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Editorial zu Ausgabe 477 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Würde der Kreatur Die Schweiz ist Vorreiter in Sachen Tierschutz. Vor drei Jahren wurde ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet, das jetzt mehr und mehr ausgestaltet wird. Eine Nachricht war es wert, den Sprung in die Nachrichten der Medien zu schaffen: » Haustierhaltung nur noch im Doppelpack. Gemeint ist damit, daß soziale Tiere (wozu bekanntlich auch die Pferde gehören) nicht mehr einzeln gehalten werden dürfen. Es reicht also nicht mehr, eine Ziege als "Beistellpferd" anzuschaffen (es soll sogar Leute geben, die selbst diese Ausgabe scheuen). Dabei haben die Schweizer in Einzelfällen sämtliche Konsequenzen bedacht. Was ein Pferdehalter tun soll, der sich zwei Pferde nicht leisten kann, liegt auf der Hand: er muß sein Pferd in eine Pension geben. Wer ein Meerschweinchen hält und sich kein zweites leisten kann, soll ein solches kostenlos vom Züchter gestellt bekommen, an den das Zweittier zurückgeht, wenn das erste stirbt und der Besitzer die Haltung aufgeben will. Übergangsfristen Natürlich wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. So hielt sich der Protest auch in Grenzen, die neuen Vorschriften stoßen überwiegend auf Zustimmung. Die Anbindehaltung für Pferde etwa wird erst in fünf Jahren verboten sein, obwohl schätzungsweise höchstens fünf Prozent der Pferde betroffen sind. Auch die Doppelpack-Regelung tritt erst im Jahr 2013 in Kraft (» Pferde: Was sich mit der neuen Tierschutzgesetzgebung ändert!. Pferde brauchen Bewegung, viel Bewegung, stellen die Behörden fest und verlangen deshalb einen täglichen Auslauf oder Ausritt. Pferde, die nicht genutzt werden - darunter fallen auch Zuchtstuten, Fohlen und Jungpferde - müssen täglich mindestens zwei Stunden lang freien Auslauf haben, wobei die Fläche mindestens 150 Quadratmeter betragen muß. Wer diese und alle anderen Vorschriften kontrolliert, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Wie es aussieht, bleibt es den Tierhaltern überlassen, die Normvorstellungen umzusetzen. Solange sich niemand beschwert, wird sich also nichts ändern. Rechtsmittel Mit diesen Regelungen ist allerdings ein Rahmen geschaffen worden, innerhalb dessen die Behörden und der Staat agieren können. Es geht ja nicht nur um die Privatleute, sondern auch um die professionellen Tierhalter.
Zwar stammt diese Information vom 14. Mai und ist also gerade vier Tage alt, trotzdem läßt sich die Behauptung nicht verifizieren. Möglicherweise hat die Amtsperson, die sich auf diese Art und Weise öffentlich geäußert hat, kalte Füße bekommen und die Streichung der betreffenden Äußerung bewirkt. Was hindert uns daran, uns in dieser Angelegenheit ein Vorbild an der Schweiz zu nehmen und unser Tierschutzgesetz entsprechend weiterzuentwickeln? Zwar befürchten manche Tierhalter wirtschaftliche Nachteile, die Schweizer Behörden sehen das aber gerade anders:
Zwangsausbildung Auch hierzulande gibt es schon einen » Hundeführerschein, aber in der Schweiz ist er ab sofort Vorschrift, wenn man sich einen neuen Hund zulegt. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel Erfahrung mit Hunden man schon hat. Auch für alle anderen Tierarten sollen sachgerechte Informationen systematisch vermittelt werden. Bei Pferden wird ab fünf Tieren ein Sachkundeausweis verlangt, und wenn man gewerbsmäßig mehr als elf Pferde hält, muß man eine Ausbildung mit einem theoretischen und praktischen Teil absolvieren. Diese Forderungen sind bestimmt nicht unbillig und auch für die Tierhalter segensreich - viele unschöne Situationen und Begebenheiten entstehen sicher nur aus Unkenntnis und nicht etwa aus bösem Willen. Wenn nun solche Informationen erworben werden müssen, muß ein entsprechendes Angebot geschaffen werden. Das schafft sogar Arbeitsplätze. Die Inhalte und Ziele der entsprechenden Ausbildungen sind allerdings noch nicht ausformuliert. Bis zum 11. Juni gibt es noch Anhörungen, danach informiert die Behörde über ihre Internetpräsenz. Konsequenzen Wenn man sich einmal in diese Richtung bewegt, wird eine Dynamik entfesselt, der man sich nicht entziehen kann. Sobald man anerkennt, daß Pferde soziale Wesen sind, die aus der kargen Steppe kommen und ein starkes Bewegungsbedürfnis haben, kann man die entsprechenden Schlüsse schlecht abwehren. Wir haben oben schon erwähnt, daß Pferde täglich Bewegung haben müssen, wobei es so schien, als könne man alternativ zwischen freiem Auslauf und Bewegung durch Nutzung wählen. Die Einzelboxhaltung unserer extrem teuren Sportpferde würde bei dieser Lesart also durchaus beibehalten werden können. Nichts müßte sich ändern, denn diese Pferde werden ja täglich "gearbeitet" und "bewegt", wenn schon nicht durch Menschenhand, so doch durch Maschinen. Die Schweizer erkennen aber das Dilemma:
So genau wird hier gerechnet: 13 Tage im Monat, nicht mehr und nicht weniger! Damit können sich die Besitzer nicht mehr herausreden: Der goldene Käfig ist passé. Berichtspflicht Allerdings muß man wegen der endgültigen Formulierung noch ein bißchen Geduld haben; an anderer Stelle schreibt das Bundesamt für Veterinärwesen:
Ungeachtet der Übergangsfristen finde ich interessant, daß der Auslauf der Pferde schriftlich dokumentiert werden muß. Nun ist Papier geduldig, entsprechende Aufzeichnungen können beliebig gefälscht werden. Das wissen die Schweizer sicher auch. Es ist vermutlich wie mit den Verkehrsregeln: Man muß sie kennen, man soll sie einhalten, nicht jeder Verstoß kann geahndet werden, aber im großen und ganzen funktioniert das System. Eingriffe und Verbote
Es bleiben immer noch genügend Fragen im einzelnen (Was darf als "schädlicher Hufbeschlag" gelten?), aber einige Vorschriften können schon als echter Fortschritt gewertet werden, etwa die Feststellung, daß Schmerzausschaltung bei Lahmheiten den sportliche Einsatz ausschließen. Es ist ein Anfang und ein ermutigendes Zeichen. Ich bin mir sicher, daß die EU sich nun nicht lumpen lassen kann und nachziehen muß, was dann bekanntlich in sämtlichen Mitgliedsländern umgesetzt werden wird. Es ist alles nur eine Frage der Zeit. Würde der Kreatur Der Generaltitel dieses Editorials muß noch erläutert werden: Die Schweizer bleiben nämlich nicht bei den Tieren stehen, sondern haben sich auch Gedanken bezüglich der Pflanzen gemacht: Bravo! Auch Pflanzen sind Lebewesen
An dieser verfassungsrechtlichen Revolution kann man die Dynamik des Faktischen gut studieren:
Das sind Feinheiten und Konsequenzen, die sich aus der Schlagzeile nicht unbedingt erschließen. Zum Schluß: Die Schweizer Tierfreunde haben auch Humor: » Tierwitze |
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