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Chef oder Freund �
das leidige Dominanzproblem in Mensch-Pferd-Beziehungen
Teil 2





..."Fast alle Pferde zeigen im Laufe ihrer Ausbildung immer wieder gewisse Widersetzlichkeiten, aber wenn man konsequent mit ihnen weiterarbeitet, gibt sich das schon mit der Zeit. Sehr viele Trainer fordern sogar ständig absichtlich den Ungehorsam ihrer Pferde heraus, um sie dann richtig maßregeln zu können,..."





Dieser Absatz aus meinem Pferderoman �Arabische Träume� bildete den Abschluss meines Artikels der letzten Woche und sollte Sie ein wenig zum Nachdenken anregen. Zu welchem Ergebnis sind Sie dabei gekommen?

Ich nehme an, jeder Reiter wird diesbezüglich so seine ganz eigenen Ansichten haben, aber ich hoffe doch, dass nur mehr die wenigsten der Meinung sind, ein Pferd habe dem Menschen als Sklave zu dienen und deshalb müsse sein eigener Wille brutal gebrochen werden. Szenen, wie man sie aus fremden Ländern kennt, wo Pferden beim Zureiten die Beine zusammengebunden werden, sodass sie bei jeder schnelleren Bewegung zu Sturz kommen, und diverse andere Gewaltanwendungen, die ich hier nicht näher beschreiben will, die aber leider immer noch bisweilen in der Pferdeausbildung angewandt werden, werden wohl in jedem echten Pferdefreund Gefühle des Entsetzens und des Mitleids erwecken und von solchen Menschen wohl auch grundsätzlich abgelehnt werden.

So gesehen könnte ich diese tierquälerische Ausbildungsmethode nun einfach gleich beiseite legen, da sie für tierliebe Reiter sowieso indiskutabel ist. Eine Frage stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings doch: Erkenne ich als Durchschnittsreiter am Endergebnis, also am fertig ausgebildeten Pferd, überhaupt, durch welche Schule dieses Tier gegangen ist?

"Aber natürlich!", werden nun die meisten meiner Leser ausrufen. "Solche Pferde sind scheu und ängstlich, oder sie neigen zu Aggressionen bzw. anderen gestörten Verhaltensweisen! Auf jeden Fall sind deutliche psychische Defekte zu erkennen!"

Falsch! Solche willenbrechende Methoden erzeugen keine sichtbaren Schäden an der Psyche, der Seele des Pferdes � sie töten sie einfach! Eine tote Seele aber leidet nicht mehr, sie hat keinerlei Empfindungen mehr, und deshalb ist ein solches Pferd � sofern diese Ausbildung von einem Profi durchgeführt und vollendet wurde � von folgsamen, jedoch liebevoll erzogenen Tieren nur durch ein Merkmal spontan zu unterscheiden � den Blick!

�Das Auge ist der Spiegel der Seele� ist ein Ausspruch, den wohl jeder kennt, und der gerade bei Pferden besonders zutreffend ist! Ein gebrochener Wille � gleichbedeutend mit toter Seele � zeigt sich ganz deutlich in einem teilnahmslosen, leeren Blick. Solche Tiere sind äußerst gehorsam und befolgen alle Anweisungen prompt und zuverlässig, doch sie zeigen kein selbständiges Handeln mehr, keine echte Lebendigkeit � sie agieren vielmehr wie Marionetten, die an unsichtbaren Fäden gezogen werden.

Richtige Pferdekenner und Pferdefreunde sehen diesen Unterschied zu anderen braven Pferden sofort, aber vielen Menschen bleibt er verborgen, sodass es ihnen auch nicht bewusst wird, wenn sie so ein Pferd reiten oder zum Kauf angeboten bekommen. Wenn ein Pferd angeblich immer brav, folgsam und absolut anspruchslos ist, sowie von jedem � auch von Anfängern und unbegabten Reitern � einfach und problemlos zu reiten ist, dann handelt es sich dabei jedoch mit ziemlicher Sicherheit um ein solches Tier, das auf die eine oder andere Weise willenlos gemacht wurde.

Besonders gefragt sind solche Pferde natürlich in Tourismusgebieten, wo sie Urlaubern für Spazierritte angeboten werden, aber auch hierzulande kann man durchaus �gebrochenen� Pferden begegnen. Nicht immer war die Ausbildungsmethode so brutal, wie ich sie oben angedeutet habe, aber es gibt viele Möglichkeiten eine Pferdeseele zu zerstören � manche funktioniert schnell, bei anderen dauert es länger, wobei dies nicht zuletzt � neben den �Fähigkeiten� des Ausbilders � auch auf den Pferdetyp ankommt.

Tiere mit besonders starkem eigenen Willen lassen sich nicht vollständig brechen, aus ihnen entstehen dann die oben erwähnten Problempferde. Ähnliches passiert, wenn der Ausbilder körperlich und/oder psychisch nicht in der Lage ist, sein Vorhaben durchzusetzen, oder diese �Ausbildung� frühzeitig abgebrochen und durch eine andere ersetzt wird.

Im letzteren Fall kommen dann meist wirkliche Pferdefreunde, die das arme Pferd vom Vorbesitzer erlösen wollen, zum Handkuss, wenn sie das zuvor gequälte Tier nun nur noch mit Liebe erziehen und ausbilden wollen. Da solche Pferde aber den Menschen prinzipiell nicht mehr vertrauen, stattdessen aber nur allzu deutlich gelernt haben, dass der jeweils Stärkere das Sagen hat, reagieren sie auf diese Freundlichkeit � die sie mit Schwäche verwechseln � oftmals völlig unerwartet mit aggressivem Verhalten, was für viele laienhafte �Pferderetter� natürlich eine arge Enttäuschung darstellt.

Je nachdem, von welchen Fachleuten oder klugen Büchern sich solche überforderte Pferdebesitzer dann Rat holen, werden die verschiedensten Wege der Pferdeausbildung bzw. -korrektur beschritten oder es findet eine totale Resignation statt, weil die Entscheidung für eine bestimmte Vorgehensweise nicht immer einfach ist. Viele Anweisungen, die Profis empfehlen, sind für Laien nicht so einfach durchführbar oder entsprechen nicht deren Vorstellungen, und immer wieder stellt sich die Frage: Muss ich mich bei meinem Pferd denn wirklich ständig als Chef behaupten oder können wir nicht einfach Freunde sein, wie es in so vielen Pferdefilmen rührend gezeigt wird?

Meine Meinung dazu: Auch hier ist ein gesundes Mittelmaß meist die optimale Lösung, doch nicht jeder Mensch und auch nicht jedes Pferd eignet sich dafür gleichermaßen. Individuelle Anpassungen sind oft nötig und auf die Eigenheiten verschiedener Typen muss eingegangen werden, um zu einer harmonischen Zusammenarbeit zu finden, wobei letztendlich jedes Reiter-Pferd-Paar seinen eigenen Weg, seine eigene zu ihm passende Methode des Reitens und des täglichen Umgangs finden sollte � so wie dies auch bei menschlichen Paaren idealerweise der Fall sein sollte.

Meine Artikelserie zu diesem Thema soll also nicht eine für alle passende Patentlösung anbieten oder einzelne Methoden der Pferdeausbildung in den Himmel heben bzw. verdammen, sondern einfach als Wegweiser dienen und Ihnen, werte Leser, verschiedene Möglichkeiten näher vorstellen, damit Sie sich dann für eine Richtung, die für Sie und Ihr Pferd geeignet ist, entscheiden können.



Nächste Woche werde ich dazu verschiedene Ausbildungs- und Reitmethoden aus der Sicht des Menschen genauer analysieren und aufzeigen, welche Eigenschaften man als Reiter mitbringen muss, um diese erfolgreich anwenden zu können.

Sollten Sie Ihre eigenen diesbezüglichen Erfahrungen in diese Serie einbringen wollen, können Sie mir diese per E-Mail schicken. Ich veröffentliche gerne auch Fremdbeiträge, wenn diese für meine Leser von Interesse sein könnten.


Kontakt
Heidelinde Keppel  
Hauptstr. 67A A-2723 Muthmannsdorf
E-Mail   Heidelinde Keppel  
Tel. +43 2638/88023 Mobil 0664/4992935





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