| | Crizzie ruht neben Zivilist auf der Weide | | | |
Bei Edlmann Es war Anfang Juni, als wir Zivilist in sein neues Zuhause brachten. Ein Bekannter von Edlmanns Sohn half beim Umzug mit dem Hänger. Zuletzt wurde Langer gehässig, so erlaubte er uns nicht einmal, mit dem Hänger in den Hof zu fahren. Deshalb mußten wir Zivilist auf offener Straße in den Hänger führen, was mich wegen des Verkehrs nervös machte und sich offensichtlich auf Zivilist übertrug. Dazu kam, daß der Fahrer drängte. Durch die allgemeine Hektik wollte Zivilist plötzlich die Straße überqueren und in den Hof zurückkehren. Am liebsten hätte ich in diesem Moment die ganze Aktion für heute abgeblasen, aber das hätte bedeutet, daß Zivilist noch eine Nacht bei Langer hätte zubringen müssen. Ich zwang mich selbst zur Ruhe, erzählte Zivilist von seinem neuen Stall. Und schon wurde er ruhiger, was sich auch auf mich übertrug, und er ging ohne Widerstand in den Hänger. Der Fahrer hatte es eilig, die Klappe zu schließen, aber ich verdeutlichte ihm, daß er das mit mir nicht machen könnte, sondern daß ich mir die Zeit nähme, abzuwarten, bis Zivilist völlig entspannt sei. Der Fahrer schaute zwar irritiert, akzeptierte aber mein Verhalten. Endlich bei Edlmann angekommen, war ich gespannt auf Zivilists Reaktion. Auch fragte ich mich, wie er wohl der Stute Friesi begegnen würde: es gab das übliche Beriechen, ein wenig Schnauben und Quietschen der Stute, ein wenig Imponiergehabe bei Zivilist. Ich freute mich, daß Zivilist nun endlich mit einem anderen Pferd zusammenstand, ohne irgendwelche Gitterstäbe oder sonstige Barrieren. Das einzige, was mich bei Edlmanns störte, war die Tatsache, daß sie beide - Vater und Sohn - extrem starke Raucher waren und dabei den Rauch oft in die Gesichter der Pferde bliesen. Friesi schien sich daran gewöhnt zu haben, aber Zivilist mochte den Rauch überhaupt nicht. Ich müßte einmal in Ruhe mit ihnen darüber sprechen, nahm ich mir vor, aber nicht am ersten Tag. Edlmann junior, Gernot, erzählte mir seine Pläne mit Friesi. Sie sollte Fohlen bekommen, die er dann verkaufen wolle; etwa mit dreieinhalb Jahren sollte sie eingeritten werden, auch an Kutschenfahrten dachte er. Das erstaunte mich sehr, denn sein Vater hatte mir das Pferd eher als Hobby seines Sohnes und dessen Freundin Margot beschrieben; die Frage, was denn meine Pläne mit Zivilist wären, verwirrte mich etwas: "Ich habe überhaupt keine Pläne und Ziele, die ich verfolge." Völlig ungläubig starrte Gernot mich an, während ich weiter ausführte, daß ich Zivilist später vielleicht einmal reiten würde, aber genau wüßte ich das noch nicht. Sofort hakte er nach, ob ich das Pferd vielleicht professionell zureiten lassen wolle, dann könnte er mir einen Bekannten empfehlen, nämlich eben den, der Zivilist auch mit dem Hänger hergefahren hatte. Er besitze einen Reitstall, verfüge über viel Einfühlungsvermögen im Umgang mit Pferden, außerdem könne er natürlich auch mir das Reiten beibringen. Ich dachte derweil nur darüber nach, warum man sein Pferd eigentlich nicht selbst zureiten könne. In meiner naiven Art dachte ich laut. Gernot war erstaunt: Um ein Pferd zureiten zu können, benötige man mindestens eine zehnjährige Reiterfahrung. Irgendwie wollte mir das aber gar nicht einleuchten, deshalb erkundigte ich mich, wie denn genau das Zureiten vonstatten gehe. Ich erfuhr, daß die Pferde sich sträubten und bockten, daß sie bereit wären, alles zu versuchen, nur um den unliebsamen Reiter wieder loszuwerden. Das klang in meinen Ohren alles recht abenteuerlich. "Reitschule, was ist das eigentlich?" wollte ich von Gernot wissen. Er klärte mich darüber auf, daß eine Reitstunde fünfzehn Mark kostete und daß die Pferde in einer Halle entweder im Viereck oder im Kreis, bei Anfängern an einer Longe, liefen.
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