Die Schwierigkeiten entstehen regelmäßig, wenn die Wahrnehmungen der Sinne unterschiedlich interpretiert werden. In der vorletzten Ausgabe habe ich ein Beispiel gebracht, wie in einem simplen Dialog - Mann und Frau über das Essen - konsequent Missverständnisse aufgebaut werden. Dort wurde von einer vierfachen Botschaft ausgegangen, die jeder Kommunikation inhärent ist, während Watzlawick noch mit zwei Ebenen arbeitet. Die Beispiele Watzlawicks sind aber ganz ähnlich, zum Beispiel auf der sprachlichen Ebene: | Angenommen eine Frau fragt ihren Mann, ob ihm die nach neuem Rezept gekochte Suppe schmecke, dieser aber die Suppe scheußlich findet, aber seine Frau nicht kränken will. Wenn er nun sagt: "Schmeckt interessant", sind die Chancen minimal, dass seine Frau ihn richtig versteht. Oder eine Mutter schenkt ihrem Sohn zwei Sporthemden. Wenn er eines der beiden anzieht, blickt sie ihn traurig an und sagt: "Das andere gefällt dir nicht?" a.a.O. | | | Kommen Ihnen diese Situation bekannt vor? Wie gehen Sie damit um? Und wie sieht so etwas in der Kommunikation mit dem Pferd aus? Die Missverständnisse betreffen nämlich nicht nur die Kommunikation zwischen Menschen. Es stellt sich sogar die Frage: Wenn schon die Kommunikation zwischen Menschen so schwierig ist, ist dann überhaupt Kommunikation zwischen Mensch und Pferd möglich? Die Antwort ist einfach: Selbstverständlich, wir tun das ja täglich. Und sofern diese Kommunikation einigermaßen befriedigend verläuft, brauchen wir uns darüber keine großen Gedanken zu machen. Schlimm wird es nur, wenn einer der beiden Partner unglücklich wird, der Mensch oder das Pferd, und womöglich sogar beide. Deshalb ist es extrem wichtig, dass solche Kommunikationsprobleme aufgeklärt und zukünftig vermieden werden. Ein besonders bekanntes Beispiel Watzlawicks für widersprüchliche Kommunikation ist die Aufforderung: "Sei spontan!" Spontanität kann per Definition nicht verordnet werden. Wer auf Aufforderung spontan sein will, kann eben gar nicht spontan sein. Es gibt noch einige andere widersprüchliche Aussagen dieser Art, deren Unmöglichkeit unmittelbar einsichtig ist; andere sind aber wesentlich komplexer und schwerer zu erkennen. Diese Art widersprüchlicher Anforderungen an ein Kind war nach Ansicht der » Arbeitsgruppe, der Watzlawick angehörte, verantwortlich für das Entstehen von Schizophrenie bei diesem Patienten, wobei die Schizophrenie als lebensrettende Antwort auf die nicht lösbaren Konfliktsituationen interpretiert wurde, denen sich das Kind aufgrund der Abhängigkeit nicht entziehen konnte, für die es aber auch keine Lösungen gab. Diese Hypothese wird inzwischen nicht mehr aufrechterhalten; nicht lösbaren Konfliktsituationen gibt es aber natürlich nach wie vor, und zwar sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. So bezeichnet » Mobbing eigentlich Situationen, in denen jemand dem Druck, dem er ausgesetzt ist, nicht ausweichen kann, er muss also sozusagen gute Miene zum bösen Spiel machen, leidet unter diesem ausweglosen Konflikt und wird eventuell krank; typischerweise sind die Schikanen so angelegt, dass das Opfer die Täter nicht überführen kann, da diese sich jederzeit herausreden können: "Wir haben ja gar nichts getan, wir wollten ihm nur helfen". Ein anderes Beispiel: Eltern versuchen Kindern sehr häufig Harmonie vorzutäuschen, obwohl es in der Ehe stark kriselt. Kinder merken das natürlich und wissen nicht, wie sie mit diesen widersprüchlichen Signalen umgehen sollen, die sehr häufig auch noch nicht verbal, aber trotzdem unübersehbar sind. Oder noch mehr auf den Punkt gebracht: | Die Doppelbindungstheorie beschreibt die lähmende, weil doppelte, Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale und deren Auswirkungen. Die Signale können den Inhalt der gesprochenen Worte betreffen, oder Tonfall, Gesten und Handlungen sein. Wird beispielsweise ein Mensch nach seinem Wohlergehen gefragt, kann seine Antwort auf den verschiedenen Ebenen gegensätzliche Botschaften vermitteln. Dies ist der Fall, wenn der Gefragte mit zittriger, unsicherer Stimme und ängstlich geduckter Körperhaltung antwortet "Danke, sehr gut". Sein Gegenüber weiß nun nicht, welche der Botschaften er stärker gewichten soll, welcher Botschaft er Glauben schenken soll. » Doppelbindungstheorie | | |
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