| | Überdachte Rundraufe auf der Weide | | | |
Der Tellerrand Vom Pferdemädchen zum eigenen Ausbildungszentrum von Werner Popken |
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In der letzten Woche habe ich über Tatiana Peter vom Vollblutarabergestüt Al Thawi geschrieben und mich mit "Reiten aus der Körpermitte" und anderen Systemen beschäftigt, weil Tatiana Peter ein umfangreiches Kursprogramm rund um diese Methoden anbietet (» Al Thawi, » Centered Riding).
Tatiana Peter ist selbst hochgradig qualifiziert und arbeitet mit ähnlich qualifizierten Lehrkräften zusammen, die von den jeweils zuständigen Ausbildungsinstitutionen zertifiziert sind. Sie kann fast ein Dutzend Qualifikationen vorweisen. Das wunderte mich. Warum hat sie so viele Ausbildungen durchlaufen? Wie viele Titel will sie noch sammeln?
Einige Hinweise haben wir bereits erhalten. Tatiana Peter ist wirtschaftlich erfolgreich und führt das unter anderem darauf zurück, daß sie mit zertifizierten Kräften arbeitet. Eine Zertifizierung bedeutet Sicherheit sowohl für die Lehrkraft als auch für den Kursteilnehmer. Der Kursteilnehmer kann sich darauf verlassen, daß die Lehrkraft entsprechend den Richtlinien ausgebildet ist und durch Prüfungen den Nachweis über die Aneignung der entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten erbracht hat.
Die Lehrkraft kann den Abschluß einsetzen, um Vertrauen bei den Kursteilnehmern aufzubauen. Außerdem braucht sie nicht zu befürchten, daß jemand die Qualifikation anzweifelt, da sie von der Ursprungsorganisation selbst ausgestellt worden ist. Diese wiederum sollte ein natürliches Interesse daran haben, die Anforderungen so zu definieren, daß die Kursteilnehmer zufriedengestellt werden können. Mit anderen Worten: Wenn jeder die Qualifikation mit Leichtigkeit erhalten kann, ist sie nichts wert. Die Spreu muß vom Weizen getrennt werden.
Dieses System der Autorisierung ist keine neue Erfindung, sondern gewissermaßen Grundlage einer jeglichen Gesellschaft. Immer dann, wenn Macht ausgeübt werden soll, muß diese Macht legitimiert werden. Und dazu bedarf es einer Autorität. Ein naheliegendes Beispiel: Wer in unserer Gesellschaft einen Beruf ergreifen will, muß normalerweise die Befähigung dazu nachweisen.
Im Regelfall wird man dazu eine vorgeschriebene Ausbildung absolvieren müssen. Dabei greifen auch formale Vorschriften, die mit dem Nachweis der Befähigung an sich nicht unbedingt etwas zu tun haben müssen. So hat die Lehrzeit eine gewisse feste Länge, unabhängig vom Wissensstand und Auffassungsvermögen des Lernenden, von der nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, und auch dann greift wieder eine Vorschrift.
Um zur Lehre überhaupt zugelassen zu werden, müssen meist bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, zum Beispiel ein Mindestalter oder ein bestimmter Schulabschluß. Für ein Hochschulstudium ist normalerweise das Abitur Voraussetzung, und wer Tierarzt werden will, muß eine bestimmte Anzahl von Semestern studieren, bestimmte Vorlesungen belegen, Seminare und Praktika absolvieren, Zwischenprüfungen ablegen, Haus- und Abschlußarbeiten schreiben, sich mehreren mündlichen Prüfungen stellen, um zu beweisen, daß er persönlich frei über die abgefragten Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt usw.
Tatiana Peter wollte ursprünglich Tierarzt werden. Wie so viele, war sie sich nach dem Abitur unschlüssig über ihre weitere Zukunft. Sie kam als Teenie zum Pferd, hat in einem benachbarten Stall erst lange Zeit nur geputzt und gemistet, durfte dann auch mal reiten - eine übliche Reiterkarriere. Erst mit 17 nahm sie den ersten Reitunterricht; da hatte sie schon sieben Jahre Reiterfahrung.
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