Die Geschichte
Nachdem sie die Papiere unterschrieben hatte, lehnte sie sich zurück. Nur für einen Moment entzog sie sich den Gegebenheiten um sie herum, dem offiziellen Raum des Maklerbüros, den fachlichen Ratschlägen, auf die sie sich angewiesen fühlte, und ihren Freunden, die um sie herum teilnahmen an diesem "historischen" Geschehen.
Hatte sie wirklich unterschrieben? Noch konnte sie es selbst nicht glauben, und sie erinnerte sich eines Augenblicks vor acht Jahren, in dem alles angefangen hatte.
Damals hatte sie gerade ihr Wohnhaus verlassen, und traf auf der Straße einen guten Bekannten, den sie lange nicht gesehen hatte. Er erkundigte sich nach ihrem Befinden, denn er hatte davon gehört, dass sie ihre Stelle gekündigt hatte und seit einigen Monaten arbeitslos war.
Und wie sie selbst und viele andere vor ihm, so fragte auch er sie, was sie jetzt zu tun gedenke. Ihre immer wieder gefühlte Ratlosigkeit hatte nach so vielen Fragen keine Worte mehr, und dieses Nicht-Wissen hatte Leere in ihr entstehen lassen.
Sie hatte plötzlich wie neben sich gestanden und den Worten zugehört, die aus ihrem Mund kamen: "Ich möchte einen Heiltempel aufbauen. Es wird ein heiliger Ort sein, wo Menschen miteinander leben und zur Heilung anderer Menschen beitragen. Wo Menschen hinkommen können, um gesund zu werden und von wo aus Menschen in die Welt gehen."
Genaueres dazu hatte sie ihm nicht sagen können, denn wie er war auch sie überrascht worden vom Inhalt dieser Worte, die so klar und sicher formuliert wurden. Nie mehr hatten diese Worte sie verlassen.
Die folgenden Jahre waren voll intensiver Veränderungen in ihr und in ihrem Leben. Sie begann, Dinge zu sehen und zu hören, die den meisten Menschen nicht zugänglich waren oder sie erschreckten.
Doch sie wusste, dass sie einen Weg beschritten hatte, von dem es keine Zurück gab. Ihr Herz war beseelt von ihrem Sehnen nach Gott und ihrem Wunsch, selbst heil und ganz zu werden.
Es gab immer wieder Begegnungen und Erfahrungen, die sie an diesen Moment in der Vergangenheit erinnerten und in der Verwirklichung der Idee bestärkten.
Sie traf auf Menschen, die wie sie einig schienen mit der Idee und sich dazu berufen fühlten, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. Doch sobald es um die Realisierung ging, zogen sie sich zurück.
Ängste tauchten auf, Konflikte schienen unüberwindbar. Das größte Problem schien die Entscheidung zu sein, ganz zu gehen und nicht halb, und alles Persönliche diesem höheren Anliegen zur Verfügung zu stellen.
Dazu schien nur sie selbst bereit zu sein, so glaubte sie jedenfalls. Sie fragte sich, ob sie etwas falsch mache oder nicht verstanden habe, und fühlte die Idee in ihr solch intensiven Raum einnehmen, dass sie oft das Drängen nach Verwirklichung kaum noch ertragen konnte.
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