Frage: Könnten Sie einige der bisher wichtigsten sportlichen Erfolge nennen? Mehrere Male haben Sie schon isländische und Weltmeistertitel in verschiedenen Disziplinen gewonnen.
Antwort: Natürlich ist es sehr angenehm, ganz vorne mitzuspielen. Es bestätigt, daß man das richtige Pferd ausgewählt hat und daß das Training korrekt war, es deutet darauf hin, daß man gute Arbeit geleistet. Aber nicht immer geben die größten Siege die meiste Befriedigung. Vielleicht hat man ein sehr respektables Ergebnis im Rennen mit einem sehr jungen Pferd erreicht, das seine Zukunft noch vor sich hat. Das ist viel mehr wert, als den ersten Platz mit einem perfekt trainierten Pferd einzunehmen.
Bei mir zu Hause mußte ich ein eigenes Gebäude für all die Medaillen, Pokale und anderen Anerkennungen errichten. Ich glaube, ich habe mehr als 3000 Ausstellungsstücke. Ich halte 11 Weltmeistertitel und 90 isländische Meistertitel. Außer mir ist kein anderer Reiter jemals in Folge als "Reiter des Jahres" nominiert worden.
Wie auch immer, den wertvollsten Titel "Sportler des Jahres" habe ich 1993 verliehen bekommen, und das war auch mein erfolgreichstes Jahr überhaupt (allein in diesem Jahr habe ich 76 Goldmedaillen gewonnen). So etwas ist für Reitsportler sehr selten - es kommt sehr, sehr selten vor, daß die Leute für den "Sportler des Jahres" einen Reitsportler nominieren. Das war ein Sieg für die isländischen Pferde und für den Reitsport im allgemeinen, nicht ein persönlicher Sieg für mich.
Aber obwohl ich als Antwort auf Ihre Frage meine Erfolge Revue passieren lasse, bin ich eigentlich eine sehr bescheidene Person und erfreue mich nicht besonders an der Pracht der Trophäen. Was mich wirklich in meiner Arbeit anzieht sind neue, vielversprechende Pferde. Es ist die Gelegenheit, ein außergewöhnliches, fast ein Traumpferd aus ihnen zu machen. Das beschreibt meine wirkliche Leidenschaft - ständig neue Herausforderungen. Ich freue mich auf jeden einzelnen Tag, weil der Reitsport mit Sicherheit ein Sport ist, der keine Grenzen kennt.
Frage: Sie sind ein Trainer, der alle verfügbaren Lizenzen besitzt. Sie haben auch ein Video mit dem Titel "Tölt mit Diddi" herausgebracht. Haben Sie auch ein Buch über Islandpferde und Reiten geschrieben oder andere Videos produziert? Gibt es irgend etwas in Englisch? Sie unterrichten auf Ihrem Hof Oddhol. Bereisen Sie auch die Welt, um Seminare abzuhalten und Unterricht zu geben? Sie trainieren sehr erfahrene Reiter, Spitzensportler, arbeiten Sie auch mit absoluten Anfängern?
Antwort: Abgesehen vom Video, das Sie erwähnt haben, habe ich auch das Buch "A faksspori" ("Hufspuren folgen") herausgebracht. In diesem Buch äußere ich mich grundsätzlich über die Haltung und das Training von Pferden, kurz: alles über Pferde. Leider ist dieses Buch nur auf Isländisch erschienen. Sonst habe ich nichts geschrieben, weil ich lieber praktisch unterrichte.
Meistens arbeite ich zu Hause in Island, ich verreise selten. Und wenn ich das tue, dann meistens in die Vereinigten Staaten (mein Sohn hat dort einen Betrieb mit isländischen Pferden und eine Schule), aber manchmal reise ich auch nach Deutschland.
Ich habe gern alle möglichen Reiter in meinen Kursen - kleine Kinder, Freizeitreiter und Profis. Ich liebe es, Kinder zu unterrichten - das ist eine besondere Freude. Kinder sind einzigartig und neugierig, gleichzeitig aber auch sehr flexibel und geschmeidig. Sie entwickeln sich sehr schnell, weil sie keine Komplexe haben und keine Angst kennen. Sie sind entspannt, also sind auch die Pferde entspannt, und das macht alles sehr spaßig und erfreulich.
Wir können daraus eine Menge lernen. Kinder wollen das Reiten nur spielerisch lernen. Meine Arbeit gründet sich auf die Tatsache, daß das Reiten eines Isländers die reine Freude ist, nicht nur für das Pferd, sondern auch für den Reiter. Glücklicherweise gibt es viele Seiten eines isländischen Pferdes, die ungebändigt sind. Und so möge es auch bleiben.
Ich möchte erreichen, daß der Reiter im Sattel absolut entspannt ist, wodurch das Pferd gehorsamer oder bereiter zur Mitarbeit wird. Nichts verhärtet und hemmt ein Pferd mehr als ein nicht entspannter Reiter. Ein steifer Reiter beschränkt die Freiheit des Pferdes. Und für ein isländisches Pferd hat das eine bedeutende Konsequenz - es widersetzt sich dem Reiter und sucht nach einem Ausweg. Und daher geht alles schief.
Bei Isländern muß man immer deren wilde Eigenart berücksichtigen. Sie brauchen lebhafte Bewegung, Tätigkeit, Energie, Freiheit. Wenn das Pferd entspannt ist und zufrieden mit sich selbst und einen Reiter trägt, der genauso entspannt und zufrieden ist, wird es weich gehen, ruhig und geschmeidig. Es wird auch anhalten, wenn es darum gebeten wird.
Ich bemühe mich immer, den Reitern so früh wie möglich die Fähigkeit beizubringen, dem Pferd die Freiheit der Bewegung zu lassen und sich nicht davor zu fürchten, dem Pferd zu vertrauen und sich den Bewegungen des Pferdekörpers zu überlassen.
Beim professionellen Training sind die Dinge nicht viel anders - der einzige Unterschied ist, daß die Energie des Pferdes organisiert ist und sehr stark auf ein sehr präzises Ziel hin konzentriert: deutlichere Bewegungen der Beine, stärkerer Vorschub und höhere Geschwindigkeit. Da jedes Pferd seine eigene Persönlichkeit hat, kann der Trainingsansatz sehr verschieden sein. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Es gibt zwei Regeln, die man bei jeglichem Training mit Pferden beachten muß: keine Gewalt und endlose Geduld.
Das Wichtigste beim Unterricht von Kindern ist der entspannte Sitz und besonders die Vervollkommnung des Gleichgewichtssinns, damit sie das Gleichgewicht in jeder Situation ohne Hilfe der Arme und Beine halten können. Das ist das Beste, das sie für ihr gesamtes Reiterleben mitnehmen können.
Die Perfektionierung des Gleichgewichts und die Sammlung von Erfahrungen wird durch lebhaftes, spielerisches und häufiges Reiten gewonnen. Natürlich fallen sie auch mal vom Pferd, aber das ist ein Teil des Reitsports, und die, die sich dafür entschieden haben, rechnen damit.
Vielleicht ist es interessant, daß es den Menschen in Island ziemlich egal ist, wie sie auf dem Pferd aussehen (sind die Fersen unten und in einer Linie mit den Schultern und dem Becken usw.), denn für uns ist es wichtig, wie wir das Pferd erleben, wie wir uns dem Pferd anpassen, wie wir ein perfektes Gleichgewicht herstellen, wie wir mit dem Pferd kommunizieren und was bei dieser Kommunikation herauskommt.
Sie werden bemerkt haben, daß sogar in » Landsmót einige Reiter sehr interessant gewesen sind, selbst wenn sie den Eindruck einer vollständigen Disharmonie mit dem Pferd geboten haben, während sie in Wirklichkeit harmonisch vorankamen und am Ende vielleicht sogar gewonnen haben.
Isländische Pferde sind von Geburt an wild und müssen sich frei bewegen können - noch und nöcher. Darauf bauen isländische Spitzensportler und Freizeitreiter, wenn sie ihre Pferde trainieren und reiten. Ein isländisches Pferd wie andere Pferderassen zu behandeln, sie zu einem beispielhaften Dressurpferd zu verwandeln, ist kompletter Unsinn.
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