Augenblicklich registrierte die junge Stute, dass die Kräfteverhältnisse nun etwas anders standen, als zuvor. Sie stieg augenblicklich auf ihre Hinterbeine, dass es uns allen den Atem verschlug. Es war nicht etwa panisch, so wie Pferde manchmal steigen und sich dabei nach hinten überschlagen. Nein, sie hatte eine exzellente Haltungsnote, das musste man ihr wirklich lassen. Sie stieg, als wollte sie aus dem Roundpen raus. Vorsichtig brachte ich das Pferd seitlich aus dem Gleichgewicht, um es nach dem Landen sofort wieder auf den Zirkel zu schicken. Das wiederholte ich solange, bis das Steigen seltener wurde. Ich zog nur an dem Lasso, wenn das Pferd mich durch Eindrehen der Hinterhand in Gefahr brachte. Ansonsten gab es nur Zug, wenn das Pferd am Seil zog. Das merkte die Stute sehr schnell und bald lief sie einträchtig am losen Seil elegant um mich herum. Ich konnte sie nun über meine Körpersprache stoppen und umdrehen. Nach jedem Stopp ging ich zu ihr und lobte sie ausführlich. Das gefiel ihr, denn schon nach wenigen Minuten konnte ich ihren ganzen Körper berühren. Dabei spürte ich die auch zu diesem Zeitpunkt noch ungeheure Anspannung, die ihre gesamte Rückenpartie versteifte. Versuche, meinen Arm über ihr Genick zu legen und gemeinsam mit ihr nach unten zu gehen, erstickte sie im Kein, indem sie vehement dagegen ging. Auch duldete sie es keineswegs, dass ich ihr meinen Atem in ihre Nüstern blies. Also hatten wir maximal ein Stillhalteabkommen erreicht, keineswegs vertraute das Pferd mir zu diesem Zeitpunkt und Respekt hatte es schon gar keinen. Ich ließ die Problemanalyse mit kleinen Manövern zum Weichen und viel Loben ausklingen. Die Situation war nun nahezu friedlich. Als ich die Stute allerdings zum Anhänger führte, drängte sie mich wieder mit der Schulter beiseite und wollte mir ihre respektablen Tinkerhufe auf meine Füße stellen. Hier war noch viel Arbeit nötig, um dieses Pferd wieder in seine angestammte Rangordnungsrolle unterhalb des Menschen zurückzubringen. Immerhin hatte Bisquit soviel Respekt mir gegenüber, dass ich sie ordentlich verladen konnte. Die schwarze Tinkerstute kam eine Woche nach der Problemanalyse mit ihren Besitzern erneut zu Pferdisch zum Praxis Seminar. Hier geht es um Respekt und Vertrauen. Die Teilnehmer hatten von der Problemanalyse gehört, ihr Ruf war der Stute vorausgeeilt. Sogar im Stall zeigte sie ein ungewöhnliches Verhalten. Sie stieg so hoch, dass sie die Hufe und ihren Kopf auf die mehr als 2,40 Meter hohe Boxenwand legte. Auf dem Seminar verhielt sie sich aber unerwartet friedlich. Die Arbeit mit dem Lasso hatte sie anscheinend doch nachhaltig beeindruckt. Alle Seminarteilnehmer arbeiteten mit Bisquit, nachdem wir uns davon überzeugt hatten, dass Bisquit wirklich "anders" drauf war. Das Bewusstsein, mit den bei erlernten und eingeübten Verhaltensweise und einer klaren Körpersprache auch ein solches Pferd handeln zu können, erfüllte nicht nur die Seminarteilnehmer, sondern insbesondere auch die beiden Besitzer mit Freude und Hoffnung auf ein gutes Ende. Nach dem Seminar blieb Bisquit zur Korrektur bei .
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