Bald darauf wurde er fündig. Ganz in der Nähe stand ein wunderschöner, aber total ungebärdiger Fuchs, noch einer, diesmal mit breiter Blesse. Pit hieß unser Neuzugang. Er kam von einem Hobbyzüchter. Dieser war schon sehr lange im Rentenalter und besaß nur eine einzige Stute.
Angelina war Tochter des berühmten Angelo xx, gezogen vom berühmten Züchter de Baeys aus Lemgo, und hatte ihm in zehn Jahren elf Fohlen gebracht, allesamt Hengste, das erste Mal sogar Zwillinge, die er beide durchbringen konnte.
Wilhelm Isemann hatte erst nach seiner Pensionierung mit der Zucht begonnen und paarte Angelina Jahr für Jahr mit Piquet, einem Sohn des berühmten westfälischen Spitzenvererbers Pilot, der in der Nähe auf Hengststation stand. Daher begannen die Namen seiner Fohlen immer mit einem P.
Im vorangegangenen Jahr hatte Angelina Pit geboren und war dieses Jahr schon wieder hochträchtig. Bevor das nächste Fohlen auf die Welt kam, mußte der einjährige Sprößling das Nest verlassen. Zudem konnte Isemann mit Pit nicht mehr umgehen. Er hatte große Mühe ihn zu führen und fürchtete sich vor ihm (siehe Hauptgeschichte aus Ausgabe 6 vom 27.03.1999: » Mit 89 dabei - Wilhelm Isemann und seine Zucht).
Mein Vater hatte von Zucht keine Ahnung und es machte ihm auch keinen Eindruck, daß er ein Spitzenprodukt westfälischer Pferdezucht erwerben sollte; es ging ihm lediglich um den Spielkameraden. Aber er hatte sich sofort in Pit verliebt.
Zwar wollte und konnte er nicht viel Geld ausgeben, aber die beiden kamen sich entgegen, der Züchter notgedrungen, und so wurde der Handel geschlossen. Da die Stute in Kürze ihr nächstes Fohlen erwartete, war er im Stall nun auch noch von seiner Mutter getrennt. Der Züchter war froh, ihn endlich abgeben zu können.
Pit hatte, da er außer seiner Mutter keine anderen Pferde kannte, kein gutes Sozialverhalten, gelinde gesagt. Er hatte nie gelernt, wie er sich anderen Pferden gegenüber verhalten mußte. So konnte er zum Beispiel nicht kauen, was Finn automatisch tat, wenn er fremden Pferden begegnete. Damit signalisiert das Fohlen: "Ich bin ganz klein, tu mir bitte nichts!". Diese Geste wirkt hundertprozentig und schützt das Fohlen, gibt ihm eine gewisse Narrenfreiheit.
Pit war im Gegenteil ganz Macho, selbstbewußt bis zum Platzen, und meinte, er sei der Allergrößte und müsse das nun auch der ganzen Welt gehörig kundtun. Kein Wunder, daß der alte Mann seine Mühe mit ihm hatte. Wir machten uns keine Gedanken darüber, was die anderen Pferde dazu sagen würden.
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