Das Leistungsgefälle war in allen Prüfungen ziemlich groß. In Bezug auf den Sliding Stop konnte ich feststellen, daß dieser nicht allen Teilnehmern am Wettbewerb gelang. Manche Pferde wollten einfach nicht rutschen. Damit das Pferde rutschen kann, muß es extrem weit untertreten und das Gewicht auf die Hinterhand verlagern. Einige Pferde konnten das nicht und haben deshalb eher gehoppelt.
Eine Methode, das Pferd zur plötzlichen Vollbremsung zu bringen, besteht anscheinend darin, es mit Volldampf gegen die Wand zu reiten und dann kurz vorher den Druck wegzunehmen, so daß das Pferd seinen natürlichen Instinkten folgen kann. Das kann man natürlich im Wettbewerb nicht machen.
Nach meine Beobachtungen haben alle Reiter die Zügelbremse angezogen, und da die Gebisse ziemlich lange Anzüge haben und einen entsprechenden Hebel im Maul, haben die Pferde ihre Mäuler dementsprechend dramatisch aufgerissen.
Bis ich das auch im Foto dokumentieren konnte, verging einige Zeit, und die Bilder sind noch bei weitem nicht so, wie ich sie mir eigentlich vorstelle - da muß ich also noch mehr üben. Es hat ziemlich lange gedauert, bis bei mir der Groschen gefallen ist, aber dann habe ich gesehen, daß meine neue Kamera doch mehr kann als die alte.
Ich bin nämlich endlich darauf gekommen, daß ich auch Serienaufnahmen machen kann. Damit mußte ich nun nicht den richtigen Moment abpassen, sondern konnte einfach draufhalten. Wenn dann noch die Schärfe stimmte, war ich einigermaßen zufrieden.
Die erste Disziplin, die ich beobachtete, war Pleasure. Da gab es nun viel zu schauen. Es waren ausschließlich Paints am Start, eines schöner als das andere (kein Wunder: eine Prüfung der » APHA). Die Reiterinnen waren natürlich ebenso sorgfältig zurechtgemacht wie die Pferde, und alle waren mit großem Ernst bei der Sache. Freude oder auch nur Spaß gehörte nicht dazu.
Trotzdem versuchte ich herauszufinden, warum die Turnierteilnehmer dabei sind. Ich stellte mir vor, welchen Stellenwert das Pferd, das Reiten, die Westernreitweise, das Kostüm im Leben dieser Personen einnehmen, wie ihr Alltagsleben aussieht, mit wem sie sonst zu tun haben, auf der Arbeit, in der Nachbarschaft, und ich glaubte gut verstehen zu können, daß der Aufwand und die Mühe allemal gerechtfertigt sind, daß das Leben durch dieses Engagement wesentlich intensiver, bunter, würziger wird.
Die Übungen selbst schienen mir recht einfach zu sein, es lohnte sich nicht, die Teilnehmerinnen einzeln vorreiten zu lassen: Alle Reiterinnen ritten auf einmal, nicht unbedingt in Formation, und die Richter brachten es fertig, in diesem Durcheinander zu einem vertretbaren Urteil zu kommen.
Es folgte ein Barrel Race, aber man hatte keine Barrels - so griff man kurzerhand zu den Löhner Mülltonnen, die heute auch keine Tonnen mehr sind, sondern fahrbare Deckelbehältnisse. Die gibt es in Löhne in drei verschiedenen Farben, schwarz für den Restmüll, braun für den Biomüll und grün für das duale System und für Papier (Löhne war einer der Vorreiter für die Mülltrennung).
Drei grüne Tonnen, mehr wurden nicht aufgestellt, und auch nicht in einer Linie, wie ich erwartet hatte, da ich mit einem Slalom rechnete, sondern als ein möglichst großes Dreieck. Leider hatten sich zu dieser Übung nur ein einziger Teilnehmer gemeldet, aber der war wenigstens erschienen. Auch das schien mir symptomatisch zu sein: Regelmäßig fehlten einige Teilnehmer, teilweise fast die Hälfte.
Das ist nicht verwunderlich, denn zwischen Anmeldung und Turnier kann allerhand passieren, Reiter und/oder Pferd können indisponiert sein, es kann etwas dazwischen kommen, was auch immer. Umgekehrt ist es auch möglich, kurzfristig nachzunennen, so daß die gedruckten Teilnehmerlisten nicht immer den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen.
Erfreulicherweise sprangen spontan zwei Damen ein, so daß doch noch so etwas wie ein Rennen stattfinden konnte. Hatte ich beim Pleasure noch gemütlich fotografieren können, war hier wirklich Action angesagt. Ich war schockiert, wie unflexibel, geradezu behindert ich mit der Automatik der Digitalkamera bin: es war so gut wie unmöglich, scharfe Fotos zu bekommen.
Das Rennen selbst war einfach genug. Solche "Tonnen" kann man überall auftreiben, und möglichst schnell um diese Tonnen herumzureiten kann man jederzeit üben.
Diese Übung war reiner Spaß, für die Zuschauer und für die Teilnehmer, und es hat mich gewundert, daß so wenige Teilnehmer sich dafür gemeldet haben. Sollte das Turniergeschehen etwa eine ausschließlich ernste Angelegenheit sein, bei der Spaß nichts zu suchen hat?
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