| | Vorbild für den Nachwuchs | | | |
| | | Sporen immer einsatzbereit | | | |
| | | Gebiß immer im Anzug, Maul zugesperrt | | | |
| Wer einmal ein solches Glücksgefühl erlebt hat, möchte es natürlich wiederholen; er möchte herausfinden, unter welchen Bedingungen es eintritt. Und wenn er das für sich selbst einigermaßen geklärt hat, möchte er es vielleicht auch anderen mitteilen und an kommende Generationen weitergeben. So entsteht Erziehung. Nun ist es schon schwer genug, die Bedingungen herauszufinden, unter denen man selbst bestimmte Gefühle hat. Diese jedoch einem anderen mitzuteilen, ist so gut wie unmöglich.
Nehmen wir zum Beispiel den Sitz des Reiters. Der Lehrer kann so gut sitzen können wie er will, der Schüler muß sitzen lernen, und wie er das hinbekommt, ist seine Sache. Denn für den Lehrer ergibt sich der Sitz aus seinem Körpergefühl, und dieses Körpergefühl - von dem man erst seit kurzem weiß (» Der sechste Sinn) - läßt sich nicht durch gute Worte oder gutgemeinte Stellungskorrekturen vermitteln, allenfalls durch Beobachtung. Deshalb ist es so wichtig, gute Vorbilder zu haben und diese zu studieren, d. h. sich durch Beobachtung in deren Körper hineinzuversetzen.
Umgekehrt kann man durch Erziehung selbst bei gutem Willen sehr schnell und sehr viel kaputtmachen. Was dadurch angerichtet wird, ist unabsehbar, denn schlechte Erfahrungen verselbständigen sich und setzen sich fort. Die berüchtigten Reitlehrer des letzten Jahrhunderts waren ja vermutlich selber durch eine ähnlich menschen- und tierverachtende Schule gegangen und haben ihre eigenen Erfahrungen lediglich weitervermittelt.
Genau dieser Mechanismus wurde ja verdächtigt, die bestehenden Verhältnisse zu perpetuieren und das Übel fortzuzeugen. Wer seelisch und körperlich gelitten hat, sehnt sich einerseits nach Wiederholung, andererseits nach Rache. So wurden eigenartige Bedürfnisse erklärt, die sich in der sogenannten » BDSM-Szene ausleben - ob diese Erklärung nun haltbar ist oder nicht, merkwürdig ist es schon.
Immerhin hatte es Mitte des letzten Jahrhunderts eine überraschende Gegenbewegung gegeben, die alten Erziehungsideale, die aus der Kaiserzeit nahtlos in das Dritte Reich und von dort in die Nachkriegszeit übernommen wurden, galten plötzlich ganz allgemein als unmöglich und verantwortlich für all das Grauen, dem man sich wegen des übergroßen Entsetzens gar nicht stellen konnte. Die 68er-Revolution fegte all das gründlich beiseite und propagierte die antiautoritäre Erziehung.
Daß dieser Bewußtseinswandel nicht verpuffte oder sich lediglich auf kleine Zirkel beschränkte, sondern auf voller Linie siegte und unser gesamtes Lebensgefühl verändert hat, wobei die Beziehung des Menschen zum Pferd durchaus mit inbegriffen ist, zeigt das folgende Zitat aus einem Internetforum für Frauen und Mütter, aus dem ich am Anfang des Artikels › Immer feste druff schon einmal zitiert hatte. Das dortige Zitat ist eine Antwort auf das Entsetzen einer Mutter, die ihrem Kleinkind unwillkürlich einen Klaps auf die Finger gegeben hatte:
| Ich hätte es niemals für möglich gehalten, aber heute ist es passiert: Ich habe meinen 19-monate alten Sohn gehauen. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll, ich wollte das nicht. Ich war einfach total überfordert weil er zum 100-sten Mal ins Zimmer seiner Schwester (9 Wochen alt) gegangen ist und sie geweckt hat. (unabsichtlich) Ich konnte einfach nicht mehr, ich war so froh,dass sie schläft und musste ständig wieder rein um sie zu schaukeln. Als er dann wieder die Türklinke in der Hand hatte hab ich seine Hand dort weggenommen und ihm auf die Finger gehauen. Er hat mich ganz komisch angeguckt und ich bin sofort in Tränen ausgebrochen. Hab ihn umarmt, geküsst und gesagt, dass es mir leid tut. Er hat die ganze Situation wohl nicht richtig ordnen können. Jetzt macht er gerade seinen Mittagsschlaf, ich fühle mich so mies. Er hat was besseres verdient als mich, wie konnte ich soetwas tun? Rational gesehen wäre es schlimmer gewesen wenn ich ihn ins Gesicht geschlagen hätte oder so, aber es geht mir eher um diese Grenzüberschreitung, egal in welchem Ausmaß sie überschritten wurde. Ich glaube ich werde meinen Lebtag nicht mehr glücklich, mein Sohn hat soetwas nicht verdient, ich habe ihn nicht verdient. Ich kann nicht mehr.
» "Manchmal hat mir eine tracht prügel geholfen.." | | |
Dieser Beitrag ist symptomatisch für die allgemeine Verwirrung, die entsteht, wenn eine überlieferte Methode als falsch erkannt wird und die neuen kulturellen Rahmenbedingungen sich noch nicht gefestigt haben. In dieser Hinsicht könnte man von den Tieren etwas lernen.
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