Damit steht die Frage glasklar im Raum: Was ist ein gutes Pferd? Kann man es erkennen, und wenn ja, wie kann man es erkennen, wer kann es erkennen, wie stellt er es fest? Fragen wir den Picasso-Experten, so können wir nicht erwarten, daß er uns in fünf Minuten erklären kann, wie er einen Picasso erkennt und dessen Wert bestimmt. Dabei steht außer Frage, daß der Picasso-Experte beides mit hoher Zuverlässigkeit kann.
Die Kunst und Picasso sind natürlich nur ein Beispiel - beliebig viele andere könnten hier herangezogen werden. Es geht, abstrakt gesprochen, um Qualität. Qualität zu definieren ist schwer bis unmöglich, wie » Robert M. Pirsig in seinem berühmten Bestseller "Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten" auf höchst amüsante Waise nachgewiesen hat. Dabei stellte sich heraus, daß Qualität im Grunde allem und jedem innewohnt und gewissermaßen das A & O darstellt.
Denn jeder von uns wird sich absolut zweifelsfrei in jeder Situation für das Bessere entscheiden. Man muß dazu nicht bei Aldi einkaufen, um das Prinzip zu verstehen. Es ist nämlich eine sprichwörtliche Binsenweisheit: "Das Bessere ist der Feind des Guten." Mit anderen Worten: Qualität ist ein grundlegender Begriff, und die Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen Qualitätsstufen unterscheiden zu können, ist absolut wesentlich und bildet sich gewissermaßen automatisch durch die Beschäftigung mit dem Gegenstand heraus. Es ist also nur eine Frage der Zeit, der Intensität der Beschäftigung und dem zur Verfügung stehenden Material.
Wer nicht differenzieren kann, ist demjenigen, die er es kann, hoffnungslos unterlegen. Wer ein gutes Pferd erkennt, kann es dem ahnungslosen Besitzer für wenig Geld abschwatzen. Umgekehrt kann der gewiefte Fachmann einem ahnungslosen Pferdenarr minderwertige Qualität unterjubeln und dabei möglicherweise sogar noch überhöhte Preise kassieren.
Sie glauben, daß das nicht vorkommt? Aber ja! Immerzu! Wer glaubt, daß es wirkliche Schnäppchen gibt, hat es mit Leuten zu tun, die eben keinen Begriff von Qualität haben. Ein Spitzenpferd für einen Spottpreis ist in der Regel einfach nicht zu finden, es sei denn, der Besitzer sei ein Dummkopf. Wer lediglich einen Spottpreis bezahlt, wird in aller Regel auch nur den entsprechenden Gegenwert erhalten. Oder glauben Sie, daß ein Geschäftsmann wie Schockemöhle aus Lust und Laune überhöhte Preise bezahlt und ebensogut mit billigeren Pferden bedient wäre? Eben! Der kennt sich mit Sicherheit aus!
Dabei ist die Preisgestaltung natürlich von unglaublich vielen Faktoren abhängig, zum Beispiel von der Mode. Kennen Sie einen » Spitz? Ich meine die Hunderasse. Sie war einmal sehr beliebt, aber inzwischen steht sie auf der roten Liste. Spitze sind aus der Mode gekommen. » Labradore oder » Jack Russells sind hingegen sehr in Mode, was sich natürlich auch im Preisniveau niederschlägt.
Die Tinker, so hatten wir erfahren, sind als Handelsobjekt eigentlich erst ganz allmählich nach dem Zweiten Weltkrieg interessant geworden, unter anderem weil sie in Mode gekommen sind. Das wiederum hat natürlich auch mit ihren unbestreitbaren Qualitäten zu tun, die sie von anderen Pferderassen unterscheiden. Trotzdem stellt sich die Frage: Wie führt man eine Rasse in der Markt ein? Bei meinen Untersuchungen sind mir zwei nordamerikanische Züchter und Händler aufgefallen, an deren Internet-Seiten man den Aufbau und die Gestaltung eines Marktes sehr gut studieren kann.
Ein gewisser Dennis Thompson aus Florida behauptet ganz frech, der Erfinder der Rasse zu sein. Genauer gesagt, der Schöpfer des Markenbegriffs, oder eigentlich der Marke überhaupt. Denn er stellt ganz richtig fest, wie wir selbst in der letzten Woche schon bemerkt haben, daß ein Produkt einen guten Namen haben muß, wenn es erfolgreich sein will. Und genau daran krankt diese Rasse ganz besonders.
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