| | | Er schaut durchs Fernglas, sie hat die Zügel auf den Sattel gelegt, tritt zurück, holt aus | | | |
| | | | Für die Helden ist nichts zu schwer | | | |
| Nach ein paar ziemlich unverständlichen Szenen sitzt der angeschossene Jüngling im Beiwagen und der Held er reitet mit einem Handpferd hinterher. Bei dem Handpferd handelt es sich um einen Rappen, das könnte das Pferd des im Tümpel erschossenen Gangsters sein, aber woher hat er sein Reitpferd? Kein Problem,
Schnitt, man sieht die Eheleute in der Gegend rumstehen, es scheint sich um einen lichten Birkenhain zu handeln mit Ausblick auf eine weite Wiesenlandschaft, die beiden Pferde stehen auch herum, anscheinend haben sie etwas gehört und drehen sich überrascht um. Der Soundtrack lässt er keinen Zweifel: Das Motorrad ist neben der ziemlich unerträglichen Musik ganz deutlich zu hören.
Der Mann schaut aber gleich wieder durch das Fernglas - was will er denn da entdecken? Die Frau hingegen bewegt sich in Richtung Geräusch. Ihr Schimmel steht neben ihrem Mann, sie kommt an seinem Pferd vorbei, nimmt die hängenden Zügel auf, die bekanntlich für jedes Westernpferd der Befehl zum angewurzelten Stehenbleiben darstellt, wirft sie über den Sattel und gibt dem Pferd einen Klaps, dies rennt los und sie hinter ihm her.
Dann ruft sie: „Assalto! Assalto!“ Und noch einmal: „Assalto! Assalto!“
Sie erinnern sich? Das war angeblich der Schlachtruf der Kubanerin, der Frau des Helden, deren Spucke er nach seiner Einschätzung nicht wert war. Und ihm gilt auch dieser Ruf, denn er kommt gerade mit seinem Handpferd des Weges. Im ersten Abschnitt habe ich Fotos seines Anhaltemanövers gezeigt.
Die Frau ist sich anscheinend dessen bewusst geworden, dass sie Gefangene ihres Mannes ist, und hat ihn regelrecht verraten. Später wiederholt sie dann noch einmal den Satz von den Menschen, die andere Menschen heiraten, der uns in der letzten Woche beschäftigt hat. Sie ist sich offensichtlich darüber klar geworden, dass sie den falschen Menschen geheiratet hat.
Ihr Mann fährt herum, hebt den Revolver, lässt ihn aber wieder sinken. So böse ist er denn wohl nicht, dass er seine Frau von hinten erschießt. Stattdessen springt er auf ihren Schimmel und flieht. Damit hat er sein Todesurteil unterschrieben, denn die beiden Helden legen ihre Gewehre in aller Ruhe an und erschießen ihn, bevor er hinter dem Horizont verschwindet. Er ist tödlich getroffen, wie die dramatische Geste mit den in die Höhe gerissenen Armen unmissverständlich deutlich machen soll.
Ich musste unwillkürlich an eine Szene bei » Sergio Leone denken, wo der Bösewicht in » Für eine Handvoll Dollar einen Soldaten über einen Fluss fast entkommen lässt, um damit anzugeben, dass er ihn selbst auf größte Entfernung mit einem einzigen Schuss töten kann. So tolle Kerle sind unsere Helden hier auch.
Da Sergio Leone in seinen Filmen solche Anspielungen untergebracht hat, um die von ihm verehrten Regisseure und Filme zu Ehren, muss man diese Szene wohl als eine Reverenz an ihn verstehen.
Beide schießen übrigens im selben Moment, obwohl im Einzelbild beim Haupthelden das Feuer zuerst kommt, keiner kann also den Erfolg für sich verbuchen. Mit diesem Motiv spielt der Film die ganze Zeit - zwar ist der eine der Hauptheld, der andere aber nicht minder Held, beide sind sozusagen fast auf der gleichen Höhe, und insofern ist es stimmig, dass der eine einen winzigen Bruchteil einer Sekunde eher feuert, was aber Zufall sein dürfte.
Insgesamt geht es natürlich auch darum, wer das Rennen gewinnt, und der zweite Held hatte dem ersten, dem angeblichen Tierschützer, einen Deal vorgeschlagen, er möge ihn doch gewinnen lassen. Das lehnte der ab.
Bis dahin waren Männer und Pferde noch fit. In der ziemlich unvermitttelten Schlussszene kommen die beiden Helden und deren Pferde in völlig desolatem Zustand an. Die Pferde sind so fertig, dass sie kaum noch laufen können und jeden Moment zusammenbrechen könnten. Die Männer sind so fertig, dass sie fast aus dem Sattel fallen. Der Hauptheld steigt schließlich inmitten der jubelnden Menge, die den Zieleinlauf säumetn, ab und führt sein Pferd.
Er könnte das Rennen gewinnen, obwohl die Regeln vermutlich vorschreiben, dass er im Sattel sitzen muss. Möglicherweise disqualifiziert er sich durch diesen Schritt selbst, der von gutmeinenden Zuschauern als tierfreundlich gewertet wird, was ich etwas merkwürdig finde, da er ja zuvor sein Pferd ruiniert hat und man nicht sicher ist, ob es nicht ohnehin zusammenbricht und stirbt. Dann kommt der zweite Held ins Spiel, steigt auch ab und beide durchschreiten gemeinsam die Ziellinie. Alle sind gerührt und der Zuschauer ist verwirrt und enttäuscht. Was wollte der Film uns sagen?
Quellen / Verweise
Abbildungen › Gerd Hebrang
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