|  | | Stutenherde in der Leybucht | | | |
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"Ostfriesland, wo liegt denn das?" heißt ein "humorvoller Reiseführer", der 1994 erschienen ist und sechs Auflagen erlebt hat (vergriffen; gebraucht bei » Amazon).
Die Frage scheint berechtigt. Zeitgenossen südlich des Weißwurstäquators sollen nämlich Ostfriesland für eine Erfindung des Komikers » Otto Waalkes halten. Ist Ostfriesland eine reine Fiktion zur Belustigung der Nation?
Natürlich nicht - ich weiß es ganz genau, denn ich war erst kürzlich wieder da, und zwar in der ostfriesischen Stadt mit dem merkwürdigen Namen » Norden. Norden blüht und gedeiht und hat über 25.000 Einwohner. Der Stadtteil » Norddeich ist Nordseeurlaubern wohlbekannt. Von Norddeich setzt man stündlich nach » Norderney über, der modernsten der ostfriesischen Nordseeinseln.
Die Stadt Norden umfaßt heute ein sehr großes Areal von 101 Quadratkilometern und besteht aus mehr als einem Dutzend Stadtteilen; der eigentliche Stadtkern ist sehr alt und hat bereits 1255 Stadtrechte bekommen. Einer der berühmtesten Söhne der Stadt ist » Ubbo Emmius (1547-1625). Er wurde in » Greetsiel geboren, dessen malerische Windmühlen neben dem nicht minder malerischen Fischereihafen ein bekanntes touristisches Wahrzeichen Ostfrieslands sind. Greetsiel liegt an der Leybucht und wurde 1388 erstmals urkundlich erwähnt.
Nach seiner Ausbildung, die ihn nach Emden, Bremen, Rostock, Heidelberg, Freiburg, Basel und Genf führte, ist Emmius Leiter der Lateinschule in Norden geworden, die er selber zwei Jahre besucht hatte. Die heißt inzwischen Ulrichsgymnasium und ist eine der ältesten Lehranstalten in Deutschland; 1967 wurde die 400-Jahr-Feier zelebriert. Später hat er die Schule in Leer geleitet, die heute nach ihm benannt ist, und schließlich die Universität Groningen gegründet.
Groningen gehörte damals zur Landesherrschaft des ostfriesischen Häuptlingsgeschlechts der » Cirksena aus Greetsiel, die sich im Osten bis zur Weser erstreckte. Hier nun haben wir den ersten Hinweis darauf, daß die Ostfriesen etwas anders sind als die anderen deutschen Stämme. Die Ostfriesen hatten nämlich keinen herkömmlichen Adel, sondern Häuptlinge - das ist eines von sehr vielen Kennzeichen, die die Ostfriesen auszeichnen (» Die ostfriesischen Häuptlinge). Ein anderes sind die Namen. Wer zum Beispiel Enno oder Ubbo, Ocko oder Tammo heißt, kann eigentlich nur aus Ostfriesland kommen.
Ostfriesland ist zwar etwas abgelegen, hat aber eine durchaus interessante Geschichte, die weit zurückreicht. Das Norder Stadtgebiet war, wie steinzeitliche Funde belegen, bereits vor 4000 Jahren besiedelt. Die deutsche Nordseeküste ist bekanntlich sehr gefährdet. Auch Ostfriesland ist immer wieder von schweren Sturmfluten heimgesucht worden. Die Leybucht ist im Jahre 838 bei einer der schwersten überlieferten Sturmfluten aufgerissen (» Die Zeit bis zum Jahre 999 n.Chr.). Nachdem man zunächst die Siedlungen zum Schutz gegen Hochwasser etwas erhöht errichtet hatte, werden um das Jahr 1000 die ersten Deiche gebaut (» 11.und 12. Jahrhundert).
1212 wird der Uthof bei Norden vom Häuptling Lütet Manninga angelegt. Es handelt sich um das heutige » Lütetsburg, zwischen Norden und Hage gelegen, das vor allem den Freunden der Vollblutaraber ein Begriff ist. Auf der Seite » Arabische Vollblüter des Zuchtverbandes VZAP finden sich zum Beispiel mehrere Vollblutaraber mit dem Züchtervermerk: Gräfin Huberta zu Innhausen und Knyphausen Fürstl. zu Knyphausen'sches Rentamt, Lütetsburg.
Die Inn- und Knyphausens haben Lütetsburg 1581 durch die Heirat des Wilhelm von Inn- und Knyphausen und der Hyma Manninga erworben, da die männliche Linie der Manninga ausstarb. Die Inn- und Knyphausens bewohnen die ehemalige Burg, die mehrfach abgebrannt ist und jeweils wieder aufgebaut wurde, bis heute. Nach einem Großfeuer im Jahre 1956 wurde das heutige Schloß bis 1962 neu errichtet. Einige Gebäude der Vorburg stammen aus dem 16. und 18. Jahrhundert. Der berühmte Lütetsburger Park (1790-1813) ist im Gegensatz zum Schloß für die Öffentlichkeit zugänglich und einen Besuch wert. Er ist einer der größten und schönsten Landschaftsgärten Europas.
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