Letzte Woche habe ich bereits davon gesprochen, welche gesundheitlichen Schäden bei Pferd und Reiter zu erwarten sind, wenn der Reiter keinen halbwegs korrekten Sitz und einfühlsame Hilfengebung beherrscht. Was viele Freizeitreiter nicht bedenken, ist der Umstand, dass sich dieses mangelnde reiterliche Können nicht nur direkt auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken kann, sondern auch noch indirekt die Unfallgefahr beim Geländereiten stark erhöht.
Das Hauptproblem bei einem unsicheren, einseitigen, vor- oder rücklastigen Sitz besteht darin, dass das Pferd dadurch in seiner Bewegung irritiert bzw. behindert wird, wodurch vor allem junge, noch nicht so gut ausbalancierte Tiere, sowie Pferde, die über ein nicht so stabiles Fundament verfügen, bisweilen leicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden können. Dies natürlich noch viel mehr, wenn der Reiter über ein verhältnismäßig hohes Körpergewicht verfügt.
Gefährlich werden kann dies vor allem im Bergland, wo auf schmalen Wegen ein unbedachter Seitwärtsschritt bereits ein Abrutschen in die Tiefe bewirken kann, oder auch bei Sprüngen über Geländehindernisse, bei denen ein Gleichgewichtsproblem unter Umständen auch zum Sturz führen kann. Ebenso erfordert ein etwaiges Stolpern des Pferdes einen sicheren Sitz des Reiters, denn nur so kann dieser ausbalancierend und stützend auf seinen vierbeinigen Reitpartner einwirken und damit einen Sturz verhindern.
Was nun die Zügelhilfen anbelangt, so sagt eigentlich schon das Wort �Hilfen� alles Nötige aus, denn ein ständiges Ziehen oder auch Herumreißen kann man wohl schwerlich als �Hilfe� bezeichnen! Aber nicht nur, dass eine so rohe Behandlung eines echten Reiters nicht würdig ist, weil sie genau genommen bereits als Tierquälerei bezeichnet werden muss, hat sie auch noch den äußerst unangenehmen Nebeneffekt, dass man besonders empfindliche Pferde damit zur Widersetzlichkeit erzieht und alle anderen derartig abstumpft, dass sie im Notfall auf keinerlei Zügeleinwirkung mehr reagieren.
So hatte ich z.B. einen Bekannten, der seinen eher großrahmigen Wallach stets nur mit harter Hand ritt, ihn mit kräftigem einseitigem Zügelzug in die gewünschte Richtung lenkte und ihn mit resolutem beidseitigem Zügeleinsatz mühevoll einbremste bzw. zum Stillstand brachte. Anfangs ritt er ihn mit Trense, doch als Wende- und Bremsmanöver immer längere Zeit und Kraft in Anspruch nahmen, stieg er zuerst auf eine noch �annehmbare� Kandarenzäumung um, bis er ihm schließlich die schärfste Kandare ins Maul gab, die er bekommen konnte.
Doch auch diese Maßnahme brachte nicht den gewünschten Erfolg, sondern verursachte sogar einen spektakulären Unfall, der aber glücklicherweise für alle Beteiligten nochmals glimpflich ausging. Mein Bekannter dachte nämlich damals, dass er auch mit dieser scharfen Zäumung das Pferd um die Kurve zerren müsse, worauf dieses trotz seiner Abstumpfung sehr empfindlich reagierte, sich aufbäumte und bei der darauffolgenden Wendung ausrutschte und mit der Hinterhand zu Fall kam. Schnell rappelte es sich aber wieder auf, schnappte sich das peinigende Gebiss mit den Zähnen und ging mit dem völlig überraschten Reiter durch. Als dieser es nun energisch einzubremsen versuchte, brach dabei durch das starre Gegenhalten des Tieres sogar das Gebiss entzwei (Vor allem Pferde, die immer stark auf Zug geritten werden, entwickeln eine enorme Kraft in Hals und Nacken!), aber der Wallach war nicht zu halten und kam erst wieder im heimatlichen Stall zur Ruhe.
Natürlich hatten dabei Pferd und Reiter einige Wunden davongetragen, doch zum Glück waren keine schweren Verletzungen darunter, sodass der Besitzer des Pferdes dieses Erlebnis klugerweise nur als Warnung hätte sehen können. Doch anstatt umzudenken und gemeinsam mit dem sonst sehr lieben und gutmütigen Wallach eine reiterliche Weiterbildung anzustreben, ließ mein Bekannter nun sein Pferd nur noch in der Koppel stehen, weil er sich natürlich nicht mehr traute, mit ihm auszureiten. Einige Monate später tauschte er dieses Pferd dann bei einem Händler gegen ein anderes ein, mit dem dasselbe Dilemma von vorne begann.
Naja, manche Menschen werden aus Schaden leider nicht klug, und auch gute Ratschläge können da meist nicht wirklich helfen, aber ich hoffe doch, dass ich mit dieser Geschichte wenigstens ein paar Menschen einen Denkanstoß liefere, damit sie erkennen mögen, dass es auch bei ihnen des öfteren an Feingefühl bei der Hilfengebung mangelt, oder damit sie daraufhin befreundete Reiter wachzurütteln versuchen.
Denn wer mit feinen Zügelhilfen reitet, tut nicht nur seinem Pferd und sich selbst etwas Gutes, er kann außerdem erwarten, dass ein solcherart sensibel gebliebenes Tier auch in Notsituationen verhältnismäßig leicht gelenkt und gehalten werden kann. Doch mehr zu diesem Thema dann nächste Woche.... |