Musikpferd Michael Blum, Uwe Seidel, Deutschland Gl�cklich sind wir - unsere Tr�ume ber�hren den Himmel Das kleine Buch der Liebe, Seite 17 tvd-Verlag, D�sseldorf 1999, 2. Auflage 2000 Je einer der beiden Autoren dieses Buches zeichnet f�r die Bilder und f�r den Text verantwortlich. Links erscheint in der Regel der Text, rechts das Bild. Die Texte sind meistens Gedichte. Das Gedicht zu diesem Bild hei�t: "Unsere Liebe - ein Fest". Texte und Bilder scheinen weitgehend unabh�ngig voneinander entstanden zu sein, die Bilder sind nicht als Illustrationen zum Text zu verstehen, der Text versucht nicht, die Bilder auszudeuten. Das B�chlein mu� wohl gro�en Erfolg gehabt haben, denn kurz nach der ersten Auflage wurde eine zweite aufgelegt. Als ich vor ein paar Monaten am Hauptbahnhof von Frankfurt warten mu�te, fand ich den Band auf dem Grabbeltisch der Bahnhofsbuchhandlung: die Restexemplare der zweiten Auflage wurden verramscht. Gleich fiel mir auf, da� die Bilder viel von Chagall haben. Das reizte mich, und nat�rlich das Thema: die Liebe. Dar�ber kann man nie genug wissen. Konnte ich hier etwas lernen? Das Buch wollte ich haben, jedenfalls zum Schleuderpreis. Michael Blum wurde 1942 in Pr�m/Eifel geboren. Er entschied sich 1963 f�r das Studium der P�dagogik und Kunsterziehung in Bonn. Aufgrund seines Interesses und seiner Begabung studierte er 1967 zus�tzlich im Fachbereich Kunst und Design. Heute leitet er die Domsingschule in K�ln. Neben Blumen- und Landschaftsbildern malt er vornehmlich christliche Tafelbilder. [...] Sein Augenmerk gilt dem "Blick hinter die Oberfl�che" und darin verbindet er immer wieder "alte Techniken" mit neuer Gestaltung. Im "Das kleine Buch der Liebe" nimmt er seine Gestaltungs-Arten wieder auf: zeichnet und formt, vergoldet und l��t die Farben klingen und schwingen. So wird jedes Bild der Liebe ein Gesang in gr�n oder rot, im w�rmenden Gelb oder im himmlischen Blau. In ihm begegnen sich die Welten der Liebenden, ihre Tr�ume, ihre Zuneigung und ihre Kl�nge. In ihrer Leichtigkeit - denn die Liebe nimmt das Schwere - fliegen sie zueinander, und alles um sie her wird leicht. Und immer wieder wacht der Engel Gottes �ber sie; denn die Liebe ist verletzlich. Uwe Seidel wurde 1937 in Soest/Westfalen geboren, dort engagierte er sich in der Jugendarbeit der Evangelischen Gemeinden. Hier erfolgte die Weichenstellung zur Theologie: Kirche wollte er von innen her ver�ndern. Er besuchte das Theologische Seminar "Johanneum" in Wuppertal und wurde in das Volksmissionarische Amt der Evangelischen Kirche Rheinland berufen. Seit 1965 erarbeitet er neue Gottesdienst und Gemeindeveranstaltungen. Gleichzeitig leitet er seit dieser Zeit Gro�veranstaltungen auf den Deutschen Evangelischen Kirchentagen. [...] Aus der zusammenarbeitenden Freundschaft mit Michael Blum entstand nach dem "Kleinen Engelbuch" ein zweites "Kleines Buch", das "der Liebe". Seine Texte, inspiriert aus dem Alten und Neuen Testament verbinden sich mit der Neuzeit, sind gleichzeitig Liebes-Ansagen und -Erkl�rungen f�r Freunde und Freundinnen, f�r Brautpaare und alle Menschen, die noch lieben. Sie best�rken die Liebe, beschreiben ihre Kraft, erz�hlen von ihrem Geheimnis und schlie�en von unserer Liebe auf die Liebe des Himmels. Kommentar Von Werner St�renburg Das hier ausgew�hlte Bild ist eines von mehreren, die ein Pferd zeigen. Da es sich nicht um Illustrationen handelt, wie bei den Bildern von Chagall (siehe Galeriebeitr�ge › › › Arabische N�chte, › › › Sch�ferst�ndchen› ), m�ssen wir uns fragen, ob das Pferd aus der Bildlogik heraus notwendig und sinnvoll ist. Das Gedicht jedenfalls hilft uns nicht weiter: Unsere Liebe - ein Fest Ein gro�es Fest ist unsere Liebe. Solange du an meiner Seite ruhst, will ich dich zudecken mit meiner Haut, mit meiner Leidenschaft will ich dich w�rmen. Unsere Liebe ist jung und frisch wie das Gras nach einem Regen, ganz gleich, wieviel Jahre wir z�hlen. Unser Haus ist der Himmel. Wir haben alles um uns her vergessen: Die Vergangenheit - die Zukunft. Die Gegenwart nimmt uns gefangen mit Haut und Seele. Wir sind au�er uns vor Gl�ck. | | Die gegenst�ndlichen Einzelheiten des Bildes - Baum, Haus, Pferd, Geige - kommen im Gedicht nicht vor. Nicht einmal der Mond, der als voller Mond an den Baumstamm geklebt ist und als Sichelmond im Vollmond der Frau in den Haaren schwebt. Sie sehen, ich habe bei Chagall etwas gelernt, was mir bei Blum hilft, das Bild zu entziffern. Aber der Reihe nach; besch�ftigen wir uns zun�chst einmal mit dem Pferd, das �ber die Liebenden hinwegspringt, deren K�pfe in einem Fenster sichtbar sind, das seinerseits durch einen Vorhang kenntlich gemacht ist. Der Vorhang ist durchaus "w�rtlich" oder "buchst�blich" zu nehmen, denn er ist mit einem Vorhang gemacht, mit Stoff, einer kunstvollen H�kelei, wie sie heute billig maschinell hergestellt werden kann. Nicht nur an dieser Stelle hat der K�nstler Stoff verwendet, wie die Vergr��erungen unzweideutig zeigen. Auch der Mond ist "geh�kelt" - ein durchaus witziger Einfall, der mich an Arbeiten eines K�nstlers erinnert (dessen Name mir jetzt nicht einf�llt: Neer?), der mit Blechen, Drahtgeflechten und sonstigen metallischen Strukturen Bilder aufzubauen pflegte. Ein solcher Ansatz ist verf�hrerisch, aber auch gef�hrlich. Leicht ger�t die Collage zur Dekoration, die Kunst zum Kunstgewerbe. Wer kennt nicht die Motorradfahrer oder auch Reiter aus Schrauben, Muttern und sonstigem Schrottzeug in den Dekol�den, die als moderner Nippes die Designerwohnungen schm�cken sollen? Wenn der Verfremdungseffekt zur St�tze der Aussage wird, gar die Aussage selbst, liegt der Verdacht nahe, da� es mit der Kunst an sich nicht mehr weit her ist - die man in Dekol�den nat�rlich auch nicht suchen w�rde. Noten Das springende Pferd ist eingebettet in einen Hintergrund, der an eine Tapete gemahnt. Tapeten sind das Paradebeispiel f�r Dekoration, f�r unverbindliches Wohlgefallen, f�r zweckdienliche Nettigkeiten. Liebe hingegen ist eine schwerwiegende Angelegenheit, kein Anla� f�r oberfl�chliche T�ndelei. Der Dichter Hermann Hesse war am Ende seines Lebens der Meinung, die Liebe sei das Wichtigste von der Welt. Und auch Jesus sprach bekanntlich von der Liebe, man liest sogar, Gott sei geradezu die Liebe selbst, Gott sei in allem, alles sei demnach Liebe. So gesehen m�gen die Theologen Fachleute f�r dieses Thema sein, gerade da, wo von der Oberfl�che in die Tiefe gelotet wird, Erotik und Sexualit�t in den rechten Bezug gesetzt werden zur Liebe - landl�ufig werden diese gern mit jener verwechselt. Der Theologe spricht in seinem Gedicht die Zeitlosigkeit und damit die Bedingungslosigkeit der Liebe an, ohne die sinnliche Komponente zu vernachl�ssigen, die freilich nicht die kurzfristige sexuelle Ekstase beschw�rt, sondern die sinnliche Gl�ckseligkeit. In diesem Zusammenhang wird das Bild vom Haus benutzt: "Unser Haus ist der Himmel." Das Gl�ck und der Himmel wiederum sind der einzige Bezug zum Bild, dessen Titel lautet: "Gl�cklich sind wir - unsere Tr�ume ber�hren den Himmel." Von Gott ist nicht die Rede, weder im Gedicht noch im Bild. Das Bild zeigt zwar ein Haus und dies Haus ist am oberen Bildrand plaziert, �blicherweise die Zone des Himmels, wenn es sich um ein Landschaftsbild handelt, was wir annehmen d�rfen, weil wir den Baum und das Haus sehen und nicht zuletzt den Mond. Da der Mond am Himmel ist, k�nnte das Haus im Himmel sein. Eine Horizontlinie, die die Dinge kl�ren w�rde, findet sich nicht. Der Bildtitel verkn�pft den Himmel aber mit den Tr�umen, von denen wiederum im Gedicht nicht die Rede ist. Der Theologe hilft uns also nicht weiter. Nehmen wir also das Pferd als Ausdruck der Lebensfreude und der Sinnlichkeit, wozu �blicherweise nicht einfach ein Pferd, sondern ein Hengst eingesetzt wird, und wenn wir genau hinschauen, k�nnte dieses Pferd durchaus als Hengst durchgehen. Denn auch sonst ist das Pferd recht ungenau gezeichnet. Ein Pferdemaul sieht ganz anders aus, die Vorderbeine sind anders am Vorderk�rper montiert, aber es stimmt jedenfalls so viel, da� wir diese Figur nicht anders denn als Pferd lesen k�nnen. Es ist aber nicht nur ein Pferd, sondern durch die �berlagerung mit einem Notenbild mit einer zus�tzlichen Bedeutung versehen. Leider verstehe ich nun wieder nichts von Noten, aber diese Noten machen doch ganz den Eindruck, als sei das eine Originalhandschrift. Ich kenne Leute, die das sofort nachspielen k�nnten, die vielleicht auf den ersten Blick w��ten, um welches Manuskript es sich handelt. Ich hoffe, da� die Musik in irgendeinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Thema des Bildes steht, so da� die Noten nicht lediglich Dekoration sind. Ich will jetzt einmal eine Bedeutung hineinphantasieren, die sinnstiftend w�re. Die Musik sei von Johann Sebastian Bach, eine ber�hmte Vertonung des bekannten Verses aus dem Hohelied Salomos "Deine Haare sind wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead." (Hohes Lied 6.5). Der dekorative Charakter der Noten wird durch die Verwendung der Goldfarbe herausgestrichen. Im Kunstunterricht des Gymnasiums habe ich gelernt, da� zwei Farben in meinem Doppeldecker-Farbkasten nicht verwendet werden d�rfen: Gold und Silber. Das seien keine Farben, wurde ich belehrt, der ich mich wunderte, warum diese Farben oder Nicht-Farben dann �berhaupt im Kasten vorhanden sind. Gold und Silber setzt der hilflose K�nstler immer dann ein, lernte ich, wenn er nicht mehr weiter wei�. Wer bezweifeln sollte, da� das Kunstwerk wertvoll ist, sollte durch reichliche Verwendung von Gold eines Besseren belehrt werden. Wenn wirkliches Gold oder wirkliches Silber dargestellt werden sollte, k�nne das nicht mit Gold- und Silberfarben erreicht werden - wovon ich mich sp�ter beim "Mann mit Goldhelm" von Rembrandt in Berlin �berzeugen konnte: Farben wie vom H�hnerhof. Das ist aber eine Lehrmeinung, und der wahre K�nstler zeichnet sich dadurch aus, da� er sich �ber alle Lehrmeinungen hinwegsetzt, Tabus durchbricht und genau das macht, was "man" nicht tun darf. Insofern d�rfen wir nicht vorschnell den Stab brechen. Im �brigen haben die mittelalterlichen K�nstler reichlich Gold verwendet, um damit das G�ttliche zu beschw�ren, f�r das erstens alles andere zu profan war, das zweitens als solches im Alltag nicht vorkam. Sollte also die reichliche Verwendung von Gold daf�r stehen, da� die Liebe so rar ist wie das G�ttliche? Aber das ist doch ein Widerspruch! F�r den Theologen ist die Welt durchdrungen vom G�ttlichen (stelle ich mir jedenfalls vor - ich bin kein Theologe), und auch die Liebe sollte doch die Welt durchdringen, selbst wenn beides f�r das unbewaffnete Auge nicht unbedingt sichtbar sein sollte. Die eingangs gestellte Frage, ob das Pferd aus der Bildlogik heraus notwendig und sinnvoll ist, kann ich demnach nicht positiv beantworten. Zwar f�llt das Pferd eine L�cke aus, die ein Loch in der Tapete hinterlassen w�rde, dieses Loch k�nnte aber durch beliebige andere Gegenst�nde ebenso gef�llt werden, z. B. durch turtelnde Tauben - ein Motiv, das der K�nstler merkw�rdigerweise nicht aufgreift, obwohl einzelne V�gel und auch deren zwei auf fast allen Bildern vorkommen. Die Kombination des Pferdes mit Noten l��t mich vollends verwirrt zur�ck: hier f�llt mir �berhaupt nichts mehr ein. So wie das Pferd eine L�cke f�llt, dient der relativ einheitliche K�rper des Pferdes als Notenpapier - das nenne ich einfach willk�rlich und absurd. Aber vermutlich ist das ganz mein Fehler: ich bin einfach nicht gebildet genug, um die hintergr�ndige Botschaft des Malers entziffern zu k�nnen. Gesichter Nun interessierte mich noch die Darstellung der Liebenden. Das Buch enth�lt insgesamt 20 Gem�lde. Auf diesem und dem vorhergehenden Bild sind die Gesichter von Mann und Frau ineinander verschr�nkt: man sieht beide Gesichter auf einmal, zwei Augen, zwei Nasen, zwei M�nder, zwei Ohren, zwei Frisuren. Seit Picasso vor fast 100 Jahren seine ber�hmten Erfindungen gemacht hat, die gleichzeitig das Profil und die Frontalansicht zeigen (ich kenne zumindest eine Zeichnung aus der Renaissance, die fast schon das Gleiche bewirkt), k�nnen westliche Leser Gesichter aus den wildesten Konstruktionen entziffern. Sinnvoll sind diese, wenn sie die Bildaussage unterst�tzen oder gar ausmachen. Viele Karikaturisten arbeiten heute mit extremen Mitteln, die ohne den Vorl�ufer Picasso gar nicht denkbar w�ren. Neulich habe ich im Internet eine Werbung f�r Sprachkurse entdeckt, die mit Animationen arbeitet, deren K�pfe sowohl Picasso verpflichtet sind als auch weit dar�ber hinausgehen: sehr witzig und erfrischend. Der Maler spielt in einigen Bildern mit Profilansichten, die sich gegen�berstehen und zusammen eine Frontalansicht ergeben k�nnten, es aber wegen der beiden separaten M�nder nicht tun. Die Erfindung dieses Bildes geht �ber die nat�rliche Ber�hrung zweier Gesichter, Nase an Nase, hinaus: die Gesichter durchdringen sich. Das k�nnte ein Sinnbild f�r die Verschmelzung sein, die der Liebe oder zumindest dem Liebesakt nachgesagt wird. Es will sich aber f�r mich kein einheitlicher Ausdruck ergeben, ich sehe jeweils immer nur den Mann oder die Frau, vielleicht beide gleichzeitig, aber keine Synthese. Insbesondere irritierten mich die beiden Augen. Das untere Auge schaut den Betrachter an und kann gleichzeitig als Auge des Mannes und Auge der Frau gelesen werden, w�hrend das obere Auge eindeutig dem Manne zugeordnet ist und nach rechts in die Ferne schaut. Schlie�lich habe ich zu den Mitteln der digitalen Bildbearbeitung gegriffen und auf die Schnelle die drei Ansichten separiert. Nun sieht man, da� ein und dasselbe Auge ganz unterschiedlich wirkt: als Auge der Frau schaut es unbestimmt in die Ferne, ein wenig melancholisch-distanziert, als Auge des Mannes schaut es den Betrachter an, wach-verschmitzt-vergn�gt. So wird deutlich, da� es nicht das Auge ist, das sich �ndert und f�r die unterschiedliche Wirkung sorgt, sondern die Umgebung, n�mlich vor allem der Mund. Der Mund des Mannes wirkt freundlich-unternehmungslustig, der der Frau griesgr�mig-mi�trauisch. Welches der beiden Augen man dem Mann zuordnet, ist relativ unerheblich; das Gesicht als solches ist in beiden Lesarten sinnvoll. Jetzt wollte ich noch wissen, wohin der Mann schaut, wenn das obere Auge g�ltig ist. So ohne weiteres konnte ich die Frage nicht beantworten.  |  |  |  | | manipuliert: Mann und Frau |  |  |  |
|  |  |  |  | | Seite 27: Rund wie die Liebe - das Band, das uns verbindet |  |  |  |
| Also mu�te noch einmal der digitale Zauberstab ans Werk; nun ergab sich eine �berraschung: das Bild ist mit einiger Phantasie lesbar als stiller (Wangen-)Ku�, wobei das Auge den Doppelmond im Haar/Hinterkopf der Frau fixiert. Anatomisch gesehen ist das untere Auge korrekt, denn die Augenbraue liegt etwas oberhalb des oberen Ohrabschlusses. Das obere Auge k�nnte gedeutet werden als das dritte Auge, normalerweise zwischen den Augenbrauen plaziert, also etwas oberhalb des normalen Auges, wenn auch nicht ganz so hoch wie hier. Der Blick dieses dritten Auges w�re dann gerichtet auf das oberste Chakra der Frau (oder so �hnlich) und w�rde eine spirituelle Verbindung zwischen den beiden herstellen oder darstellen. Ich f�rchte, da� ich mit dieser Interpretation weit �ber das Ziel hinausschie�e und den beiden christlichen Autoren etwas unterschiebe, was diese nie und nimmer intendiert haben. Zum Schlu� m�chte ich noch auf eine Einzelheit hinweisen: die H�nde. Ich empfinde diese Geste als sehr z�rtlich, obwohl die Finger �hnlich spitz gestaltet sind wie auf dem Blatt von Chagall, das wir in der letzten Woche besprochen haben (› › › Kummer› ). Dort aber waren die Finger gestaltet wie scharfe Messer oder Z�hne an einer S�ge, hier hingegen ergibt sich ein formaler Bezug zu den Haarspitzen, die einzelnen Finger sind auch unterschiedlich gestaltet, nicht alle sind spitz, selbst zum Daumen links ergibt sich ein formales Echo zur dunkler gestalteten Haut des Halsansatzes. Das Musikpferd kommt spiegelverkehrt auch in der Abbildung auf Seite 27 vor (die Noten sind nicht gespiegelt), die Liebenden sind wieder in einem Spitzenfenster zu sehen, der stilisierte Baum, der Vollmond, der Halbmond, das Haus kommen ebenfalls vor und zus�tzlich ein Engel. Dort schauen sich die beiden Nase an Nase an, sie krault ihm z�rtlich den Bart, seine Hand ist gerade im Begriff, nach ihrer Kugelbrust zu langen, die sie einladend pr�sentiert. Damit habe ich erneut dieses Wort benutzt, das ich schon bei Chagall zur Kennzeichnung einer Vorgehensweise eingesetzt habe. Michael Blum arbeitet mindestens so schematisch wie Chagall - man k�nnte sogar meinen, er w�rde Chagall schamlos plagiieren. Das ist nicht der Fall. Blum beklaut Chagall genauso wie Picasso seinerseits Matisse, Toulouse-Lautrec und viele andere beklaut hat. Das ist meines Erachtens durchaus legitim, wenn der Dieb dem Bestohlenen Ehre einlegt und aus dem Diebesgut etwas Wunderbares macht, denn das ist er dem Ideengeber schuldig. Die Gesichter Blums sind seine eigenen, die Ausf�hrung und Gestaltung im Einzelnen ebenfalls, die Ankl�nge an Chagall unproblematisch, also eitel Freude Sonnenschein - wenn denn das Ergebnis �berzeugend w�re. Ich denke, aus meinen Ausf�hrungen ging schon hervor, da� ich so meine Bedenken habe. Es g�be noch viel mehr zu unserem Traum-Bild zu sagen, den Baum und das Haus haben wir z.B. noch gar nicht gew�rdigt, aber ich will und mu� es jetzt gut sein lassen. Es gibt auf einem weiteren Bild, dem einzigen Querformat im ganzen Band, doppelseitg dargestellt, also schwer zu scannen, noch ein Pferd, auch nach links gewendet, diesmal jedoch ohne Noten: es ist ein Schaukelpferd. Hm. Trotz viel Spitze, dreier Doppelmonde, Vogel, Engel und vielen H�usern will mir auch dieses Bild nicht viel sagen. Immerhin: auf diesem Bild lehnt die Sch�ne sich zur�ck, l�dt ihren Liebsten ein, zu ihr zu kommen, mit ihren Br�sten zu spielen (Sie wissen schon, wie die aussehen), und beide freuen sich, besonders sie. Na dann. Das ist doch was, oder? Chagall kriegt sowas nicht hin.
Quelle Michael Blum, Uwe Seidel: Das kleine Buch der Liebe, tvd-Verlag, D�sseldorf 1999, 2. Auflage 2000, ISBN 3-96512-37-7 | | Fotos Wie angegeben unter Berufung auf das Zitatrecht (Fair Use). | |