| | Johann Georg Hamilton: Gestüt Lipizza |  |  |  |
| | | 8. Jahrhundert, Tang-Dynastie |  |  |  |
| | | | Griechische Vase, 1300 vor Christus |  |  |  |
| | | 13. Jahrhundert, Liturgiegefäß |  |  |  |
| | | John Wooton, Lady Conway's Spanish Jennet |  |  |  |
| Naiverweise würde man annehmen, daß Tiere immer so gefärbt sind, daß sie in ihrer natürlichen Umgebung kaum sichtbar sind. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall, weder für Beutetiere noch für Räuber.
Besonders auffällig gezeichnet sind beispielsweise die Zebras, und tatsächlich hat man vermutet, daß die Zeichnung in der flimmernden Luft eines heißen Tages eine gewisse Unsichtbarkeit gewährleistet, aber das sind alles nur Vermutungen. Es ist jedenfalls anzunehmen, daß die Steinzeitkünstler gemalt haben, was sie sahen. Wir können also davon ausgehen, daß getigerte Pferde schon existierten, bevor der Mensch erschien.
Aus dem Barock kennen wir die Vorliebe für ausgefallene Pferde, u. a. auch Tiger und solche, die wir heute als Appaloosas bezeichnen. Das Appaloosa-Museum zeigt ein Gemälde aus dem Gestüt Lipizza, Ursprungs der Rasse der Lipizzaner, die heute ausschließlichen als Schimmel oder seltener als Rappen oder Braune vorkommen. Man sieht deutlich, daß im Jahre 1727 alle möglichen Farben vorkommen. Im Vordergrund sieht man ein Pferd, auf das jeder Appaloosa-Züchter sehr stolz wäre. Auch das Gemälde des englischen Pferdes Spanish Jennet stammt aus dem 18. Jahrhundert.
Die Forscher haben aber noch weitere Belege für das Vorkommen solche Pferde ausgegraben, etwa ein Pferdestandbild aus China aus dem 8. Jahrhundert nach Christus oder eine persische Jagdszene aus dem 11. Jahrhundert, die den Helden Rustam aus dem 4. Jahrhundert vor Christus mit seinem gefleckten Kriegspferd Rakush zeigt, das der Vorfahre aller gefleckten Pferde sein soll.
Sogar die Griechen sollen schon gefleckte Pferde dargestellt haben, wobei ich das angeführte Beweisstück für nicht besonders überzeugend halte. Immerhin gibt es ja auch noch Apfelschimmel, die nicht zu den gefleckten Pferden zählen, und das stilisierte Pferd auf der Vase kann nach meinem Dafürhalten ebensogut einen Apfelschimmel darstellen. Das kirchliche Wassergefäß aus dem 13. Jahrhundert hingegen scheint eindeutig ein geflecktes Pferd darzustellen.
Wenn es aber auffällig gezeichnete Tiere gibt, dann sind diese natürlich besonders gut geeignet, ihren Besitzer zu schmücken. Deshalb verwundert es nicht, daß insbesondere im Barock Pferde mit auffälliger Fellzeichnung beliebt waren. Allerdings neigen soziale Differenzierungen dazu, zu verwässern. Prestigeobjekte können ihren Besitzer nur dann aus der Masse hervorheben, solange es sich um Mangelware handelt. Sobald sich dieser Zustand ändert, reduziert sich der Wert der differenzierenden Objekte entsprechend. Diese Art der sozialen Differenzierung kann man sogar unabhängig von Objekten beobachten, z. B. an der Wahl der Vornamen:
| Soziologisch gesehen gibt es einen Ablauf der Namensgebung, der sich in Wellenform immer wiederholt: Die soziale Oberschicht gibt ihren Kindern Vornamen, die besonders erwählt sind und sie vom einfachen Volk unterscheiden sollen. In den folgenden Jahrzehnten gibt die Unterschicht ihren Kindern auch diese Namen. Dadurch werden diese Namen "gewöhnlich", und die Oberschicht sieht sich veranlasst, neue Vornamen zu geben oder auf sehr alte und ungebräuchlich gewordene Namen zurückzugreifen oder Doppelnamen zu bilden. Um 1600 begann auf diese Weise die Bildung von Doppel-Vornamen. Als schließlich alle Kinder mehrere Vornamen hatten, begann die Oberschicht wieder, nur einen einzigen Vornamen zu vergeben. So folgt seit Jahrhunderten Modewelle auf Modewelle. » Vornamen | | |
Das trifft selbstredend auch auf Pferdemoden zu. Wenn die Mode wechselt, werden einst gefragte Pferde plötzlich zu Ladenhütern und müssen verramscht werden.
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