| Lieber Dr. Popken,
jetzt bin ich aber platt wegen Ihrer Frage zum Beschlag.
Ich möchte die aber mal ganz sachlich, eines Biologen würdig, beantworten.
Ich bin da nicht dogmatisch, wer ein Barhufpferd hat, sollte sich glücklich schätzen. Ein Beschlag ist teuer und kostet Kraft und Zeit und anfangs ist es manchmal auch gefährlich. Ich denke, es hätte in der Vorzeit wohl niemand beschlagen, wenn die Leute hätten darauf verzichten können, auch im Mittelalter hatten die Leute bestimmt etwas Besseres zu tun. Ein Pferd wird nicht mit Reiter geboren, fährt keine Kutsche und kennt keinen Asphalt in den Mengen. Es gibt in der Natur auch keine Lusitano-Islandmixe, keine hochgezüchteten Quarter, Cobs oder Vollblüter und es gab da auch noch die natürliche Selektion, wer nicht läuft, wird gefressen.
Ich bin jemand, der hinschaut und wenn ich ein Pferd psychisch und physisch fördern will, dann muss es laufen können und zwar schmerzfrei. Ich trage ja auch Schuhe und Kleidung, habe eine Heizung, ein Haus, ein Auto und eine Brille. Alles überflüssige Errungenschaften, wenn man es mal von der biologischen Seite nimmt. Ausserdem wäre ich in der Natur schon längst gefressen worden, wegen der Brille vor allem.
Wir haben bei unseren Böden, dass betrifft nicht unbedingt die Heide oder die Umgebung um Hamburg, wo es noch weiche Sandwege gibt, die Erfahrung gemacht, dass ein Beschlag oder Hufschutz unabdingbar ist, wenn man häufig reitet. Wenn ein Pferd fühlig geht, kommt der Rücken nicht hoch, weil es ständig angespannt geht. Wir reiten unsere Pferde auch nicht wie die Rentner, die dürfen schon richtig gehen, da ist der Abrieb ungleich grösser. Das Pferd meines Mannes hat beim Start auch schonmal die Eisen auf den Weg stehen lassen, so ein Schub kam von hinten. Das traut sich ja heutzutage kaum noch jemand, es sei denn, er reitet Military oder ähnliches. Wenn ich das Pferd schon domestiziere, dann muss ich ihm auch etwas dafür bieten und das tun wir.
Leider erstreckt sich das Nichthinschauen auf alle Bereiche. Meinungen werden oft nur noch vom Zeitgeist und den Medien bestimmt.
Wir reiten ja nicht umsonst meistens auf Pads, weil wir eben mit Sätteln schlechte Erfahrungen gemacht haben, was den Aufbau des Rückens betraf. Da diskutiere ich auch nicht. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Ich denke, ich bin da ein gute Schülerin meines Lehrers gewesen, der hat auch hingeschaut und seine Pferde sahen fantastisch aus. Das ist für mich der Massstab und nichts anderes. Als Ethologin habe ich natürlich auch gelernt, hinzuschauen, da reicht mir in der Pferdeszene so schnell keiner das Wasser, das sage ich mit Stolz aber ohne Arroganz. Das war nämlich ein harter Weg, das zu entwickeln. Und es hört auch nie auf.
Eine kleine, wahre Geschichte:
Als ich in Bayern 1994 die Ausbildung bei KFH anfing, gab es dort einen Offenstall auf dem Blaslhof. Ich war damals pferdeerfahrener Laie und kam mit einer gut aussehenden Jungstute (heute 18!) als Tammuzlehrerin. Die Pferde in dem Offenstall waren gestresst, sahen sehr schlecht aus und es war dort eine Unruhe, dass ich gesagt habe, dass ich da mein Pferd nicht hinstellen werde. KFH hat das sehr gut verstanden und alle Pferde seiner Leute, bis auf ein Jährlingsfohlen kamen alle in eine Box mit Auslauf.
Da kam eine bekannte Hufkoryphäe, den Namen will ich nicht nennen, und sagte zu dem Besitzer des Offenstalls. »Ja so ein schöner Stall, diese Pferde haben es aber gut.«
Sie sah nicht das schlechte Fell, den klammen Gang vieler, das alte Silo, die fehlenden Futtermöglichkeiten, die gestessten Pferde, die Unruhe, die fehlenden Liegeplätze, die unharmonsiche Zusammenstellung der Herde. Die Frau, ich kannte sie damals noch nicht, war bei mir unten durch als Autorität. Sie ist bis heute sehr bekannt und für Barhufe und natürliche Haltung.
PS.: Das Fohlen, das in diesen Stall kam, sah nach 2 Monaten grässlich aus und es kam als glänzendes, vitales Pferd.
Unsere Pferde sind unser Aushängeschilder!
Mit herzlichen Grüssen
Sabine Birmann | | |