| | | Bückeburger Rekonstruktion | | | |
| | | Die Reitschürze: Gute Figur machen | | | |
| Das muss vielen Pferdefreunden heutzutage wie Öl runtergehen. Im Vergleich fällt mir nur noch der Russe › Alexander Nevzorov ein, der mit seiner › Haute Ecole ähnliche Ziele verfolgt und zunächst unter Pferdeenthusiasten Begeisterungsstürme hervorgerufen hat, dann aber doch in die Kritik geraten ist, weil er beispielsweise der Meinung war, man müsse die Pferde gehörig einsperren, damit sie dann entsprechend viel Feuer zeigen, wenn sie sich bewegen dürfen.
Solche Töne hat man aus Bückeburg noch nicht gehört. Überhaupt ist man dort nicht militant wie Nevzorov, der den modernen Reitsport ganz massiv angreift. Die Bückeburger beschränken sich darauf, es einfach anders zu machen und ein Beispiel zu geben und dadurch zu wirken.
Die barocke Reitkunst, so hat Christin Krischke gleichwohl nachdrücklich klargemacht, hat nichts mit sportlichem Wettkampf zu tun, mit gnadenlosen Richterurteilen, mit skrupellosem Verschleiß von Mensch und Pferd, ist also gar kein moderner Sport in diesem Sinne, wo es immer nur darum geht, besser zu sein als die anderen, schneller, weiter, höher, wo die Anforderungen ständig höhergeschraubt, ständig gesteigert werden müssen, weil die Trainingsmethoden und das „Material“ ständig verbessert werden und die ehemaligen Spitzenleistungen in kürzester Zeit von so vielen Sportlern erbracht werden, dass zur Bestimmung des „Besten“ die Anforderungen angepasst, also verschärft werden müssen.
Der Sport gleicht also unserem allgemeinen Lebensstil, der kaum anders als mörderisch bezeichnet werden kann und keine Rücksicht darauf nimmt, dass Menschen auch Pausen brauchen, dass sie sich wohlfühlen wollen, dass es im Leben vielleicht um etwas ganz anderes geht als um ständigen Wettbewerb, schon gar nicht um den Verschleiß und den Ruin von Mensch und Tier.
Im Wettbewerb, beruflich oder sportlich, zählt nur der Sieger. Alle anderen sind nicht der Rede wert. Auf die kann man verzichten. Und der Sieger ist nur für kurze Zeit der Star. Das Turnier von gestern interessiert heute niemanden mehr. Das Hamsterrad dreht sich weiter, es gibt keine Entspannung, der Sieger muss auch beim nächsten Turnier wieder siegen, und beim übernächsten usw.
Wer bei diesem System nicht mithalten kann, kommt unter die Räder. Und das sind naturgemäß fast alle, denn Sieger kann nur einer sein. Und da ein Sieger nur kurzzeitig Sieger ist, gehört auch er streng genommen zu den Verlierern. Was ist das für eine Gesellschaft, wo es nur Verlierer gibt? Wollen wir wirklich eine solche Gesellschaft haben? Die Pferdefreunde sind offenbar geteilter Meinung.
Viele reiten in den Vereinen und einige davon nehmen auch an Turnieren teil. Immerhin sind so viele am Turniersport interessiert, dass dieser immer größere Summen in die Waagschale werfen kann, wodurch der Stress für Mensch und Tier natürlich weiter erhöht wird. Andere wiederum haben der Reiterlichen Vereinigung schon lange den Rücken gekehrt und kümmern sich nicht um den Turniersport.
Dazu gehören die Barockreiter; als ich neulich davon las, dass auch Barockreiter Turniere abhalten wollen, runzelte ich die Stirn. Im Grunde hätte ich es mir denken können. Der Wettbewerb ist einer der größten Antriebsquellen menschlichen Ehrgeizes, und warum sollte er ausgerechnet bei der Barockreiterei nicht zum Zuge kommen? Ego, Ego, Ego! Ich bin der Größte! Ich, ich, ich!
Man darf zudem nicht verkennen, dass auch die Barockreiterei ihre Existenz genau dieser Selbstverliebtheit, diesem Bedürfnis, sich vor seinesgleichen herauszustreichen, verdankt. Der Film der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg macht gar keine Anstalten, dies zu verheimlichen, sondern spricht diese doch etwas anrüchige Wahrheit ganz offen aus:
| Generationen von Höflingen hat es Kopfzerbrechen bereitet, im Sattel eine gute Figur zu machen. Manuskript | | |
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