Die meisten Mitbürger haben vermutlich recht wenig mit Gerichten zu tun, und wenn, dann vielleicht mit Amtsgerichten oder höchstens Landgerichten. Wer geht schon den Gang zum obersten Gericht, wer traut sich das zu, wer überschaut die Unwägbarkeiten, die mit einer solchen Vorgehensweise verbunden sind? Tatsächlich steht dieser Weg jedem Bürger offen, aber meistens wird dieser nur mit entsprechender Rückendeckung durch Gewerkschaften oder sonstigen Verbänden eingeschlagen.
Wie sich jetzt herausgestellt hat, war dieser Weg der einfachste und klarste und erfolgversprechendste. Es ist nicht nur ein Sieg für die klagenden Parteien, für die Hufpfleger und Huftechniker, sondern auch für die Pferdebesitzer, die Demokratie und nicht zuletzt für die Pferde. Insbesondere ist das Recht auf die freie Berufswahl gestärkt worden, und durch die Nichtigkeit einiger Passagen im Gesetz die Notwendigkeit entstanden, dieses nachzubessern.
Insgesamt handelt es sich also um eine schallende Ohrfeige für die gesetzgeberischen Organe, die sich sämtlichen Argumenten und Einwänden gegenüber taub gestellt hatten, so daß sie sogar zum Gespött der Medien wurden. Und auch eine Ohrfeige für die FN und deren Fachberater, die sich stets voll hinter den Gesetzentwurf gestellt und damit noch einmal unterstrichen hatten, daß sie sich für einen Großteil der Pferdefreunde und deren Interessen und Nöte nicht zuständig fühlen.
Schade nur, daß die zersplitterte Szene sich nicht einmal angesichts der existenzbedrohenden Situation zu einem gemeinsamen Handeln entschließen konnte, daß einige es vorgezogen haben, sich diesem Vorgehen nicht anzuschließen. Dabei ist die BESW selber ein gutes Beispiel für die Zersplitterung, denn sie wurde ursprünglich von drei Praktikern und einem Verwaltungsfachmann gegründet, deren Anfangsbuchstaben der Nachnamen den Namen der Firma ergaben. Mittlerweile sind alle drei Praktiker ausgeschieden und haben ihre eigenen Institutionen gegründet. Dr. Wurthmann mußte sich einen neuen Praktiker holen, um den Betrieb überhaupt aufrechterhalten zu können.
Was wäre geschehen, wenn dieser Mann nicht an seinem Platz gewesen wäre? Hätte irgend einer der Praktiker - und soweit ich das sehen kann, gibt es nur Praktiker in der Szene - diesen Kampf führen können? Vermutlich nicht. Es reicht eben nicht, etwas Gutes zu wollen und zu können, man muß es auch etablieren und durchsetzen. Dazu müssen Strukturen gegründet, Verfahrensweisen und Standards entwickelt, Kontakte geknüpft werden, die sehr häufig die Grundlage für die gesunde Entwicklung und dauerhafte Etablierung von Neuerungen sind.
Nehmen wir zum Beispiel die Impulse, die Klaus Ferdinand Hempfling gesetzt hat - was ist davon geblieben? Freilich hat sich die gesamte Szene verändert und sein Einfluß ist überall spürbar, aber er selbst und seine Organisation sind verschwunden. Nichts ist übriggeblieben. Es ist abzusehen, daß die vielen Könner unter den Leuten, die sich am Huf zu schaffen machen, ihre gute Arbeit leisten und auch durchaus Einfluß haben, daß aber damit in vielen Fällen eine Entwicklung begonnen wird, die in dem Moment endet, wo der Könner sein Handwerk und seine Kunst aufgibt.
Das wäre schade - und deshalb gründet man Organisationen. Eine Organisation kann die Einzelpersonen überleben. Sie wird zwar von den Personen, die in der und für die Organisation arbeiten, geprägt, aber wenn diese Personen aus irgendwelchen Gründen ausscheiden, muß das nicht die Organisation als ganze treffen. Diese Absicht scheint Dr. Wurthmann zu haben, denn die BESW ist nicht nur eine Schule, sondern sie hat auch einen Berufsverband gegründet, das » Deutsches Hufregister DHR. Und sie stellt jede Menge interessanter Informationen zur Verfügung, z. B. das » Lexikon der Huferkrankungen oder das » Lexikon Hufschutz.
Die BESW verleiht jedes Jahr auch zwei Auszeichnungen: » Hufschutz des Jahres und » Hufgeschwür des Jahres. Letzteres entspricht etwa der Mistgabel bei der Cavallo, während es sich bei ersterem um innovative Produkte handelt, die durch die Auszeichnung geehrt und popularisiert werden sollen. Allein diese beiden Einrichtungen beleuchten die grundsätzliche offene Haltung der BESW, die sich nicht nur als Interessenvertretung begreift, sondern ständig dazulernen will und davon ausgeht, daß auch andere Leute gute Ideen haben, die man sich zunutze machen kann.
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