Leserbrief › 1994 zu Ausgabe › 472 16.04.08
Ihr Bericht ueber das Berufsreiterchampionat
Hallo, Herr Dr. Popken.
Nach Einführung Ihrer Idee eines Abonnements habe ich es versäumt, häufig auf Ihre Pferdezeitung zu klicken. Sie kennen meine Gründe dafür. Nun bekam ich aber von einer lieben Freundin den Hinweis auf Ihren Bericht über das Turnier in der Flutmulde, das ich kenne, seit ich in der Region gewohnt habe und mit dem Kurort eine andere, sportliche und private Verbindung hatte. Den Link dazu habe ich gleich Christoph Hess von der FN geschickt, vergnüglich, da ich seit über zwanzig Jahren kritische Gespräche mit der FN führe!
Gleich zu Beginn gesagt: Es freut mich, dass immer mehr Menschen neuerdings dem Turniersport etwas kritischer begegnen als all die kleinen Mädchen (bis Mitte 30 und Anfang 40!), die am Abreitplatz stehen und die Herrenreiter anhimmeln! Allerdings frage ich mich bei Ihrem Bericht nun: Was will uns der Autor genau sagen? Wissen Sie, es ist leider so, dass die Presseszene längst nicht mehr aus Profis besteht, die diesen Beruf gelernt haben, dazu das Rückgrat besitzen, alle Fakten kritisch zu beleuchten und die noch saubere Recherche betreiben. Verleger und Ressortleiter, die kritische Berichte publizieren, sind inzwischen rar. Dafür sind auch Zeitungschefs wie Stefan Aust verantwortlich, die ja selbst in der Pferdeszene durch die Gegend wandeln! Das ist die Ursache dafür, dass auch im Reitsport die Beteiligten mit dem Opfer Pferd machen können, was sie wollen. Bis sich ein Pferd gegen die Methoden eines Reiters wehrt, geht viel Zeit ins Land! Beispiel nenne ich nur anonym, da ich keine Lust habe, verklagt zu werden.
Reiter, die wiederholt als Dopingsünder, Touchierer und wegen anderer Delikte im Grenzbereich Tierschutz auffällig geworden sind, schmücken nach wie vor die deutschen Equipen. Reiterinnen, die sich immer wieder aus der Affäre ziehen konnten und aus zweifelhaften Gründen nicht verurteilt wurden (ein guter Anwalt findet immer Verfahrensfehler!), erfreuen sich nach wie vor ungehindert der Beliebheit von so genannten Pferdefans! Gerade habe ich das mit dem NDR, der Redaktion von Niedersachsen1930, erfolglos diskutiert, die jene Reiterin mit ihrem Pferd (bereits auffällig bei den WEG in Aachen/Pferdewechsel) wenige Minuten bei der Siegerehrung zeigten. Der Wallach war total von der Rolle, verdrehte die Augen, kaute nervig auf der scharfen Zäumung. Sinnlos, da noch als Berichterstatter mahnen zu wollen, wo fast alle Magazine im REitsport von solchen "Sportlern" nette, zahme Homestories machen!
Sehen Sie nun, warum ich vor dreizehn Jahren meinen Beruf gewechselt habe und mich von Reitturnieren fern halte, wo immer ich kann? Ich habe erkannt, dass ich mehr für Pferde tun kann, wenn ich "den Laden von Innen heraus" verändere. Heißt: Pferden, die so ein Schicksal hatten, wieder auf die Beine helfe.
Zu Ihrem Bericht kann ich nur explizit aus meiner Erfahrung beitragen: Ein Lkw für acht Pferde, wie Sie ihn vermutlich im Sielpark mehrfach gesehen haben, kann locker eine halbe Million und mehr kosten, mit Videoüberwachung und Komplettausstattung zum Kochen und Wohnen. Reiter, die da oben mitmischen wollen, haben meistens einen "Satz" von acht bis zehn Superpferden, die dann nicht jede Woche mit auf Turnier müssen. Schlimm genug, wenn es drei Wochen sind (je zu fünf Tagen!). Ich empfehle Ihnen nicht, ein Turnier der mittleren oder gar unteren Kategorie zu besuchen! Bei den Profis gehe ich wenigstens noch davon aus, dass die Pferde in Fütterung und medizinischer Betreuung 1a versorgt werden, dass Reiter und Ausbilder eine Ahnung von physiologischem Training haben sollten. Das ist bei den Halbprofis und Amateuren nicht der Fall! Sie glauben ja gar nicht, was ich bei FN-Fortbildungen so erlebe (und bei anderen, die in keinen Verbänden organisiert sind, erst recht!) und was für grauenhafte Bilder sich mir bei der Haltung und dem Unterricht in den Reitställen zeigen!
Bei einem Besuch in einem Stall in Ihrer Gegend wurde ich auf einen Hengst mit bester Qualität aufmerksam, der kurze Zeit zuvor von einem auch von Ihnen aufgezählten Profi ausprobiert worden war. Der Hengst hatte Hämatome in der Schenkellage, wo das Bein dieses fragwürdigen Profis gelegen hatte. Das Wort gelegen ist dabei allein schon ein Witz! Dieser Reiter war zuletzt in Atlanta wirklich erfolgreich (Definition von Erfolg?) und ist inzwischen wegen seiner antiquierten Reitweise mit viel Kraft auf weniger intelligenten Pferden bei wahren Pferdefreunden verpönt. Seine eigenen Reiterkollegen sagen über ihn, er bräuchte eine Art von dümmeren Pferden, die sich das gefallen lassen, wie er sie behandelt, und solche Pferde gibt es im Hochleistungssport kaum noch!
Diesen Text hier könnte ich noch um Seiten erweitern, tue es aber nicht aus Rücksicht auf Ihr Zeitbudget und meines. Meine Stute, die viele Jahre in dem umstrittenen Sport Vielseitigkeit trainiert wurde, ist heute auf den Tag 29 Jahre alt. Fragen Sie mal beim nächsten Turnier, wer Pferde im Sport kennt, die so ein Alter erreichen! Ich gehe jetzt mal raus zu ihr und gratuliere!
Ihnen wünsche ich das Stehvermögen und die nötige Härte, um den Gegendwind zu ertragen, der Ihnen nach Ihrem Bericht von Seiten der FN, den Reitern und den Veranstaltern von solchen Turnieren entgegen wehen wird! Trotzdem weiter so! Die Pferde brauchen Berichterstatter wie Sie! Ich habe mich gewundert, dass mich bei den Euroclassics in Bremen noch so viele Reiter respektvoll grüßen, denen ich zwei Jahrzehnte das Pferde quälen so schwer gemacht habe!!!
Ihre Stärke liegt in der Fotografie! Bieten Sie bitte mehr Ihrer Bilder den Kollegen der Fachpresse an, wenn Sie wirklich etwas verändern wollen!
Auszüge aus dieser Mail dürfen Sie gern als Leserbrief verwenden! Ich stehe zu meinem Wort und veröffentliche bei mir noch regelmäßige kritische Berichte zu Turnieren, Hengstpräsentationen, Stutenschauen und anderen Greuelterminen!
Herzliche Grüße Ihre ehemalige Redaktions-"Kollegin" Karola Bady (» www.karolabady.de) » www.pferde-auf-die-couch.de
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