Leserbrief › 881 zu Ausgabe › 202 15.02.03
Hallo, Herr Stürenburg,
mit Interesse las ich Ihre Ausführungen zu den Brüdern Löwenherz. Ich kann Ihnen da nicht so zustimmen. Für mich hatte die Geschichte etwas Tröstliches. Aber das ist nicht von Belang.
Von Belang ist vielmehr die Meinung der Kinder, die das Buch begeistert aufnahmen. Im Buch "Zum Donnerdrummel", ein Werk-Porträt, steht ein Zitat eines Mädchens, das folgendermaßen lautete: "Alles ist so wunderbar, grausam und schön". Viele haben es nach eigenen Angaben in einem Zug gelesen (ich übrigens auch) und sahen nicht, daß die Geschichte den Selbstmord verherrlichen würde.
Kritiker sahen das natürlich anders, machten sich Sorgen, ob das Buch nicht gefährlich für Kinder wäre. Den gleichen, mit Verlaub gesagt, bescheuerten Vergleich mußte vor nicht so langer Zeit auch Harry Potter über sich ergehen lassen. Da war es der Vorwurf des Okkultismus.
Und vor Pippi Langstrumpf wollte man die Kinder auch schon schützen. Da wäre uns was entgangen!
Die selben Kinder, die da so vehement beschützt werden sollen, haben aber keinerlei Schutz von Tätern, die sich nahezu ungestraft an Ihnen vergehen können. Keinen Schutz vor Armut, Perspektivlosigkeit und Einsamkeit. Da frage ich doch: was ist schlimmer?
(Zum Donnerdrummel - eine Werksausgabe, Herausgeber Astrid Surmatz und Paul Berf, Verlag Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, dicker Wälzer, 908 Seiten)
Liebe Grüße
Licorno
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