Hier fügt sich Alexander Kronsteiner mit seinem Buch und seiner Philosophie nahtlos ein. Für ihn ist die Arbeit mit Pferden ein Luxus, den er sich wie viele von uns leisten kann. Der Weg ist das Ziel, der Einsatz das Leben: | Wir leben in einer historisch einmaligen Epoche, in der wir es uns leisten können Pferde zu halten, ohne von ihrer Arbeitsleistung abhängig zu sein. Noch nie zuvor in der Geschichte hatte eine so breite Bevölkerungsschicht ohne militärischen oder landwirtschaftlichen Leistungsdruck Zugang zum Pferd. Nutzen wir diese Chance ohne uns selbst künstlich unter Zeit- oder Erfolgszwang zu setzen. Wenn uns der Balanceakt gelingt, trotz Geduld die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, kann nicht nur das Ziel, sondern bereits der Weg mit unseren Pferden zum ungetrübten Erlebnis werden. a.a.O., Seite 13 Es sei noch einmal ganz besonders die Bedeutung unseres Einfühlungsvermögens hervorgehoben. Versuchen wir zu verstehen, mitzufühlen und auch zu akzeptieren. Was wir so nicht fassen können füllen wir ganz einfach mit Liebe. Zugegeben ist das eine sehr ideale Formel, aber wir haben ja ein Leben lang Zeit daran zu arbeiten. Es mangelt nicht an Gelegenheiten. a.a.O., Seite 71 | | | In diesem Sinne ist die Arbeit mit Pferden auch Arbeit an der eigenen Person und Persönlichkeit, ja möglicherweise ist dieser Aspekt sogar ausschlaggebend. Alexander Kronsteiner sieht durchaus die vielfältigen Auswirkungen der Arbeit mit Pferden auf die Persönlichkeitsentwicklung, beschränkt sich jedoch auf die Aspekte, die er glaubt methodisch beeinflussen zu können: | Mit einem Pferd zu arbeiten bedeutet mit einem Lebewesen kommunizieren und interagieren. Die Qualität dieser Kommunikation entscheidet über Erfolg oder Mißerfolg der Zusammenarbeit. Wir können entscheidenden Einfluß nehmen - positiven und negativen. Den Draht zu unseren Pferd - unser Horse Sense - spielt sich auf verschiedenen Ebenen ab. Auf emotionaler und spiritueller Ebene wird und soll das für jeden individuelle Ausprägungen haben. Auf geistiger und praktischer Ebene können wir konkrete Ansätze und Formulierungen finden, die uns bei der Kommunikation mit Pferden weiterhelfen. a.a.O., Seite 5 | | | Alexander Kronsteiner stellt mehrfach sehr deutlich heraus, daß Pferd nicht gleich Pferd ist, genausowenig wie ein Mensch sich dem anderen gleicht. Manchen mag das erstaunen - setzt doch eine Lehre gewöhnlich die Auswechselbarkeit des Subjekts voraus. Aber das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Natürlich sind alle Pferde verschieden, aber doch auch wieder gleich, je nachdem welchen Standpunkt man gerade einnimmt. Wenn man ein Pferd in seinem pferdeartigen Wesen begreift, wenn man die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichsten Pferde als Wesenseigenschaft erkannt hat, kann man die individuellen Unterschiede der einzelnen Pferde ganz deutlich erkennen. Wie man von einem Lehrer erwartet, daß er in der Lage ist, alle Schüler zu unterrichten, ungeachtet ihrer je eigenen Individualität, jedes jedoch in seinem Sosein individuell zu unterstützen, so geht es in diesem Buch eben auch um die Behandlung und das Verhältnis zu Pferden im allgemeinen, obwohl doch im konkreten Einzelfall immer ein besonderes Individuum im Mittelpunkt steht. Analog kann man natürlich argumentieren, daß alle Reitweisen und Unterrichtsmethoden Ähnlichkeiten aufweisen, obwohl sie sich im einzelnen vielleicht doch sehr unterscheiden können. Auf diese Problematik geht der Autor überhaupt nicht ein. Die unterschiedlichen Reitweisen geraten ihm gar nicht erst ins Blickfeld. Ihm geht es um die Grundlagen jeglicher Reitweise, wie den meisten Pferdeflüsterern, die für sich in Anspruch nehmen, allen Reitweisen gleichermaßen wertvolle Impulse geben zu können. Bei Alexander Kronsteiner fällt auf, daß er zunächst den Verstand bemüht und daraus sein Verhalten und seine Übungen ableitet. Es geht ihm nicht darum, abstrakte Prinzipien anzuwenden, sondern das Wesen Pferd und sein Verhältnis zum Menschen zu verstehen und das Zusammensein beider aus diesem Verständnis heraus zu verbessern. Sein Ziel ist offensichtlich die klassische Reiterei, auch wenn fast alle Übungen in seinem Buch als Bodenarbeit zu bezeichnen sind.
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