Dillenburger Ramsnasen als Ahnen Die hessische Pferdezucht holt auf von Werner Popken |
|
|
Hessische Pferde? Davon hatte ich noch nie gehört. Hannoveraner, Westfalen, Holsteiner, vielleicht noch Oldenburger, Trakehner - aber Hessen? Dabei hatte ich eine hessische Stute gekauft, ohne es zu wissen. Oder hatte ich einfach nur nicht zugehört, als der Händler mir die Sachlage erläuterte?
Jedenfalls weiß ich noch, daß ich sogar den Tierarzt fragte, was das denn wohl für ein merkwürdiger Brand am Hals von Cara war, gut versteckt unter der Mähne, die sie stets links trug. Er wußte es auch nicht. In der Stadtbibliothek wurde ich dann fündig: es stellte sich heraus, daß jedes Bundesland seine eigene Zucht hat und natürlich auch seinen eigenen Brand.
Cara hatte keine Papiere; den Brand hatte sie bekommen, als ihr erstes Fohlen vorgestellt wurde, wie der Händler erläuterte. Ich hatte keine Ahnung, wie so etwas vor sich geht: er hätte mir alles mögliche erzählen können. Und auch heute noch ist mir die Züchterszene fremd.
Als ich das Verbandsorgan des Hessischen Reit- und Fahrverbandes e.V., Unser Pferd - Der Hessische Pferdezüchter, durchblätterte, wurde mir wieder einmal bewußt, wie groß die Welt ist. Alleine die Anzeigen, zum Beispiel, willkürlich auf Seite 104/105 : 13 auf 2 Seiten, 9 davon von Anhängerhändlern, 4 davon Böckmann-Händler - welche Konkurrenz!
Und alle leben davon, daß sie einen Bedarf befriedigen. Wenn der Markt übersättigt ist, wird er automatisch schrumpfen, wenn der Bedarf das Angebot übersteigt, werden die Preise anziehen und in der Folge die Angebote sich vermehren, bis die Sache wieder ins Lot kommt.
Das ist in der Pferdezucht nicht anders. Hessische Pferde gibt es so lange wie die anderen Landeszuchten. Die erste schriftliche Erwähnung datiert aus dem Jahre 1490. Das bedeutet nicht, daß davor noch keine Pferde gezüchtet wurden; vielmehr waren die damals gezüchteten Pferde schon so berühmt, daß in einem Dokument auf sie Bezug genommen wurde.
Der Prospekt des » Verbands Hessischer Pferdezüchter e.V. kennzeichnet die "Wilden aus der Stout Zapfenberg" als eisenhart, kräftig, beweglich und ausdauernd. Sie waren "die besten Tauschartikel des Hofes von Hessen-Kassel". Diese Redewendung machte mich stutzig.
| |