Angebot für Kalenderwoche 05-37
| Chef oder Freund � das leidige Dominanzproblem in Mensch-Pferd-Beziehungen Teil 8 | | |
In den letzten 7 Wochen habe ich dieses Thema von verschiedenen Seiten näher beleuchtet, um Ihnen, werte Leser, zu zeigen, dass es keine allgemein zu empfehlende Methode beim Umgang mit Pferden gibt. Jeder Reiter muss dabei seinen eigenen, ganz persönlichen und zu ihm passenden Weg gehen! Besitzt bzw. reitet er verschiedene Pferde, dann sollte er allerdings auch bereit sein, mehrere Wege zu beschreiten oder zumindest den eigenen Weg bei Bedarf ein wenig abzuwandeln, denn auch jedes Pferd hat individuelle Bedürfnisse, die nicht einfach übergangen werden sollten.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass ein Mensch, der über keine ausgeprägten Chefqualitäten verfügt, sich auch nicht als solcher aufspielen sollte, da er in dieser Rolle auf kein Pferd wirklich glaubhaft wirken würde. Natürlich könnte er sich mit Gewalt durchsetzen, aber eine optimale Zusammenarbeit würde dies wohl nicht ergeben. Gewalt ist ebenso das falsche Mittel, wenn ein Pferd sich nicht freiwillig unterwirft, denn dadurch leidet nicht nur das Tier, sondern auch das reiterliche Ergebnis.
Erstrebenswert ist meines Erachtens nach immer � und in solchen Fällen ganz besonders � eine freundschaftliche Beziehung, die aber auch nur dann von Erfolg gekrönt wird, wenn sie einem tiefen Herzensbedürfnis entspringt. Es hat z.B. wenig Sinn, eine solche Beziehung eingehen zu wollen, wenn zwischen Reiter und Pferd nicht wenigstens gegenseitige Sympathie herrscht. Ein- oder beidseitige Ablehnung erstickt solche Bemühungen meist schon im Keim und nur dann, wenn die einseitige Ablehnung des Pferdes auf schlechten Erfahrungen beruht und der Reiter sehr viel Liebe, Geduld und Verständnis für dieses Tier aufbringen kann, ist hier früher oder später ein Erfolgserlebnis zu erwarten.
Ist ein Reiter aber nur scheinbar um die Freundschaft seines Pferdes bemüht, während er in seinem tiefsten Innersten aber in ihm doch nur ein Sportgerät, ein Mittel zum Zweck, sieht, dann wird jede noch so freundliche Vorgehensweise nicht in der gewünschten Weise wirken, weil Pferde solche Scheinheiligkeiten schnell durchschauen und darauf nur mit noch mehr Unmut und Ablehnung reagieren.
Ich konnte in meiner mehrjährigen Tätigkeit als Reitlehrerin diese für den außenstehenden Betrachter oftmals unverständliche Diskrepanz zwischen freundlicher Bemühung des Reiters und unüberbrückbarer Distanzierung oder Widerspenstigkeit des Pferdes sehr häufig erleben, und anfangs war auch ich versucht zu glauben, dass hier die Schuld beim Pferd liegen würde, doch immer wurde ich über kurz oder lang eines Besseren belehrt. Dann nämlich, wenn solche Reiter plötzlich unbeherrschte Wutausbrüche bekamen oder über den �blöden Gaul� zu schimpfen begannen und damit ihre edle Fassade kurzfristig ablegten.
Ja, Pferde kann man nur in den seltensten Fällen täuschen, und deshalb sollten auch nur solche Menschen reiten, die diese edlen Tiere wirklich von Herzen lieben oder ihnen zumindest in ehrlicher Freundschaft zugetan sind, denn alles andere kann auf Dauer nicht funktionieren. Neben Liebe sind aber auch noch Einfühlungsvermögen in die Psyche des Pferdes und Verständnis für gesundheitliche Probleme, charakterliche Schwächen und geistige Fehler des vierbeinigen Reitpartners nötig, wobei auch eine gehörige Portion Geduld und Humor von Vorteil ist.
Pferde sind keine Maschinen, die man je nach Bedarf an- und ausschalten und beliebig lange benutzen kann, ohne dass diese sich gegen eine solche Behandlung wehren! Obwohl � wenn man es genau überlegt.....
Auch eine Maschine streikt mal mit oder ohne ersichtlichen Grund oder bekommt bei falscher bzw. zu langer Anwendung einen Defekt, der dann erst wieder repariert werden muss, bevor man damit weiterarbeiten kann. Ist der Schaden zu groß, bleibt einem nichts anderes übrig, als die alte Maschine gegen eine neue auszutauschen. Jeder Motor kann sich außerdem überhitzen, wenn die Beanspruchung sein Leistungsvermögen übersteigt oder die Schmierung bzw. Kühlung nicht funktioniert. Um wieder in den �grünen Bereich� zu kommen, benötigt er dann erst mal Ruhe und Abkühlung. Wird ihm dies verwehrt, dann kann er sogar unter Umständen in Flammen aufgehen, auf alle Fälle ist aber mit größeren Schäden zu rechnen.
Dieselben Probleme können natürlich auch bei Pferden auftreten, doch seltsamerweise gestehen nur die wenigsten Menschen ihren vierbeinigen Reitkameraden solche Schwächen zu. Sie wollen gute Leistungen sehen und das Pferd wann auch immer und wo auch immer benutzen können, ohne sich ernsthafte Gedanken über das Wohlbefinden des Tieres machen zu müssen.
Pferde sind aber hochsensible Lebewesen, die genau wie wir Menschen ein umfangreiches Repertoire an Gefühlen haben, auf die ein Reiter unbedingt Rücksicht nehmen sollte, wenn er ihr Vertrauen gewinnen will. Wir können nicht erwarten, dass Pferde unsere Freunde sind und freudig mit uns zusammenarbeiten, wenn wir uns gleichzeitig nicht wie ihre Freunde verhalten, sondern sie nur nach Strich und Faden ausnutzen.
Was würden wir wohl dazu sagen, wenn ein Freund von uns gnadenlos irgendeine Leistung verlangen würde, die wir einfach nicht vollbringen können, weil wir körperlich, geistig und/oder seelisch nicht dazu in der Lage sind. Unmut und Verdruss wären wohl das Mindeste, was wir dabei empfinden würden, manche von uns würden wohl auch aggressiv auf solche Forderungen reagieren und einige würden vielleicht sogar in eine tiefe Depression verfallen, weil sie auf diese Weise schmerzlich erkennen müssten, dass ihr �Freund� nur auf den eigenen Vorteil erpicht ist und kein bisschen mit ihnen mitfühlt.
Glauben Sie mir � Pferde denken und fühlen da nicht anders als wir Menschen! Auch sie wollen geliebt und verstanden werden! Dafür sind sie auch bereit, ihr Bestes und � wenn nötig � sogar ihr Letztes zu geben! Die Freundschaft eines Pferdes ist tatsächlich Gold wert, aber diese muss sich der Reiter � im Gegensatz zu den Sporen � auch heute noch verdienen, indem er seinem vierbeinigen Reitkameraden täglich aufs Neue beweist, wieviel er ihm bedeutet!
Ein perfekter Sitz und korrekte Hilfengebung, sowie ein fundiertes Fachwissen, sind sicherlich gute Grundbausteine für eine reiterliche Karriere, aber wer es nicht schafft, sich mit Liebe und Mitgefühl das Herz des Pferdes zu erobern, der beraubt sich selbst einer einzigartigen Erfahrung � dem Einswerden mit dem edelsten aller Tiere! Eine Erfahrung, die aber sogar ein �ungehobeltes� Bauernkind machen kann, wenn es nur das Herz am rechten Fleck hat!
In diesem Sinne möchte ich alle meine Leser bitten, den Blick fürs Wesentliche nicht zu verlieren, und Ihnen allen eine harmonische Beziehung mit Ihren Pferden wünschen!
Damit möchte ich diese Artikelserie abschließen und Ihnen ab nächster Woche hier im �Angebot der Woche� wieder einige Leseproben meines Pferderomanes �Arabische Träume� präsentieren!
Kontakt | Heidelinde Keppel | | Hauptstr. 67A | A-2723 Muthmannsdorf | E-Mail › Heidelinde Keppel | | Tel. +43 2638/88023 | Mobil 0664/4992935 |
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