| | Ausspannen und erholen: Zurück in Europa | | | |
Hinweis der Redaktion: Dies ist ein weiterer Teil der Auszüge aus dem zweiten Band über das Pferd Zivilist. Beide Bände liegen zwar in mehreren Sprachen vor, sind aber sämtlich vergriffen. Eine Neuauflage wird derzeit vorbereitet. Links zur Suche in antiquarischen Datenbanken finden Sie unter Quellen am Ende des Artikels. | Wieder im Süden Monte holte uns mit Zivilists Hänger ab. Schon beim Entgegenkommen schimpfte er vor sich hin: "Wie das aussieht, so ein alter Hänger. Ein solch wunderbares Pferd muss in so einem Gerät fahren..." Selbst beim Einladen von Zivilist ging das so weiter. "Schnell, lass uns fahren, sie schauen schon alle!" Ich kam überhaupt nicht zu Wort. Beim Verschließen der Laderampe wurde ich schon fast ins Auto geschoben. Den ganzen Weg ging es so weiter: "Hält der Anhänger Zivilist auch aus?" Wenn was klapperte: "Hör mal, was war das, ist dein Pferd noch hinten drauf?" Wie ich später erfuhr, war es das erste Mal, dass er einen Pferdehänger zog. Bei unserer Ankunft vermisste ich Lancie, sie war nicht zur Begrüßung gekommen. "Lancie, Lancie, wo bist du?" rief ich immer wieder, bis sie kam, kurz mit dem Schwanz wedelte, um dann gleich wieder zu gehen. Es dauerte fast zwei Tage, bis wir wieder alte Freunde waren. Seit meiner Reise steigt sie sofort ins Auto ein, sobald ich auch nur eine Tür öffne, wenn sie merkt, dass ich länger wegfahren will oder der Hänger angehängt ist. Von nun ab war sie immer dabei, wenn ich mit Zivilist unterwegs war. Wusste ich, dass ich wenig Zeit für Lancie haben würde, fragte ich im Freundeskreis nach, wer Lust hätte als Hundesitter mitzureisen. Die Bewerbungen waren jedes Mal zahlreich, sogar für ihren Fressnapf wurden Trägerangebote abgegeben. Nach ihrer ersten Reise mit persönlichem Napfträger, erhielt sie den Titel "VID" (very important dog). Zivilist fühlte sich gleich wieder zu Hause. Er begrüßte Elise und Günther, trank erst mal ausgiebig, wälzte sich und ging mit den beiden grasen. Ich verabschiedete mich von Zivilist und sagte, dass ich später zur gewohnten Zeit wiederkäme. Ich ging zum Haus und rief Richard an, um ihm mitzuteilen, dass Zivilist den Flug gut überstanden hätte. "Steht der geplante Besuch noch wegen seiner Blutuntersuchung?" fragte ich. "Selbstverständlich", erwiderte Richard, "und ich werde noch einige mitbringen." "Was, Blutproben?" fragte ich ihn im Spaß. "Nein, aber lass dich überraschen." "Was gibt es sonst neues?" fragte ich weiter. Richard erzählte mir von Johns Nichte Adriana, die zusätzlich jetzt noch an einer Nierenerkrankung litt und momentan im Krankenhaus lag. Er hatte ihr versprochen, dass sie Zivilist besuchen kommen dürfte, sobald es ihr besser ginge. "Du bist doch einverstanden?" fragte Richard. "Ja, selbstverständlich, so fit ist er schon wieder." Nach meinem Telefonat machte ich mich frisch, ging wieder zu Zivilist, der noch graste, und legte mich faul auf die Koppel. Nach einer Weile legte er sich dazu; ich nutzte gleich die Gelegenheit, meinen Kopf aufzustützen. Meine Gedanken gingen zu Adriana: Was brauchte ein Mädchen, das blind wird, jetzt noch eine Nierenerkrankung dazu? War sie schon mit der Augenkrankheit so eingeschränkt und irgendwie ausgegrenzt, von den Dingen, die sie gerne tun wollte. Mit einer Nierenerkrankung würde das Ganze ja noch schlimmer für sie. Ich erinnerte mich an eine Szene im letzten Jahr, wo sie mich vor den Fernseher zog und mir eine Talkshow mit Andreas zeigte, und mir sagte: "Dem würde ich gerne schreiben, weil er nett und unverlogen ist." Ich forderte sie damals auf: "Schreib ihm halt!" "Nein, das kann ich doch nicht", erwiderte sie ganz schüchtern. "Wir könnten ihm gemeinsam etwas malen", schlug ich ihr vor. Von der Idee war sie begeistert.
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