Bei meinen Recherchen bin ich auf Forumsbeiträge im amerikanischen Internet gestoßen, die genauso wütend und unqualifiziert sind wie vermutlich hierzulande. Ein Eisenmann hat eine Wette vorgeschlagen, die durchaus den Charakter eines wissenschaftlichen Experiments trägt. Es geht hier gar nicht um Straßer, sondern ganz allgemein um das Barfußlaufen. Er wollte beweisen, daß ein Polizist in der Großstadt ein beschlagenes Pferd braucht.
Ein solches Experiment wird mit Sicherheit nicht durchgeführt werden - wer sollte daran Interesse haben? Es würde sich über mehrere Jahre hinziehen und das Ergebnis wäre vermutlich zweifelhaft. Warum auch? Es gibt doch Beweise genug. Einen möchte ich Ihnen hier ans Herz legen.
Insofern muß ich hinsichtlich meiner Forumsschelte Abbitte leisten - wenn ich nicht diesen Forumsbeitrag gelesen hätte, wäre ich nicht auf diese Quelle gestoßen (» The Farrier & Hoofcare Resource Center Forums - Barefoot for the 1st time.). Ich war nämlich eigentlich auf der Suche nach einer Erklärung für die rätselhaften Abkürzungen in Heymerings Titel, und diese wurden in dem Faden gefunden. Der erwähnte Wetter trägt nämlich dieselben Titel, was mir natürlich bei der Aufklärung nicht half.
Dieser Zufall aber verhalf mir zu dem wertvollen Hinweis. Der Link, der den Faden abschließt, ist zur vollständigen Konfusion auch noch fehlerhaft. Es gelang mir aber mit Hilfe von Google und ein bißchen Kombinatorik, den richtigen Link zu finden: » The Long Riders' Guild - Horse Shoes and Hoof care 2.
Da bin ich nun wieder auf völlig andere Leute gestoßen, eine ganz feine Gesellschaft, in die man nur eingeladen werden kann, eine Gesellschaft der Wanderreiter, die mindestens 1000-Meilen-Ritte erfolgreich absolviert haben. Davon gibt es vermutlich nicht sehr viele, heutzutage nicht und früher vermutlich ebenso wenig.
Die betreffende Seite beginnt mit dem Bericht eines solchen Extremreiters, der 4500 Meilen durch Amerika geritten ist und Ratschläge für den Beschlag erteilt. Auch die anderen Beiträge auf den anderen Seiten sind voll von Problemen und Tips zu Hufeisen und Hufschuhen. Das liest sich nicht besonders angenehm. Durch den häufigen Beschlagwechsel, so schreibt dieser Reiter zum Beispiel, sehen die Hufe bald aus wie Schweizer Käse. Man mag gar nicht weiterlesen. Aber selbstverständlich ist er der Meinung, daß es gar nicht anders geht, und daß seine Ratschläge für andere Wanderreiter extrem wertvoll sind.
Dazu bemerkt eine Leserin kurz und knapp, daß mongolische Pferde nicht beschlagen sind. In der Tat ist das ein schlagendes Argument. Bekanntlich haben die östlichen Reitervölker Langstreckenritte mit zigtausenden von Kriegern zurückgelegt (» Der Hunnensturm, 374- 454 / Koenig Attila, 441 - 454., » Attila der Hunne). Die Tagesleistung der Hunnen soll 80 Kilometer betragen haben, mehr als doppelt soviel wie die der Römer. Und alles ohne Eisen!
Eine weitere Extremreiterin berichtet von Problemen in Südamerika, wo die Eisenqualität so schlecht ist, daß aus diesem Grunde die Pferde ständig umgenagelt werden mußten und am Ende ihres Rittes einfach nicht mehr laufen konnten, weil die Hufe voller Löcher waren. Die armen Pferde! Man stelle sich vor, die Hunnen hätten auf diese Weise Krieg führen wollen. Lächerlich! Aber die Langstreckenreiter stellen den Beschlag nicht in Frage. Auch für diese gilt: Ohne Eisen kein brauchbares Pferd.
Und dann berichtet Gordon Naysmith unter der Überschrift "Eine wichtige alternative Sichtweise!" von einem Ritt, den er 1970 unternommen hat, und der ihn von Lesotho in Südafrika in zwei Jahren nach Österreich geführt hat. Bis Kenia würde er keinerlei Hufeisen bekommen können (etwa 3300 Kilometer Luftlinie). Er hätte also Vorräte mit sich führen müssen. Das hielt er angesichts der Gewichtsprobleme für unmöglich. Nach vielen Diskussionen setzte er sich durch und entschied, daß er ohne Eisen reiten würde.
Die meisten Pferde in Lesotho waren sowieso unbeschlagen, es war also kein Problem für ihn, unbeschlagene Pferde zu finden. Er steigerte langsam die Tagesleistung, um den Hufen Zeit für die Anpassung zu geben. Am Ende eines jeden Tages markierte er die Distanz von einem Zoll vom Hufrand mit Hilfe einer Raspel. Zu Anfang bewegte sich diese Marke täglich nach oben; der Abrieb war also stärker als die Neuproduktion von Horn. Nach zwei Monaten waren die Hufe stark genug, um täglich acht Stunden im Sattel verbringen zu können. An einem einzigen Tag in Nordrhodesien (heute Zimbabwe) benutzten sie Hufschuhe zur Überquerung von scharfkantigen vulkanischen Geländeformationen.
Nach dem Abschluß der Reise wurden die Pferde in einem deutschen Stall untergebracht. Der neue Besitzer bestand darauf, daß die Pferde beschlagen würden, und holte den Schmied. Der Schmied konnte mit seiner Raspel keinerlei Spuren am Huf hinterlassen, so hart war das Horn. Daher sind die Pferde für mehr als ein Jahr nicht beschlagen worden, bis das Horn wieder weich genug geworden war. Es war aber immer noch so hart, daß der Hufschmied weiter eine Schleifmaschine benutzen mußte. Der Besitzer konnte sie nicht genug bewegen, damit ausreichend Abrieb auf natürliche Weise produziert wurde - wer kann schon täglich acht Stunden Sattel sitzen?
Und nun fragen uns erneut, wie die Hunnen ihre Kriege geführt haben. Die sollen angeblich gar nicht aus dem Sattel herausgekommen sein. Man sagte ihnen nach, daß sie gar nicht richtig laufen könnten. Wie wohl die Hufe ihrer Pferde ausgesehen haben?
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