Erst ging es etwa anderthalb Kilometer im flotten Trab durch den gestütseigenen Wald, die Jungs aus dem Rennstall und die Jockeys wie die Affen auf dem Schleifstein über ihrem Pferd hockend und ich, mit meiner damaligen Meinung nach viel zu kurzen Bügeln, auf der jungen Stute in ungewohntem Hocksitz.
Dann ging es durch ein Tor hinaus aus dem Gestüt zur Rennbahn gegenüber, die auch zum Gestüt gehörte. Dort entließ der Trainer das Lot von etwa 10 Pferden mit der Order: �also, macht ne jute Arbeit' (was so viel heißt wie �recht flotter Galopp bitte') und ab ging die Post.
Ich wollte die junge Stute so schön rund in die Hand hineingaloppieren lassen - aber nicht lange! Die Stute geriet ob meiner für sie ungewohnt nachgebenden Hand in einen jugendlichen Überschwang dergestalt, dass sie den Kopf zwischen die Beine nahm und mit mir wie ein Rodeo-Bulle losbuckelte. Mit den ungewohnt kurzen Bügeln verlor ich gleich den Halt und saß für ein, zwei Sprünge auf dem Vorderzwiesel und war schon bereit, mich fallen zu lassen, obwohl ich Angst vor den hinter mir galoppierenden Pferden hatte.
Und dann kam mir in höchster Not ein Schutzengel zur Hilfe, der meine Stute zu einem weiteren, gewaltigen Buckler aufforderte, der mich so hoch warf, dass ich mich plötzlich auf dem richtigen Platz im Sattel wieder fand. Mit zitternden Beinen �durchstand' ich im wörtlichen Sinne die 2.400 m und kam erleichtert mit den anderen beim Trainer an.
Der griente über beide Ohren und sagte nur: �Sie müssen det Pferd mit de kurzen Zügel den Kopp hochziehen, dann kann et den Kopp nich zwischen de Beene nehmen'. Du kannst mir glauben, dass ich diesen Rat nie vergessen habe und in brenzligen Situationen immer dafür gesorgt habe, meinem Pferd, mit den Händen fast am Trensenring, den Kopf hochzuziehen, wenn es seine Durchgänger- oder Bodenakrobatikqualitäten beweisen wollte; obwohl das einen mit allen Wassern gewaschenen Spitzbuben auch nicht immer mit Sicherheit bändigt und es auch ein starkes �Kreuz' des Reiters braucht, mit dem er dem Druck nach vorne standhalten kann.
Außerdem ist es besser, ein durchgehendes Pferd in einen sich mehr und mehr verengenden Kreisbogen zu reiten, wenn dazu genügend Platz da ist. Unter Umständen geht das nicht ohne Flurschaden ab. Aber es ist immer noch besser, Flurschaden zu bezahlen, als im Krankenhaus zu liegen. Bei entsprechender Haftpflichtversicherung ist das ein kleineres Übel.
Zurück zum Ernst des Lebens und zum Sitz des Reiters im Galopp: Jungen Reitern wird oft der Rat gegeben, sie sollten im Galopp so sitzen, als wollten sie den Sattel �auswischen'. Häufig führt das dazu, dass sich die Reiter zu verstärkten Schaukelbewegungen verleiten lassen und mit diesem unruhigen Sitz auf ihr Pferd negativ einwirken. Das positive Hineinschwingen des Gesäßes in die Vorwärtsbewegung des einzelnen Galoppsprungs wird dabei durch das darauf folgende Rückwärtsschaukeln wieder aufgehoben. Es ist besser, den Galopp des Pferdes durch einen möglichst ruhigen Sitz nicht zu stören, als ihn durch einen zu aktiven Sitz verbessern zu wollen. Richtig ist es, beim einzelnen Galoppsprung nur in jener Bewegungsphase aktiv zu sitzen, in welcher der Körper des Reiters nach vorne gezogen wird, jedoch mit bewusst aufgerichtetem Oberkörper in der Rückwärtsbewegung passiv zu bleiben. Tiefes Atmen verstärkt auch hierbei die Gelöstheit des Reiters und damit die gewünschte Schwere seines Sitzes.
Der jeweils innere Sitzbeinknochen soll im Galopp - auch für Dich fühlbar - durch die vorgeschobene innere Hüfte deutlicher in das Pferd �hinein' wirken. Durch die vorgeschobene innere Hüfte kommt, wie ich bereits schrieb, die äußere Hüfte in gleichem Maße zurück und dadurch auch der äußere Schenkel verwahrend etwas weiter hinter den Gurt. In vielen Fällen sieht man beim Angaloppieren den weit zurück geklappten äußeren Unterschenkel. Das ist zuviel des Guten, höchstens ein Signal zum Angaloppieren, aber keine korrekt verwahrende Galopphilfe, durch die der äußere Schenkel in erster Linie ein Ausweichen der Hinterhand verhindern soll. Die Aufforderung zum Angaloppieren gibt die bei tiefem Knie am Gurt einwirkende innere Wade. Anfangs wird sie konsequenter und fühlbarer eingesetzt werden müssen, später werden die Signale immer leichter, bis beim gut ausgebildeten Pferd ein Vornehmen der inneren Hüfte und ein Strecken des inneren Beines genügt, um das Pferd anzugaloppieren. Im Idealfall denkt der Reiter: �Galopp' und das Pferd galoppiert an. Dies ist übrigens ein Beweis dafür, dass Dressurreiten nichts mit Dressur im zirzensischen Sinn zu tun hat, sondern eher mit der Gewichtseinwirkung und mit anderen Hilfen des Reiters, die er schon im Gedanken an den Galopp andeutet, ohne sich dessen bewusst zu sein, auf die das sensibel ausgebildete Pferd aber bereits reagiert.
Sogar bei meiner bereits erwähnten, sonst so unsensiblen, mit periodischem Irresein �wertsteigernd' ausgestatteten PIZZI kamen meine Gedanken an den Galopp besonders unmittelbar an: es kam vor, dass ich am Ende einer Stunde plötzlich dachte: �ach, Du hast aber den Galopp noch ganz vergessen, einige Sprünge solltest Du sie der Ordnung halber noch angaloppieren' - und schon fing sie an unter mir zu höppeln und zu tänzeln und sich auf dem äußeren Hinterbein zu heben. Wahrscheinlich, habe ich bei meinen Gedanken automatisch schon das innere Bein lang gemacht und das Gewicht nach innen verlagert, anders kann ich es mir nicht erklären, denn ich glaube nicht an schwarze Magie. Aber auch dieses Beispiel beweist die naturgegebene Feinfühligkeit von Pferden, die man möglichst nicht durch grobe Hilfen zerstören sollte.
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