tten, was entweder in den 6000 Jahren vorher so noch nicht gesehen wurde oder aber in der Zwischenzeit versch�ttet worden ist und neu entdeckt werden mu�.
Ich denke, Christiane Gohl k�nnte mit Leichtigkeit Spitzenpers�nlichkeiten aus den klassischen Disziplinen mit ebenso viel Lust und Berechtigung durch den Kakao ziehen. Das wird aber wegen der Dramaturgie unterschlagen, f�rchte ich. Der Erfolg der Gurus speist sich zu einem guten Teil aus der Unzufriedenheit mit den klassischen Methoden. Im �brigen ist festzustellen, da� auch die klassischen Methoden wiederentdeckt und propagiert werden m�ssen.
Zum anderen glaube ich, da� es weniger um das Pferd als vielmehr um den Menschen geht, wobei die Methode zweitrangig ist. Aber wem sage ich das? Die Schriftstellerei ist ausgesprochene Menschenbildnerei, durch das Beispiel werden die Figuren zu Vorbildern und der Leser wird geformt. Insofern stellt sich die Frage, ob der Reitlehrer nicht vielleicht mehr durch sein Vorbild als durch seine Methode wirkt. Die herk�mmlichen Reitlehrer haben anscheinend in dieser Hinsicht ziemlich versagt.
Aber nicht nur die Reitlehrer. Ich werde nie vergessen, wie das Landgest�t Celle im Fr�hjahr 1999 einen Teil seiner Hengste im Vorharz den Z�chtern vorstellte und diese dann stolz ihre Produktion. Man w�rde nicht meinen, da� man es mit Pferden zu tun h�tte. Es waren wilde Tiere, die kaum geb�ndigt werden konnten, vor denen die Vorf�hrer Angst hatten, und tats�chlich gab es sogar eine gef�hrliche Situation. Ich f�hlte mich w�hrend der gesamten Veranstaltung entsetzlich unwohl. Mit dieser Szene wollte ich nichts zu tun haben.
Das ist aber auch nicht die Realit�t der Julia-Romane. Da haben die M�dchen ihre eigenen Pferde, sogar ihren eigenen Reitplatz. Wieso sind die dann noch im Reitverein? Meine T�chter haben den Reitverein sofort verlassen und vergessen, als sie endlich eigene Pferde bekamen. Denn der Reitunterricht, den sie viele Jahre lang genossen haben, hat ihnen nicht besonders gut gefallen, und �ber die Reitlehrer habe ich so manche Klage geh�rt.
Interessanterweise sind meine Kinder an Gurus �berhaupt nicht interessiert, aber desto mehr an ihren Pferden. Und mit denen gingen sie von Anfang an so wunderbar und selbstsicher um, da� ich mich frage, woher sie das alles gelernt haben. Vielleicht aus einer dieser Reihen?
Anm.: Die Zitate sind im Original in der neuen Rechtschreibung. Ich habe es eine Weile damit probiert und mich entschieden, es wieder zu lassen, jedenfalls einstweilen.
erschienen 06.07.02 | |