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| Chef oder Freund � das leidige Dominanzproblem in Mensch-Pferd-Beziehungen Teil 6 | | |
Haben wir uns in den letzten Wochen vermehrt mit dem Chef-Sein auseinandergesetzt, so wollen wir uns nun freundschaftliche Mensch-Pferd-Beziehungen näher betrachten. Nicht selten haben nämlich manche Pferdefreunde diesbezüglich sehr ideelle Vorstellungen, die sich dann doch nicht in dieser Form verwirklichen lassen.
Nur mit den wenigsten Pferden � am ehesten funktioniert es mit älteren, klugen und erfahrenen Exemplaren � kann man eine so innige Beziehung führen, wie wir Menschen uns eine richtige Freundschaft vorstellen, die auf tiefer Zuneigung und gegenseitigem Vertrauen, Verständnis und Respekt beruht und die letztendlich in harmonischer Zusammenarbeit ihre formvollendete Erfüllung findet.
Die meisten Pferde allerdings sind vergleichbar mit Kindern, zu denen man als Erwachsener zwar auch eine Freundschaft aufbauen kann, aber nicht ohne dass man gewisse Grenzen setzt, denn andernfalls würden einem die lieben Kleinen rasch auf der Nase herumtanzen. Völlig antiautoritäre Erziehung und maßloses Verhätscheln gehen auch bei unseren vierbeinigen Freunden nicht lange gut, ja sie können mitunter sogar aus ganz normal veranlagten Tieren lebensgefährliche Bestien entstehen lassen.
Dies kann vor allem dann vorkommen, wenn Fohlen und Jungpferden, sowie Hengsten, Wallachen mit Hengstmanieren oder auch dominanten bzw. zickigen Stuten nicht rechtzeitig Einhalt geboten wird, sobald diese freches oder ansatzweise aggressives Verhalten gegenüber ihrem Besitzer bzw. Reiter erkennen lassen. Was als scheinbar harmlose Spielerei beginnt, kann im Nu tödlicher Ernst werden! Pferde haben nun mal ein Vielfaches unseres Körpergewichtes und enorm viel Kraft, die für uns Menschen äußerst gefährlich werden kann, wenn sie bewusst oder auch unbewusst gegen uns eingesetzt wird!
Dieser Tatsache muss sich auch jeder Pferdefreund wirklich bewusst werden, denn allein mit grenzenloser Liebe zum Tier können leider nicht immer alle Probleme gelöst und Verständigungsschwierigkeiten beseitigt werden. Wer mit Pferden eine freundschaftliche Beziehung aufbauen möchte, benötigt auch eine gehörige Portion Durchsetzungsvermögen und ebenso einiges an Fachwissen, um auf das Verhalten der Pferde so zu reagieren, dass diese ihn verstehen und als Menschen zu akzeptieren sowie zu respektieren lernen.
Selbstverständlich sollte man als Pferdebesitzer und Reiter die Sprache der Pferde soweit verstehen, dass man sich mit ihnen optimal verständigen kann, doch sollte gleichzeitig darauf Wert gelegt werden, dass auch die Pferde unsere Sprache erlernen und begreifen, dass sie es mit einem Menschen und nicht einfach mit einem anders aussehenden Artgenossen zu tun haben.
Natürlicher Umgang mit Pferden klingt ja oft sehr gut, beinhaltet aber auch, dass die Pferde auf den Menschen dann wie auf einen Artgenossen reagieren und den würden sie eben unter gewissen Umständen auch treten, beißen oder bespringen. Auch wenn dies in spielerischer Art passiert, kann es für den Menschen gefährlich werden � lassen Sie sich da bloß nicht von Einzelpersonen mit zirzensischem Geschick zu irgendwelchen Experimenten verleiten!
Sogar das freundschaftliche Beknabbern, das Pferde untereinander täglich praktizieren und welches nicht nur der gegenseitigen Fellpflege, sondern auch dem sozialen Kontakt dient, kann beim Menschen zu Verletzungen führen und sollte deshalb keinesfalls erlaubt werden. Nachdem diese für uns oftmals zu grobe Annäherung aber eigentlich eine freundliche Kontaktaufnahme von Seiten des Pferdes ist, darf dieses Verhalten auch nicht wirklich bestraft werden, da man das Tier damit verwirren, verunsichern oder gar verärgern würde. Man muss vielmehr versuchen, das Pferd von seinem Vorhaben abzulenken oder ihm eine andere Möglichkeit bieten, seinen natürlichen Trieb auszuleben.
So binde ich z.B. meine Pferde während des Putzens an einen Baum, den sie ersatzweise nach Lust und Laune beknabbern dürfen, während ich mich ihrer Fellpflege widme. Sollten sie doch einmal auf die Idee kommen, auch mich mit ihren Zähnen �pflegen� zu wollen, schiebe ich ihren Kopf freundlich, aber bestimmt zur Seite, um ihnen zu zeigen, dass ich das nicht will. Die meisten Pferde verstehen dies sehr schnell, Schimpfen oder Schlagen hingegen würde das ganze Putzritual rasch zu einer furchteinflößenden Angelegenheit werden lassen, was dann unter Umständen zu deutlichem Abwehr- oder Aggressionsverhalten und vor allem zu Vertrauensverlust führen könnte.
Anders sieht es allerdings bei richtig aggressiven Handlungen wie gezieltem Treten oder Beißen aus. Selbst wenn es bei Jungtieren mit spielerischen Absichten geschieht, muss man als Mensch dieses Verhalten mit lautem Schimpfen und auch ev. einem mehr oder weniger starken Klaps quittieren, um deutlich zu zeigen, dass man solche rüpelhaften Umgangsformen keinesfalls duldet. Auch ältere Stuten belehren den Nachwuchs in ihrer Pferdesprache auf ganz ähnliche Weise, indem sie solche Frechdachse z.B. kräftig mit ihrem geschlossenen Maul zur Seite stoßen.
Richtig fest gebissen oder getreten werden übermütige Jungtiere von ihren �Tanten� allerdings noch nicht und deshalb sollte auch die menschliche Strafe dem Alter und dem Verhalten des Tieres gerecht angepasst werden. Übertriebene oder gar zu Unrecht gegebene Strafen bewirken nämlich genau den umgekehrten Erziehungseffekt, sodass die Pferde dadurch nur noch aufsässiger und aggressiver werden.
Ältere dominante Pferde � vor allem aber Hengste � müssen aber sehr wohl vehement in ihre Schranken verwiesen werden, wenn sie grundlose Angriffe auf einen Menschen tätigen, doch auch hier erweist sich normalerweise maßregelnde, konsequente Arbeit gegenüber brutalen Schlägen als weitaus bessere Erziehungsvariante. Und mit einem leichten Klaps richtet man bei einem Hengst meist sowieso nichts aus, wohingegen heftiges Schimpfen zumindest bei sensiblen Tieren einen gewissen Erfolg zeigen kann. Sehr gute Erfahrungen habe ich in diesem Zusammenhang mit den Ausbildungs- und Korrekturmethoden von Frau Linda Tellington-Jones gemacht, wobei die Führkette bei Hengsten ganz besonders gute Dienste leistet.
Für viele Pferdefreunde klingen diese Strafen und Erziehungsmaßnahmen wahrscheinlich gar nicht nach freundschaftlicher Beziehung, aber leider sind sie bei manchen Pferden durchaus vonnöten, wenn man als Pferdebesitzer und/oder Reiter nicht selbst zu Schaden kommen will.
Was andernfalls so alles passieren kann, erfahren Sie nächste Woche von mir, wenn ich einige Erlebnisse aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz erzählen werde. Danach jedoch wenden wir uns den positiven Aspekten einer freundschaftlichen Reiter-Pferd-Beziehung zu.
Kontakt | Heidelinde Keppel | | Hauptstr. 67A | A-2723 Muthmannsdorf | E-Mail › Heidelinde Keppel | | Tel. +43 2638/88023 | Mobil 0664/4992935 |
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