Allerdings hatte er keinerlei Anstalten getroffen, sich dieses Pferdes auch zu versichern. Dadurch ergibt sich die f�r ihn in Bezug auf die Positionierung innerhalb der Gruppe und die Dramaturgie des Romans vorteilhafte Situation, da� ihm zun�chst von den Teesammlern, denen er sich auf ihre Einladung hin anschlie�en wollte, ein unbrauchbares Pferd angeboten wurde.
Strenggenommen mu� man sich nat�rlich fragen, ob diese Konstruktion glaubhaft ist. Denn die Teesammler unterstellen ja ohnehin, da� er als Ausl�nder und Gr�nschnabel eine Belastung sein wird. Insofern mu� es als unklug gelten, diesem unbekannten Herrn, dem man nicht zutraut, ohne erholende Unterbrechungen f�r l�ngere Zeit zu reiten, ein krankes Pferd anzubieten. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen f�r die Reise liegen ja eigentlich auf der Hand.
Diese Entscheidung k�nnte h�chstes dadurch an Glaubw�rdigkeit gewinnen, wenn die armen Teesammler dem ausl�ndischen Reisenden das Pferd finanzieren w�rden und deshalb nur das billigste h�tten einkaufen k�nnen. Das aber wiederum leuchtet nicht ein. Erstens w�rde es die Ehre des Deutschen gar nicht gestatten, sich von solchen Leuten etwas schenken zu lassen, und zweitens m��ten auch die Teesammler voraussetzen, da� dieser weitergereiste Abenteurer �ber entsprechende Mittel verf�gen sollte. Schlie�lich kostet ein Pferd in diesen L�ndern nicht allzuviel.
Aber die Sache ist noch komplizierter, denn bereits im ersten Kapitel stellt sich heraus, da� die Teesammler, die Yerbateros, keineswegs arm sind. Ihre Armut ist n�mlich vorget�uscht. Da sie dem Ausl�nder zuliebe die Reise etwas gem�tlicher angehen lassen wollen, mu� die Auswahl eines kranken Pferdes besonders verwundern.
| "[...] Es fehlt mir nur der Sattel und das Pferd." "Beides besorge ich, Sennor. Pferde haben wir ja mit. Ich werde eines f�r Sie herauslesen, und einen Sattel besorge ich gern dazu."
Karl May: Am Rio de la Plata, erstes Kapitel: � In Montevideo | | |
Sie w�hlen also aus den ohnehin vorhandenen Pferden eines aus, das krank ist. Waren die anderen noch schlimmer oder hat man das schlechteste dem Gast angeboten? Sp�ter, beim Zusammenbruch der Kutsche, stellt sich heraus, da� es das einzige �berz�hlige Pferd ist, das die Yerbateros mit sich f�hren. Diese unlogische Konstruktion dient vermutlich der dramaturgischen Steigerung des dadurch provozierten Geschehens, wo sich der Unbekannte als Pferdekenner profilieren kann.
Die irrige Vorstellung von den Leiden unge�bter Reiter, die Barbara Siebert bereits herausgearbeitet hatte (› Wie auf einem Stuhl, � Pferde, Reiten und die Reitkunst im Werk von Karl May), wird hier noch einmal wiederholt:
| "Nat�rlich ist das f�r Sie eine gro�e Anstrengung," fuhr der Yerbatero fort. "Darum werden wir zuweilen an geeigneten Orten Halt machen, damit Sie sich erholen k�nnen." Er hielt die Meinung, welche er von mir hegte, fest. Ich war kein �Greenhorn� mehr wie damals, als ich zum erstenmale den fernen Westen betrat. Darum sagte ich: "Sie brauchen nicht so ungew�hnliche R�cksicht zu nehmen, Sennor. Ich reite ausdauernd." "Wei� schon!" l�chelte er. "Den ersten Tag h�lt man es aus; am zweiten bluten die Beine; am dritten ist die Haut von denselben fort, und dann liegt man wochenlang da, um sp�ter ganz dasselbe durchzumachen. Zum Reiten mu� man in der Pampa geboren sein. [...]"
a.a.O. | | |
Es ist nach Meinung Karl Mays nicht der Hintern, der weh tut, sondern die Beine, und zwar auf die schlimmste Weise, indem die Haut blutet oder gar vollst�ndig aufgerieben wird. In diesen Fall schiebt er diese Meinung den Teesammlern unter, die in ihrem Lande vermutlich kaum jemandem begegnen k�nnen, der nicht von Kindesbeinen an im Sattel gesessen hat. Deshalb mu� man annehmen, da� sie diese Ansicht nur vom H�rensagen haben, als Ammenm�rchen aus fernen L�ndern.
Da ich selber keine Erfahrungen mit dem Reiten hatte und auch niemand kannte, der mich eines Besseren h�tte belehren k�nnen - auf dem Lande, wo ich aufwuchs, gab es nur Kaltbl�ter, und die wurden nicht geritten - nahm ich diese Auskunft f�r bare M�nze. So verbreiten sich falsche Meinungen.
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