Am Vorabend treffe ich also irgend jemanden, der die fragliche Strecke einmal mit mir abfahren soll. Der Mann ist scheinbar seit Stunden auf allen Vieren und im Dauerregen durch den Schlamm gekrochen. Er sieht aus wie das Schlammonster aus einem Science-Fiction-Film. Alternativ könnte er auch den Golem aus Prag verkörpern.
Wir nehmen einen Geländewagen, fahren die Strecke so gut wie möglich ab und bleiben trotz Allradantrieb immer wieder in den weichen Böden stecken. Wenn etwas Zeit bleibt, unterhalten wir uns über dies und das.
Er sagt, seinen Hof betreibe er nur nebenbei. Hauptberuflich sei er Kapitän. "Auf einem Kümo?" frage ich zurück und habe angesichts seines Aussehens das Bild des gestrandeten Seelenverkäufers MS-Rosteimer vor Augen. Später stellt sich heraus, dass es sich bei dem Mann um den anderen Veranstalter der Jagd - Kapitän eines großen Passagierschiffes - handelt.
Am Tag der Jagd ist das schlechte Wetter dann schlagartig vorbei und der Kapitän hat sich in einen vorzeigbaren Master des 1. Feldes verwandelt. Obwohl die Veranstalter und die Helfer schon früh auf dem Hof versammelt sind, muss nicht lange auf die ersten Teilnehmer gewartet werden.
Nach und nach füllt sich die große Hoffläche mit Menschen und Tieren. Das Bild auf dem Hof wird immer bunter. Die Reiter in ihren dunklen Jacken stehen im Kontrast zu den Mastern und Pikören in ihren roten Jacken. Dazu die Bläser in ihren roten Gehröcken. Die Feuerwehrleute und viele Zuschauer runden das Bild ab.
Alle Reiter scheinen irgendwen oder irgendwas zu putzen. Wer gerade nichts putzt, sucht irgendwas. In all dem Durcheinander versuchen die Helfer ihrer Arbeit nachzugehen und so bin auch ich mit der Beleuchtung des Anhängers beschäftigt.
Alle paar Minuten werde ich dabei etwas von jemandem gefragt. Ich komme mit vor, wie ein Verkäufer im Schlussverkauf. Eine Frau braucht etwas, um einen Stein aus dem Huf ihres Pferdes zu holen - eine andere sucht gleichzeitig die Toilette. Vermutlich verwechsle ich die Frauen. Die eine Frau schicke ich jedenfalls in die Sattelkammer, worauf die andere wohl das Huf-Problem ihres Pferdes mit der Klobürste lösen muss.
Dann kommt das vielleicht zehnte kleine Kind mit seiner Mutter zum Trecker. Ich weiß schon, was sie wollen. Das Kind soll auf dem Notsitz des Treckers mitfahren. Die Frau versprüht dabei diesen Charme, den alle Mütter an sich haben, wenn sie etwas für ihre Kleinen erbitten.
Aber keine Chance. Erstens ist das Kind viel zu klein für den Notsitz und zweitens sind die beliebten Plätze auf den Treckern ohnehin bereits alle weg. Bei mir fährt eine dürre Zwölfjährige mit. Die hat natürlich viel zu wenig angezogen, zittert die ganzen Stunden vor sich hin und braucht am Montag wohl nicht in die Schule, weil sie dann ja ihre Erkältung auskurieren muss.
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