| | Der hat sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht | | | |
| Allerdings birgt das Festhalten an bewährten Verhaltens- und Verfahrensweisen auch Gefahren, denn nichts bleibt gleich, alles wandelt sich ständig, insbesondere das Klima und die Umwelt, und wer sich nicht anpassen kann, geht zu Grunde. Die klimatischen Änderungen in Nordamerika haben zu einer Veränderung der Flora geführt, an die sich die dort lebenden Pferde anscheinend nicht anpassen konnten, worauf sie, weil ihre Zähne für die neuen Glassorten zu weich waren, verhungerten und ausstarben - das ist gar nicht mal so lange her, etwa 11.000 Jahre. Und dieses Aussterben der Pferde in Nordamerika war nun nicht etwa die Ausnahme, sondern stellt die Regel dar. Fast alle jemals existierenden Pflanzen- und Tierarten sind bereits ausgestorben, nur sehr wenige existieren schon Hunderte von Millionen Jahren, die Menschheit, wie wir sie kennen, erst seit etwa 40.000 Jahren, und auch die Pferde, wie wir sie kennen, sind mit etwa 1,5 Millionen Jahren nicht annähernd so alt wie etwa die » Neunaugen (500 Millionen Jahre), wenn auch wesentlich älter als die Menschen. Der Wandel, Werden und Vergehen sind also die Norm. Die christliche Menschheit hing lange Zeit der Vorstellung an, dem wäre nicht so. Gott erschuf die Welt in sieben Tagen, nicht wahr, und sagte anschließend so etwas wie: Basta. Oder genauer: "Er sah, dass es gut war." Und wenn etwas gut ist und von Gott kommt, kann und darf es nicht verändert werden. Es soll Leute geben, die heute noch daran glauben. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie mir mein Vater anlässlich eines » Findlings von Warm- und Eiszeiten erzählt hat, wie man sich zunächst über Findlinge nur gewundert hat und sich nicht erklären konnte, wie und warum die in dieser Gegend herumliegen konnten, wie man dann Fakten darüber herausgefunden hat, etwa die Herkunft der gewaltigen Felsbrocken aus Skandinavien, und wie dann schließlich Theorien über den Transport durch Gletscher gebildet wurden, die man dann schließlich verifizieren konnte. Und ich erinnere mich auch an meine kindliche Frage angesichts der zyklischen Natur der Klimaschwankungen, ob diese denn plötzlich aufgehört hätten, und wenn nicht, ob wir gerade in einer Eiszeit oder in einer Warmzeit leben und in welcher Richtung sich die Temperatur eben jetzt entwickelt. Wie erstaunt war ich über die ohne Zögern gegebene Antwort: Selbstverständlich leben wir in einer Warmzeit, da ja hier, wo Findlinge liegen und deshalb früher Gletscher gewesen sein müssen, weit und breit keine mehr zu sehen sind. Und weil auf eine Warmzeit bisher immer eine Kaltzeit folgte, war für meinen Vater klar, dass diese Warmzeit nur ein Zwischenstadium ist und die nächste Eiszeit folgen wird. Er erzählte mir sogar von der "Kleinen Eiszeit", machte mich also darauf aufmerksam, dass diese zyklischen Schwankungen nicht etwa gleichmäßig wie eine Sinuskurve verlaufen, sondern in sich selbst noch einmal wieder schwanken. An Einzelheiten kann ich mich nicht erinnern, aber heute ist es ja kein Problem, Genaueres zu erfahren: | Die Kleine Eiszeit ist eine Erd-Abkühlung, die mit regionalen und zeitlichen Schwerpunkten weltweit auftrat und für Europa und später auch für Nordamerika, Russland und China und inzwischen auch in den polaren Eisbohrkernen nachgewiesen ist. Während dieser Zeit traten häufig sehr kalte, lang andauernde Winter und niederschlagsreiche, kühle Sommer auf. Im 15. Jahrhundert fror mindestens zwei Mal die Ostsee komplett zu. Mitte des 17. Jahrhunderts und auch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts drangen in den Alpen zweimal die Gletscher vor und zerstörten Gehöfte und Dörfer. Das Gletscherwachstum während der sogenannten "Kleinen Eiszeit" war das stärkste seit der letzten richtigen Eiszeit. Die Kanäle in den Niederlanden waren jeden Winter lange überfroren, in London fand mehrmals auf der zugefrorenen Themse ein "Frostjahrmarkt" statt. Im Winter von 1780 konnte man den Hafen von New York auf dem Eis sicher überqueren. Auf den Großen Seen in Nordamerika blieb das Eis manchmal bis zum Juni. » Kleine Eiszeit | | | Nicht alle diese Fakten konnte mein Vater kennen; die oben erwähnten Fortschritte der Wissenschaft helfen auch in diesem Fall, aus mehr oder weniger zufälligen Überlieferungen absolut harte Erkenntnisse zu machen. Damit hier aber kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich betonen, dass mein Vater kein Wissenschaftler war, nicht einmal Akademiker, sondern "nur" Facharbeiter, nämlich Buchdrucker. Allerdings war er intelligent und wissbegierig und ging mit offenen Augen und Ohren durch die Welt.
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