 |  | | Am Morgen nach dem Anritt |  |  |  | Überall konnte ich jetzt mitmachen, auch wenn ich mal bloß einen Tag Zeit hatte, und ich machte mit. Fast jedes Wochenende.
Die Wanderritte selbst waren mittlerweile zu einer willkommen Einnahmequelle für alle Reitvereine im Umkreis des Lechtals geworden, von Lechbruck bis ins Kammeltal, für die Organisatoren aber auch der pure Streß bei teilweise 250 Teilnehmern.
Der Hit für den harten Kern, zu dem ich jetzt auch gehörte, war meistens nicht mehr der Wanderritt selbst, sondern in der Regel der Anritt.
Das hieß dann großes Treffen am Vorabend und in der Früh waren wir schon, oder immer noch ziemlich lustig, wenn die anderen recht gestresst ankamen und einen Parkplatz für ihr Gespann suchten, um dann vor Aufregung schwitzende Pferde auszuladen.
Unsere dösten dann einem ruhigen Platz oder gleich vor dem Zelt, schon gesattelt oder nicht, gemütlich und satt vor sich hin, während wir intensiv frühstückten.
Dieses und das folgende waren wunderschöne Jahre, mein Studium war zu Ende, ich hatte einen guten Job, Prüfungsstreß und die Geldsorgen waren ziemlich vorbei.
1994 fing ich dann an, mein Zaumzeug zu Hause zu lassen. Bella, die jetzt auch im Umgang mit anderen Menschen normal geworden war, ließ sich mit einem Seil um den Hals reiten, an der Mähne führen - wenn sie nicht so neben mir her lief - und durfte, wenn die Umgebung stimmte, in den Pausen frei herumlaufen.
Im heimatlichen Stall war sie wie ein Hund, ich "longierte" sie ohne Longe und Peitsche und schickte sie "nackt" in den Bach zum Füße waschen.
Apropos Hund: In den Brotzeitpausen bei den Wanderritten stand sie oft irgendwo in der Nähe der Biertischs mit herum, es kannte sie eh schon jeder und vielleicht fällt ja eine Semmel ab.
Eines Tages glaubte ein Jagdhund, er darf das auch, er saß brav neben mir und vor den Füssen Bellas am Boden und schaute dem ganzen Treiben zu.
Bella sah das anders: urplötzlich ging sie mit der Nase runter, packte den Hund am Genick wie einen Welpen, hob ihn hoch und ließ ihn wieder fallen, als er laut winselte. Dann stand sie, ohnen einen Fuß bewegt zu haben da, als wäre nichts gewesen. Der arme Hund war sichtlich schockiert und hielt dann ziemlich Abstand.
Um von dem ewigen Generve mit den Terminkalendern der Hufschmiede wegzukommen, habe ich mir in den Jahren das Beschlagen beibringen lassen und es auch ganz passabel gelernt. So waren wir auch damit unabhängig und mussten nicht verzichten, bloß weil die Eisen locker oder durchgelaufen waren.
Ich musste letztere im Sommer sowieso immer mit Auftragelektroden aufschweißen - in unseren akivsten Phasen hat sie nicht getunte 10er Eisen innerhalb von 7 Wochen komplett durchgelaufen.
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