| | Eine Frage des richtigen Augenblicks | | | |
| | | | Fotografieren müßte man können! | | | |
| Glauben Sie nur nicht, daß die professionellen Fotografen auf Tricks verzichten! Werner Sißmann wußte Bescheid. Die Sißmanns lassen sich auch teure Fotos von Profis machen. Selbstverständlich möchte der Kunde äußerst schicke Fotos von seinen Pferden haben, wenn diese schon viel Geld kosten, und sie müssen viel Geld kosten, weil der Fotograf leben muß und Aufwand treibt.
Also muß sich er überlegen, wie er mit vernünftigem Aufwand seine Kunden zufriedenstellen kann. Ich hatte den Zufall ausgenutzt, aber dazu muß man Glück haben. Das ist für einen Profi zu unsicher. Deshalb muß er die Aufmerksamkeit der Modelle mit anderen Mitteln sicherstellen. Er braucht eine Trickkiste und viel Erfahrung.
Hengste kann man relativ leicht zu ausdrucksvollen Haltungen bewegen. Man braucht lediglich eine Stute, mit der man ein wenig "herumwedelt". Entsprechende Lautäußerungen vom Tonband verfehlen ebenfalls nicht ihre Wirkung.
Werner Sißmann lieh sich die Jacke seiner Frau aus. Mit dieser spielte er ein wenig Torero, und schon ging der Hengst ab. Nun war ich am Zuge und mußte versuchen, die richtigen Schnappschüsse einzufangen.
Zwar bin ich von meiner Digitalkamera sehr angetan, aber einige Beschränkungen hat sie schon. Zum Beispiel ist alles automatisch, auch die Scharfeinstellung. Da nun so ein galoppierender Hengst sehr schnell näherkommt und sich wieder entfernt, hat die Kamera in dieser Hinsicht gewisse Probleme.
Natürlich habe ich die Serienschaltung genutzt; aber auch die ist nicht unproblematisch, denn nach einigen Schüssen bin ich außer Gefecht gesetzt, weil die Kamera die Daten erst einmal speichern muß - und das dauert. Inzwischen ist der Hengst schon ganz woanders. Ich hatte außerdem versäumt, das Kontrollbild auszuschalten; infolgedessen war ich für die Dauer von einer Sekunde "blind". Ach ja, ich muß noch viel lernen.
Zufällig habe ich vor einigen Wochen in einer Fachzeitschrift gelesen, daß es eine Kamera auf dem Markt gibt, die Serienbilder in Echtzeit speichern kann, so lange, bis das Speichermedium voll ist. Phantastisch! Vermutlich hat diese Kamera wiederum nicht die Optik, die ich brauche. Aber man sieht, wohin der Fortschritt geht. Das inzwischen vorgestellte Schwestermodell meiner Kamera hat die Möglichkeit der manuellen Scharfeinstellung. Na also!
Trotzdem, ich bin ganz zufrieden mit meiner Ausbeute. Und weil es so schön war, haben wir die Sache mit einem anderen Hengst wiederholt. Auch dieser tat uns den Gefallen und brachte sich vorzüglich in Positur; leider auf einer wunderschönen Obstwiese - ich hatte also ständig irgendwelche Bäume und Äste im Bild. Werner Sißmann kannte die Probleme. "36 Bilder sind im Nu durch. Unter 100 Filmen ist einer gut."
Wenn ich zufrieden bin, heißt das aber noch gar nichts für die Züchter. Da gelten ganz andere Maßstäbe. Wenn der professionelle Fotograf kommt, werden die Pferde gestriegelt und geputzt, in Positur gestellt, bei Laune gehalten - das ist höchst anstrengend. So ein paar Schnappschüsse, wie ich sie zustandebringe, kann jeder machen. Ob der Züchter solche Fotos veröffentlicht sehen will, ist eine ganz andere Frage.
In der nächsten Woche werde ich ein paar Fragen untersuchen, die auf der Hand liegen. Die Sißmanns engagieren sich für das arabische Pferd, das ist klar, aber sie sind auch Architekten. Wie paßt das zusammen? Wie wurden aus Architekten Züchter? Oder war es genau andersherum? Welche Ziele verfolgen die Züchter? Wer soll die produzierten Pferde kaufen? Was ist Hobby, was ist Beruf? Beeinflußt der Architekt den Züchter und umgekehrt? Wie ist das Verhältnis des Gestüts Farisha Arabians zum Gestüt Ostenfelde? Antworten auf diese Fragen will ich in der nächsten Woche versuchen.
Quellen
Fotos
© Gerd Hebrang » Farisha Arabians
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