Arthur Edward Waite, Pamela Colman Smith, England Der Tod, Ausschnitt Karte 13 aus der Großen Arkana des Rider-Waite-Deck 70x120 mm
Vor zwei Wochen habe ich mich mit der Interpretation der Karte XIII der Großen Arkana des Tarot durch Niki de Saint Phalle beschäftigt (› Der Tod). Natürlich mußte ich in diesem Zusammenhang recherchieren, welche herkömmlichen Interpretationen dieser Karten es gibt. Eine Quelle im Internet bietet eine Übersicht über Hunderte verschiedener Entwürfe (» Aeclectic Tarot).
Selbstverständlich durfte in meinem Artikel eine Abbildung aus der berühmtesten Version nicht fehlen, dem Rider-Waite-Deck. Diese Karte soll heute im Mittelpunkt meiner Betrachtungen stehen.
In dieser Vergrößerung kann man viele Einzelheiten erkennen. So ist zum Beispiel der Kandarenzügel mit Totenköpfen und gekreuzten Knochen geschmückt. Das Pferd mit den roten Augen horcht aufmerksam auf seinen Herrn. Es trägt ein Vorderzeug und anscheinend auch ein Hinterzeug.
Ein hoher kirchlicher Würdenträger hat die Hände zum Gebet erhoben, im Hintergrund geht die Sonne zwischen zwei Türmen auf oder unter. Eine Fülle von Einzelheiten sind vermerkt; so zum Beispiel Stickereien auf der Robe des Kirchenfürsten oder das Kreuz auf seinen Handschuhen.
Arthur Edward Waite, 1857-1942 ist vor allem durch das nach ihm benannte Tarot-Deck bekannt (» Rider-Waite-Smith deck), das im Jahre 1909 auf seinen Auftrag hin von Pamela Colman Smith gestaltet worden ist (» Pamela Colman Smith). Es ist inzwischen das bei weitem bekannteste und verbreitetste Tarot-Deck, neben dem Crowley-Deck (» Amanda's Orakelkarten Shop - Tarotkarten klassisch).
Waite war mit Crowley Mitglied in einem Geheimbund und hatte dort Smith kennengelernt (» Hermetic Order of the Golden Dawn). Der Bund war in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts gegründet worden; Waite wurde 1891 Mitglied, 1902 Mitglied des Rosenkreuzerbundes, und 1903 Großmeister des Ordens. Er änderte den Namen in "Holy Order the Golden Dawn" legte den Nachdruck mehr auf Mystizismus als auf Magie. Daraufhin spaltete sich der Orden in mehrere neue Gruppierungen auf; 1914 verließ Waite selbst den Orden und gründete einen eigenen (» Fellowship of the Rosy Cross). Waite ist als Autor hervorgetreten; viele seiner Bücher werden heute noch aufgelegt, u. a. ein Buch zu seinem Tarot (» Autor "Waite, Arthur E.", » Arthur Edward Waite).
Pamela Colman Smith, 1878-1951 wurde in England als Kind amerikanischer Eltern geboren und wuchs in Jamaica auf. Sie schloß sich in den späten 90er Jahren einer Theatergruppe an und trat in den Orden ein. Berühmt wurde sie als Schöpferin des Tarot-Decks, das unter den Namen Rider-Waite, Rider-Waite-Smith, Waite-Smith oder Rider bekannt ist. Rider ist der Name des Verlegers, der die Karten 1910 herausbrachte. Sie hat auch Bücher über Jamaica geschrieben und illustriert. Ihre Seite in der Wikipedia ist mit der Karte illustriert, die ich für diese Woche herausgesucht habe (» Pamela Colman Smith).
Kommentar · 25.07.2004 Von › Werner Popken
Es gibt heutzutage Hunderte von Decks mit höchst unterschiedlichen Interpretationen (» Geschichte des Tarot, » Geschichte des Tarot Teil 2, » Verschiedene Tarotdecks - Übersicht). Eine weitere Interpretation der Karte XIII hatten wir im erwähnten Beitrag gesehen (› Esoterik). Sehr oft kommt überhaupt kein Pferd vor. Das Pferd ist, so kann man daraus schließen, für die Aussage der Karte ohne Belang.
Die Schöpfung von Pamela Smith soll angeblich zuweilen theatralische Aspekte zeigen, die möglicherweise auf ihre Erfahrung mit der Theatergruppe rund um die berühmte Schauspielerin Ellen Terry zurückgehen (» Pamela Colman Smith). Die außerordentliche Berühmtheit wird u. a. damit begründet, daß diese Interpretation die erste war, die sämtliche 78 Karten bildlich ausgestaltete.
Zu einem vollständigen Satz gehören nämlich zunächst einmal die 22 Karten der sogenannten Großen Arkana. Dieser Ausdruck wurde erst von Paul Christian (1811 - 1877) eingeführt (» Geschichte des Tarot). Bis dahin hießen diese Karten "Trümpfe", italienisch "Trionfi". Man nimmt nämlich an, daß diese Karten mit den Triumphwagen korrespondierten, die im italienischen Mittelalter zu festgelegten Themen ausgestaltet wurden. Es sollen bis zu 200 Wagen in einem Zug mitgefahren sein. Reste dieser Tradition finden wir in den Karnevalsumzügen, wie sie auch in Deutschland noch Brauch sind.
Es sind auch Sätze mit 40 Karten überliefert, aber im großen und ganzen ist die Tradition recht stabil. Die Bilder auf den Karten sollen sich auf antike Mythen beziehen; die Anfänge verlieren sich im Dunkeln. Ob die Karten den Wagen folgten oder die Wagen die Karten illustrierten, kann nicht mehr geklärt werden. Spätestens um 1500 wurden die Karten zum Glücksspiel benutzt; man weiß das aus der Hetzrede eines Franziskanermönches, der die Namen sämtlicher 22 Trümpfe aufgezählt hat.
Im 19. Jahrhundert stieg das Interesse am Tarot, deutsch: Tarock, stark an. Paul Christian (1811-1877, eigentlich Jean-Baptiste Pitois) beschäftigte sich mit Astrologie, Magie und Tarot. Als Archivar der französischen Regierung hatte er Zugang zu Klosterbibliotheken, die bei der französischen Revolution beschlagnahmt worden waren. Man hat vermutet, daß er dabei auf okkulte Schriften zum Tarot gestoßen ist, kann das aber bis heute nicht beweisen. Jedenfalls beschreibt er in seinem Buch "Histoire de la Magie" eine Zeremonie in 78 Stufen aus dem Alten Ägypten, deren letzte Szene in einer Halle stattfand, in der die 22 Trümpfe bildlich dargestellt gewesen sein sollen. Der von ihm eingeführte Begriff Arkana bedeutet "Geheimnis".
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