Das Sorraia-Pferd Ein Urpferd aus Südiberien kämpft ums Überleben von Hardy Oelke Zum Thema Sorraia |
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Dr. Ruy d'Andrade, der Entdecker des Sorraia-Pferdes, war Anatom, Zoologe und Paläontologe. Nach seiner Ansicht handelt es sich beim Sorraia-Pferd nicht um eine Haustierrasse, sondern um einen direkten Nachfahren eines südiberischen Urpferdes. Die eleganten, freien Bewegungen des Sorraia-Pferdes sowie seine Veranlagung zur Beizäumung sind schon bei diesem wenige Tage alten Stutfohlen zu erkennen Dies wurde von den meisten Forschern ignoriert und z. T. auch in Abrede gestellt. Manche wollen im Sorraia-Pferd nichts anderes sehen als eine private (Farb-) Zucht von Ruy d'Andrade. Ruy d'Andrade war auch Züchter. Seine Linie der Lusitano-Pferde ist bis heute neben der Veiga-Linie eine der wichtigsten. Es war auch seiner Initiative und Kenntnis zu verdanken, daß die Alter Real-Pferde, deren Zucht verkommen war, wieder aufgebaut werden konnte. Vor allem war er einer der geachtetsten Experten für iberische Pferde � wenn das Sorraia-Pferd eine Hauspferderasse gewesen wäre, hätte er dies gewußt und hätte es nicht zu seinem Lebenswerk als Wissenschaftler gemacht, dieses Pferd der Nachwelt zu erhalten und ihm als primitives südiberisches Pferd zoologische Anerkennung zu verschaffen. Letzteres ist ihm nicht gelungen, obwohl er z. B. 1935 eine Vorlesung darüber auf dem XII. Internationalen Zoologischen Congress in Lissabon hielt und in Artikeln und Büchern über seine Forschungen bezüglich des Sorraia-Pferdes informierte. Die Iberische Halbinsel wurde von Zoologen und Paläontologen leider von jeher weitgehend ignoriert. Jeder Pferdeexperte, der sich näher mit Sorraias beschäftigt, muß erkennen, daß es sich hierbei um ganz besondere, um sehr primitive Pferde handelt. Sie haben ihr ganz eigenes Naturell, sie haben Fähigkeiten, die man ihnen aufgrund ihres Gebäudes nicht so ohne weiteres zutraut, sie haben ein Erscheinungsbild, das fasziniert und stark an den Tarpan erinnert, mit dem sie auch verwandt sind. Auch wenn wir heute den besonderen Status des Sorraias zoologisch nicht mehr zweifelsfrei klären können, so ist doch sicher, daß wir in ihm das primitivste iberischen Pferd haben, das es heute noch gibt, und das sicher auch eins der primitivsten in Europa darstellt. Schon deshalb hat der Sorraia es verdient, daß wir uns um seine Erhaltung bemühen. Ruy d'Andrade sah im Sorraia-Pferd den primitiven Vorfahren des Andalusiers bzw. Lusitanos. Durch DNA-Analysen wissen wir heute, daß die Sache nicht ganz so einfach ist, obwohl es unstrittig sein muß, daß das Sorraia-Pferd einer der Vorfahren dieser weltberühmten Reitpferderassen ist � zu auffällig sind die charakteristischen phänotypischen Gemeinsamkeiten. Es gibt vor allem unter den Lusitanos Pferde, die auf den ersten Blick nicht von Sorraias zu unterscheiden sind. Auch unter spanischen Pferden mendeln immer wieder Tiere heraus, die bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit Sorraias haben. Dasselbe trifft auf iberisch geprägte andere Rassen zu, wie z. B. Pasos, Criollos, selbst Lipizzaner � und auf manche nordamerikanische Mustangs. DNA-Analysen im Institut für Molekularbiologische Diagnostik in Rheinbach haben bestätigt, daß uns durch Ruy d'Andrade in den Sorraias Pferde von ganz besonderem Status erhalten geblieben sind, nicht einfach nur eine willkürlich von ihm selektierte Gruppe von Falben.
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