| Schwedische Offiziere, allen voran Clarence von Rosen, der Stallmeister des schwedischen Königs, betreiben hartnäckig und im Ergebnis erfolgreich die Aufnahme des Reitsports in das olympische Programm. Der Kaiser beugt sich, denn "seine" Offiziere von diesem international und weltpolitisch bedeutenden Ereignis fernzuhalten, entspricht nicht seinem Selbstverständnis und Nationalstolz. » Paris 1900 | | |
Seit 1912 ist Reiten fester Bestandteil der Olympischen Spiele und eine der wenigen Disziplinen, deren olympisches Programm sich nicht wesentlich verändert hat. In Stockholm steht die Vielseitigkeit (Militärische Gebrauchsprüfung), Dressur und Springen auf dem Programm. Die deutschen Reiter starten auf deutschen Pferden.
Die Italiener, die im Springsport dominieren, nehmen in Stockholm gar nicht teil. Die Österreicher, Ungarn und Franzosen bleiben ebenfalls entweder ganz fern oder starten nur in der Military. Die Deutschen haben viel Pech. Desto erfreulicher und erstaunlicher, daß sie nach den Schweden das beste Ergebnis liefern. Der Sportjournalist Gustav Rau, der bereits mit seinem 1907 veröffentlichten Buch "Die Not der deutschen Pferdezucht" für Aufsehen gesorgt hat (er wird daraufhin in die Preußische Pferdezucht-Kommission berufen), veröffentlicht sein viertes Buch mit dem Titel: "Die Konkurrenzen zu Pferde an den Olympischen Spielen zu Stockholm".
Raus Kritik und Verbesserungsvorschläge interessieren den Kaiser, denn die nächsten olympische Spiele sollen 1916 in Berlin ausgetragen werden. Am 3. Januar 1913 lädt Kronprinz Wilhelm Gustav Rau und andere, ausschließlich adelige Herren, überwiegend Offiziere, zu einer Besprechung ins Kronprinzenpalais ein. Ziel ist die Gründung des "Komitees für die Kämpfe zu Pferde bei den Olympischen Spielen zu Berlin 1916", dem Vorläufer des heutigen Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR). Gustav Rau wird zum Generalsekretär ernannt.
| Auch die Frage der Berittmachung ist in Raus Aufzeichnungen festgehalten: "Die Kommission wurde sich einig, daß es angezeigt sein, bei den großen reiterlichen Kämpfen von 1916 auf deutscher Seite möglichst nur deutsche Pferde, d. h. in Deutschland gezüchteten Pferde zu zeigen, denn das würde den Ruf der deutschen Toten erhöhen. Es ist Gelegenheit geboten, vor aller Welt die Qualität der deutschen Pferde zu zeigen. Die Möglichkeit, den Absatz der deutschen Zucht zu erhöhen, muß im Auge behalten werden. Die deutsche Armeen macht sich ausschließlich auf deutschen Pferden geritten, deshalb soll sie beim Turnier in der Hauptstadt des Deutschen Reiches nur mit Deutsch gezogenen Pferden antreten. Solche sind in bester Qualität und die genügende Zahl vorhanden." Patriotische Töne prägen auch die Berichterstattung in den Medien. Im St. Georg liest man: "Auf der Olympiade 1916 muß sich das deutsche Pferd den Weltmarkt endgültig erobern, hier, wo die ersten Vertreter nicht nur des Sports, sondern auch des Handels aus allen Teilen der Welt vereinigt sein werden. Unsere Losung für die reiterlichen Wettkämpfe sei nicht nur 'Sieg', sondern 'Sieg auf deutschen Pferden'." » Olympische Spiele, Seite 41,42 | | |
Wenn ich die Situation richtig beurteile, hat sich daran bis heute nichts geändert. Die Verquickung von Zucht- und Sportinteressen bestimmt die Politik der FN und wird als nationales Interesse gesehen, wie unser Bundeskanzler in seiner Rede sehr schön herausgearbeitet hat.
Quellen / Verweise
Fotos
© Quelle: FN, Privatarchiv H. Munzendorf, Susanne Hennig: 100 Jahre FN, FN-Verlag 2005
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