| | | Stuten und Fohlen folgen Tatiana Peter | | | |
| Warum legen Tatiana Peter und ihre Kursleiterinnen so viel Wert auf Abschlüsse und Titel? "Damit die Teilnehmer sich orientieren können. Woran sollen die sich sonst halten?" Das leuchtet mir ein.
Wie man weiß, gibt es nicht nur das Gute, sondern auch das Böse in der Welt. Und dann das "gut Gemeinte". Davon gibt es vermutlich am meisten. Damit meine ich all diejenigen Phänomene, die eigentlich gut gemeint waren, aber eben nur das. Leider nicht wirklich gut, sondern eher schlecht, ohne daß man denjenigen, die dafür verantwortlich sind, böse sein könnte, denn es war ja "gut gemeint".
Der wirkliche Kenner erkennt natürlich sofort, wenn etwas nicht gut ist. Wie aber macht er sich demjenigen, der es gut meint, verständlich? Im schlimmsten Fall ist der nämlich gar nicht kritikfähig und so von sich eingenommen, daß er Zweifel an seiner Kompetenz als böswilligen Angriff empfindet.
Es liegt in der menschlichen Natur, daß diese Art der Selbstüberschätzung häufig vorkommt. Die Sprache kann als Kronzeuge für diese Tatsache herangezogen werden, weil sie eine ganze Reihe von Wörtern dafür geprägt hat: Quacksalber, Scharlatan, Möchtegern, Hochstapler, Bauernfänger, Besserwisser und was dergleichen Begriffe noch sind.
Eine weitere humoristische Umschreibung ist der bekannte Spruch: "Vor 14 Tage wußt ich noch nich, wie mann Inschinör schreib, un jezz binn ich selber einen!" Im Pferdebereich kennt man das auch. Jemand entdeckt die Pferde und glaubt nach kurzer Zeit, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und die Menschheit mit seinen Erkenntnissen beglücken zu müssen.
Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Gerade der frische Blick von außen kann Wahrheiten entdecken, die für den Insider nicht mehr wahrnehmbar sind. Deshalb die Einschränkung von Tatiana Peter in Bezug auf die begabten Leute, die einfach etwas können, ohne daß sie vorher eine formale Ausbildung durchlaufen hätten.
Mit Sicherheit haben diese Leute ebenfalls gelernt, aber eben nicht von einem Meister, sondern von der Natur selbst. Und daher haben sie es schwerer, die Welt davon zu überzeugen, daß sie etwas können, denn sie können sich nicht auf eine Schule berufen, die sozusagen für die Ergebnisse garantiert und Qualitätsmaßstäbe definiert, die sicherstellen sollen, daß die Leistungen der Schule verbreitet werden und der Ruf derselben gefestigt und nicht etwa beschädigt wird.
Man sieht, es gibt einen Zwang zur Formalisierung. Wer etwas zu sagen hat, muß dafür Sorge tragen, daß diese Erkenntnisse, Methoden und Fertigkeiten unverwässert und ungeschmälert verbreitet werden. Er muß eine Schule bilden, Regeln aufstellen, Diplome verleihen, die Aufsicht ausüben.
Wir wundern uns also nicht, daß allenthalben Organisationen entstehen und Titel verleihen. Natürlich kann man einen Absolventen nicht zwingen, diesen Titel zu verwenden, aber es liegt in seinem eigenen Interesse, dem der Organisation, seiner Kollegen und des Publikums, daß er sich auf die Organisation beruft. Je mehr Verbreitung ein System findet, desto höher der Segen für die Mitglieder und das Ansehen insgesamt.
Linda Tellington Jones hat ihr System TTeam seit Ende der siebziger Jahre entwickelt. Es ist aus der Ausbildung bei Moshé Feldenkrais entwickelt worden, der damals seine Lehre in den USA verbreiten wollte. Frau Jones ist in vierjähriger Arbeit zum Feldenkrais Practitioner ausgebildet worden, und noch viel länger hat es gedauert, bis sie ihr System zur vollen Blüte gebracht hatte.
Diese Entwicklung ist immer noch im vollen Gange, von einem Abschluß kann keine Rede sein. Nach der systematischen Erforschung der Möglichkeiten für Pferde widmet sich Frau Jones jetzt anderen Tieren. Die Methoden für Hunde sind bereits ebensogut ausgebildet wie die für Pferde, aber auch alle anderen Tieren kommen im Prinzip in Frage. Inzwischen gibt es auch spezielle TTeam-Methoden für die Menschen (TTouch for you, Kosmos).
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