| | Der Spanische Reiter fällt | | | |
| | | | Um das zusätzliche Problem des Schauspielers, der es als Laie vielleicht nicht besser weiß und kann, aus der Welt zu schaffen: Dokumentarische Fotos von Reiterspielen beliebiger Reitervölker unserer Erde aller Zeiten zeigen genau dieselben Bilder. Alle Reiter gehen ausnahmslos äußerst grob mit ihren Pferden um, reißen ihnen im Maul, und das, obwohl die Pferde extrem deutlich zeigen, was das mit ihnen macht: Aufgerissene Mäuler, verdrehte Augen, hochgerissene Köpfe, überall dieselben Bilder. Wen kümmert das? Niemanden, im Gegenteil. Wenn sich jemand aufregen würde, stellte der sich außerhalb seiner Gemeinschaft und würde geschnitten. Kann nun derjenige, der in seiner Welt das überall Selbstverständliche nachahmt und sich anpasst und damit ein wertvolles Mitglied seiner Gemeinschaft wird, für die dort üblichen und als recht und billig erkannten Verhaltensweisen gescholten werden? Kann er überhaupt erkennen, dass sein Verhalten zu wünschen übrig lässt? Schmidt-Salomon ist sich sicher, dass ihm das gar nicht möglich ist (siehe » Die Banalität von Gut und Böse.). Also kann er doch nicht böse sein, oder? Zwar glaubte ich auch zeigen zu können, dass der Kapitän eine andere Art hat, mit Pferden umzugehen, was natürlich auch zu seiner Rolle passt, aber wir wissen ja, dass er bei den Cowboys damit eher Anstoß als den Willen zur Nachahmung erregt. Dieser Mann zeigt damit einfach nur, dass er nicht dazugehört und nicht weiß, was richtig ist. Die Leute verachten und hassen ihn dafür, dass er anders ist, und es ist verwunderlich, dass er dem Anpassungsdruck nicht nachgeben muss, sondern sich behaupten kann. Der Gruppendruck, dem wir alle unterliegen, wurde in diesem Film mehrfach thematisiert. Das fängt mit dem Überfall auf den neu angekommenen Fremden aus dem Osten, Kapitän James McKay (» Gregory Peck), an, bei dem es undenkbar gewesen wäre, wenn einer der vier Burschen nicht mitgemacht hätte, und wird zugespitzt in der Szene, wo die Cowboys des zukünftigen Schwiegervaters und Großranchers Major Terrill auf das Erscheinen der Rinderherde des verhassten Hannassey-Clans warten. Dort regt sich zwar ein zaghafter Protest, denn einer der Cowboys hält es nicht für richtig, die durstigen Rinder vom Wasser zu vertreiben. Zu diesem Zeitpunkt hat der Vormann Steve Leech (» Charlton Heston) aber noch keinerlei Gewissensbisse, jedenfalls lässt er das nicht erkennen. Für ihn ist klar: Befehl ist Befehl. Daher rät er dem Untergebenen, aus eigenem Interesse gegen seine Einsicht zu handeln. Und natürlich gibt dieser Mann nach. Andere, die vielleicht ebenso gedacht haben, haben ihre Bedenken sogar für sich behalten. So funktioniert das. Indem man die Verantwortung auf jemand anders abwälzt, braucht man sich selbst nicht schuldig zu fühlen und nicht Stellung zu beziehen. Im Gegenteil, in der Masse kann man sich wohlfühlen, man bestärkt sich gegenseitig und verdrängt etwaig vorhandene ungute Gefühle. Bei der geplanten Vernichtungsaktion des Majors gegen die Hannasseys ist aber auch der Vormann so weit, sich den Befehlen seines Chefs zu widersetzen. Diesmal aber weniger aus grundsätzlichen Überlegungen, sondern vielmehr wegen der allgemeinen Gefahr. Er hält es für zu gefährlich, sich in den Blanco Canyon zu begeben, weil dort hinter jedem Felsen ein Gewehr liegt und sie selbst als Reiter unten im Tal leichte Ziele abgeben. Möglicherweise hat er auch den Mut zu seinem Protest gefunden, als der Major drohte, den Kapitän abzuknallen, sollte er in den Canyon einreiten wollen. Das wäre ja glatter Mord gewesen, und der Vormann versucht seinen Chef mit den Worten zu stoppen: "Das können Sie nicht tun!" Der eigentliche Grund seines Widerstandes ist aber die Sorge um sich und seine Kollegen: "Das wird uns die Hälfte unserer Männer kosten!" Tja, so ist das, wenn man in den Krieg zieht. Dem Major fällt auf dieses Argument natürlich nichts ein, außer dass er seinen Vormann unterstellt, er sei feige. Etwas Dümmeres hätte er nicht sagen können, aber dieses lächerliche Argument zieht wieder einmal vortrefflich. So läuft das zwischen Menschen. So kann man Zivilisten, Cowboys und Soldaten manipulieren und Kriege führen. Erleben wir das nicht jeden Tag? Werden nicht jeden Tag Kriege geführt, für einen angeblich guten Zweck, für den angeblich jedes Opfer gebracht werden muss? Alle behaupten, für das Gute zu kämpfen, und am Ende sind viele Leute tot. Was ist gewonnen?
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