Der Huf - mit und ohne Technik Über das Vertrauen in den Barhuf von › Werner Popken
Zum Thema Hufpflege |
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In der letzten Woche habe ich über die höchstrichterliche Entscheidung in Sachen Hufbeschlaggesetz geschrieben, die aufgrund der Klage einer Gruppe um die » BESW-Hufpflegeschule erstritten worden ist. Aus diesem Anlaß habe ich dieses Unternehmen als technikinteressiert charakterisiert und zum Beleg den Test eines neuen Befestigungsmechanismus für einen Kunststoffbelag zitiert, der dort veröffentlicht worden ist.
Dieser Beitrag hat erfreulicherweise einen › Leserbrief provoziert, von Norbert Balk aus Argentinien, der langjährigen Lesern der Pferdezeitung wohlbekannt ist und sich anscheinend sehr für diese Fragen interessiert. Norbert Balk hat mich auf die Seite » Erfahrungen und Informationen zum Thema Barhuf aufmerksam gemacht, und ich habe diesen Hinweis gerne aufgegriffen.
Denn in dieser Ausgabe wollte ich mich Leuten widmen, die nicht der Meinung sind, daß der Mensch die Natur korrigieren muß. Sie bezweifeln sogar, daß das möglich ist. Deshalb möchten sie die Natur besser verstehen, um sie zu unterstützen, und alle Schritte vermeiden, die der Natur letzten Endes ins Handwerk pfuschen.
Das erste Argument gegen irgendwelche Hilfsmittel am Fuß ist doch, daß die Pferde als Gattung viel älter sind als wir Menschen und bis heute überlebt haben, weil der Huf optimal ist und keines Hufpflegers bedarf. Das zweite Argument lautet natürlich, daß Wildpferde auch keine Hufpfleger zur Hand haben und trotzdem prima zurechtkommen. Argentinien hat ja bekanntlich sehr viele Pferde und die meisten werden vermutlich nicht beschlagen sein, wenn sie überhaupt jemals einen Hufpfleger sehen.
Das Gegenargument ist ebenfalls sofort auf dem Tisch: Wildpferde leben unter ganz anderen Bedingungen als unsere Hauspferde, die offensichtlich und leider allzu häufig Hufprobleme haben. In der Natur würden solche Tiere gnadenlos ausgemerzt und sofort Opfer von Raubtieren, während wir die Pflicht haben, sie nicht nur zu ernähren und zu pflegen, sondern auch ihre sonstigen Gebrechen zu heilen, wozu eben insbesondere die Hufprobleme gehören. Dieses Argument haben sich natürlich auch die Hufschmiede auf die Fahnen geschrieben, nach deren Meinung Pferde ohne Eisen im Grunde gar nicht gehen können.
Aber die Hufschmiede haben ja nun eine empfindliche Niederlage erlitten. Ihr Versuch, die lästige Konkurrenz der Huftechniker und Hufpfleger auszuschalten, ist eindeutig gescheitert. Damit ist die Frage, ob Pferde ohne Hufschutz laufen können oder nicht, aber noch keineswegs beantwortet. Denn ob der Hufschutz nun aus Eisen ist oder aus Kunststoff, ist letzten Endes vielleicht nicht gar so wichtig. Natürlich dämpft Kunststoff mehr als Eisen, aber genagelt wird in der Regel trotzdem. Irgendwie muß man den Schutz ja an den Huf bekommen, und die neuartige Klebemethode, über deren Test ich in der letzten Ausgabe berichtet habe, war ja so überzeugend doch nicht.
Die Technikgläubigen ficht so etwas ja nicht an. Technik ist nicht nur verbesserungsfähig, sondern geradezu verbesserungswütig. Ein Ende der Verbesserungen ist so gut wie nie abzusehen, egal auf welchem Gebiet man sich umschaut. Der Fortschritt schreitet überall voran, das Beste von heute gehört morgen zum "alten Eisen" - wobei diese Redewendung ein scharfes Schlaglicht auf die wichtige Rolle der Hufschmiede wirft, jedenfalls in den vergangenen tausend Jahren. Die Fronten verlaufen also an mehreren Stellen. Hier die Eisenleute, da die anderen, hier die Barhuf-Befürworter, dort die Prothesen-Gläubigen.
Im übrigen sollen laut Wikipedia schon die alten Römer mit Eisen experimentiert haben, wobei das Problem darin bestand, dieses am Huf zu befestigen (» Hufeisen). Die Nageltechnik haben sie offenbar noch nicht beherrscht - das soll ein Erbe der Hunnen sein.
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