Ihr Großvater mütterlicherseits war Lord Byron. Sie war der einzige Nachkomme des Dichters und wurde überwiegend von ihrer Großmutter Annabella Milbanke aufgezogen (siehe dazu Galeriebeitrag Die Familien Milbanke und Melbourne) und hatte den größten Teil ihrer Jugend in Europa verbracht.
Anne sprach fließend französisch, deutsch, italienisch und spanisch, sie hatte Zeichnung beim obersten englischen Maler und Kritikerfürsten John Ruskin studiert und übte täglich fünf Stunden auf der Violine, vermutlich auf einer der beiden Stradivaris, die ihr gehörten. Woran man sieht, daß sie künstlerisch vielfältig begabt und sehr reich war.
Was neben der exzellenten Abstammung zwei weitere Gründe für die Anziehungskraft auf Wilfried Blunt nennt: der junge Adlige hatte nämlich einerseits poetische Ambitionen, andererseits war sein Einkommen als zweiter Sohn auf 700 Pfund pro Jahr geschrumpft, während sie über satte 3000 verfügte. Wenn das kein Argument ist!
Bei der Familiengeschichte verwundert es nicht, daß die beiden dringend Nachwuchs wünschten, am liebsten natürlich einen Sohn, um die Blutlinien fortzuführen. Das stellte sich als sehr schwierig heraus.
Bereits zwei Monate nach der Hochzeit erlitt Lady Anne ihre erste Fehlgeburt, der noch viele weitere folgen sollten. 1870 wurde der ersehnte Sohn geboren, der jedoch bereits vier Tage später starb. 1872 wurden Zwillinge geboren, beides Mädchen, von denen eines sofort starb, das andere ein paar Tage später. Man kann sich vorstellen, welche Wirkung diese Tragödien auf die Eltern hatten.
Im gleichen Jahr 1872 starb der Bruder von Wilfred an Tuberkulose. Im gleichen Jahr wurde auch bei Wilfred Tuberkulose diagnostiziert. Er hatte bereits daran gedacht. Was tun?
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