Das Problem ist offenbar, daß jeder vorschnell meint, alles begriffen zu haben. Da fällt mir eine Anekdote aus meiner Jugend ein. Ich war vielleicht 14 Jahre alt, da begegnete mir ein frecher 9jähriger Knabe, der allen Ernstes behauptete, alles zu wissen. Nun haben Kinder aus verständlichen Gründen oft den Eindruck, ihre Eltern würden alles wissen, aber daß ein Kind dies behauptete, verblüffte mich doch, und ich versuchte schnell etwas zu finden, bei dem er passen mußte. Ich brauchte nur an den Unterricht zu denken, Mathematik oder Englisch, und schon hatte ich ein passendes Beispiel, das ihm die Sprache verschlug.
Wie kommt es eigentlich, daß die Erwachsenen so vorschnell glauben, alles zu wissen? So wie jeder fast überall ein Ausländer ist, weiß jeder fast über alles so gut wie nichts. » Sokrates ist berühmt für seinen Spruch »Ich weiß, daß ich nichts weiß«. In der Zitatensammlung der Wikipedia fand ich noch einen passenden Spruch, den ich noch nicht kannte: »Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.« (» Zitate Sokrates)
Pete Ramey nimmt für sich in Anspruch, von jedem lernen zu wollen, der seinen Lebensunterhalt mit Pferdehufen verdient (also nicht von Amateuren - wer soll damit denn wohl wieder getroffen werden? Etwa Marjorie Smith?). Und dann zählt er einige auf: Jaime, Gene O, Strasser, KC, Bowker, Teskey. Das sind » Jaime Jackson, dem wir schon ein paar Mal begegnet sind, dem amerikanischen Übervater der Barhufszene, berühmt durch seine Untersuchungen an wildlebenden Pferden, Gene O ist » Gene Ovnicek, der ebenfalls solche Untersuchungen angestellt und einen eigenen Hufschuh (falsch: Hufeisen; siehe » Leserbrief 1984) entwickelt hat, mit Strasser ist natürlich » Dr. Hiltrud Straßer gemeint, KC steht für » KC LaPierre, von dem ich noch nichts gehört hatte, Bowker ist der Tierarzt und Anatomieprofessor » Dr. Robert M. Bowker, Direktor des Equine Foot Laboratory an der Michigan State University, Teskey der Tierarzt » Dr. Tomas G. Teskey D.V.M, von dem wir schon in den letzten Woche gehört haben.
Diese Liste ist nur eine Auswahl, und er betont, daß er von jedem etwas gelernt hat. Darüberhinaus hat er alles im Internet gelesen, was er finden konnte, Dutzende von Seminaren und Workshops besucht. Von vielen seiner Pferde und Schüler habe er mehr gelernt als sie von ihm. Er habe Forschungsberichte, Bücher und Magazine tonnenweise gelesen, die Liste der Leute, denen er Dank schulde, sei länger als in diesem Magazin Platz habe. Und gleichzeitig habe er den ganzen Tag Hufe bearbeitet, eine nette Mischung aus Leistungspferden der Weltspitzenklasse, Freizeitpferden und eine nicht enden wollende Kette der unangenehmsten Lahmheiten, die ihm die Tierärzte vorbeischickten.
Trotzdem betrachte er sich nicht als Guru, und zwar seit dem ersten Pferd, dem er nicht habe helfen können, und das sei schon 1999 gewesen. Seither habe er sich als Vollzeitschüler und Teilzeitlehrer betrachtet, nicht mehr und nicht weniger. Er betrachtet das Feld der Barhufforschung als so neu und dynamisch, daß niemand annehmen könne, sich der Wahrheit überhaupt angenähert zu haben. Er geht davon aus, daß die meisten einige Sachen ganz richtig begriffen haben, und andere wiederum überhaupt nicht. Man müsse sich deshalb zusammensetzen und gemeinsam herausfinden, was man von anderen lernen könne.
Dann erzählt er die Geschichte eines » BOGHS-Workshops mit Tommy Lee Osha. Als der mit seinen Präsentationen fertig war, habe er ihm gesagt: »Nun weiß ich, wie Sie es machen und wie ich es mache. Jetzt bin ich klüger!« Daraufhin habe der sofort ausgerufen: »Wann findet Ihr nächster Workshops statt?« Genau diese Haltung sei es, die jetzt vonnöten sei, schärft er seinen Kollegen ein. Das sei es, was die Pferde von uns haben wollten. Jeder andere wisse etwas, was man selber nicht weiß.
BOGHS ist ein » Akronym, das ähnlich wie BESW aus den Anfangsbuchstaben der beteiligten Personen gebildet wurde: Dr. Bowker, Tommy Lee Osha, Dr. Barbara Gideon, DVM, Dr. Mike Harry, DVM, und Keith Seeley, Hufschmied und Spezialist für Lahmheiten (DVM steht für Dr. der Tiermedizin, in deutsch: Dr.med.vet.), wobei Osha als Gründer fungiert. Osha war früher in der Luftfahrtindustrie tätig und beschäftigt sich jetzt mit orthopädischen Hilfen für Pferde und Menschen.
Ramey preist dann die » AANHCP, weil sie eine Ausbildungsorganisation sei, die es nicht darauf anlege, kleine »Jacksons« oder »Rameys« oder ein Clone irgendeines phantastischen Dozenten zu produzieren, vielmehr solle jeder das Beste für sich aus dem gesamten Angebot heraussuchen und anschließend besser sein als jeder der Lehrer. So würde man sich entwickeln und stark werden und Glaubwürdigkeit aufbauen. Vereint siegt man, zerstritten geht man unter. Er zeige seine Erkenntnisse unter » Hoof Rehabilitation Specialists, nun wolle er sehen, was er vom Leser lernen könne.
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