Kennen Sie die Menschen? "Undank ist der Welten Lohn". "Der Erfolg hat viele Väter. Der Misserfolg ist ein Waisenkind." Nachdem ich mich jetzt sehr lange und sehr intensiv mit dem grandiosen Erfolg der Auswilderung der Urpferde beschäftigt habe, kommen mir diese Sprichwörter in den Sinn. Damit bezeichnet der Volksmund die merkwürdige Tatsache, daß sich viele Menschen mit einem Erfolg schmücken, dessen Ursache sie eigentlich nicht sind.
Natürlich kann niemand alleine etwas bewegen. Wenn irgendwo auf breiter Front etwas erreicht werden soll, müssen viele Menschen dazu beitragen. Und alle diese Menschen haben natürlich Verdienste, die keinesfalls geschmälert werden sollen. Im Gegenteil, der Gesinnungswandel bei den Zoologen verdient natürlich den größten Beifall. Trotzdem muß die Frage erlaubt sein, wer den Stein ins Rollen gebracht hat. Und es muß schon sehr verwundern, wenn diejenigen, deren Hartnäckigkeit über Jahrzehnte hinweg schließlich und endlich die schönsten Blüten trieb, bei den Jubelfeiern ungenannt bleiben.
Nun bin ich wieder bei meinem Anliegen, Sie nämlich zu ermuntern, den Kopf nicht hängen zu lassen, sondern Ihrerseits Visionen zu entwickeln und die Ärmel aufzukrempeln. Man muß nicht resignieren, man kann etwas tun. Es war nämlich ein Ehepaar aus Rotterdam, Jan and Inge Bouman, blutige Laien in Bezug auf Ihre gewählte Aufgabe, die im Gegensatz zu den studierten Experten in Amt und Würden die Situation der Przewalskipferde realistisch einschätzten und eine Perspektive entwickelten, die sich als gangbar erwies.
Nach ihrer Argumentation konnte man die Zukunft der Rasse nur dann sichern, wenn es gelänge, sie wieder in ihrer angestammten Heimat, in der Wildnis, anzusiedeln. Das aber wäre mit Tieren, die in Zoos geboren und aufgewachsen sind, vermutlich schwierig bis unmöglich. Denn die dreizehn Generationen in Gefangenschaft hätten zu ganz erheblichen Veränderungen geführt, die die Überlebensfähigkeit der Tiere in der Natur erheblich beeinträchtigten.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, ließen sie sich etwas einfallen. Sie stellten sich vor, daß man die Pferde Schritt für Schritt auf die Freiheit vorbereiten müsse. Tiere, die im Zoo geboren wurden, sollten möglicherweise nie die Freiheit kennenlernen, weil sie dafür einfach nicht fit genug wären. Sie hofften allerdings, daß diese Tiere in einer behüteten Umgebung - sie erfanden dafür den Begriff "Semi-Reservat" - überleben könnten und die dort geborene Generation genug Erfahrungen sammeln könnte, um schließlich den Sprung in die Freiheit zu wagen.
Als ganz wesentliches Problem sahen sie allerdings auch die Inzucht, die von den zoologischen Gärten ohne große Gewissensbisse betrieben wurde, und regten deshalb als ersten Schritt die zentrale Erfassung der Abstammungsdaten und den Austausch der Tiere im Rahmen von Zuchtprogrammen zur Verminderung der negativen Effekte an: vermehrte Sterblichkeit des Nachwuchses, verminderte Lebensdauer, erhöhte Krankheitsanfälligkeit. Schon diese Anregung, die auch Laien einleuchtet, stieß auf erhebliche Widerstände.
Die Ignoranz der Fachwissenschaftler, die Gerald Durrell beklagte, traf natürlich auch die niederländischen Pferdefreunde mit voller Wucht. Sie ließen sich aber nicht beirren. Man kann sich die Borniertheit und Eitelkeit der Fachleute, ganz gleich auf welchem Gebiet, nicht übertrieben genug ausmalen. Wo kämen wir denn hin, wenn dahergelaufene Laien, die selbstredend von nichts eine Ahnung haben, den Experten gutgemeinte Vorschläge unterbreiten? Umso schlimmer, wenn diese Amateure sogar Recht behalten und auf voller Linie Erfolg haben! Da fällt den Hütern der Wissenschaft nichts mehr ein, außer Ignoranz. Man muß diese Leute totschweigen.
Glücklicherweise geht es solchen Leuten meistens nicht um persönlichen Ruhm. Sie wollen gar nicht im Rampenlicht stehen und für ihre guten Taten belobigt werden. Sie arbeiten um der Sache willen und können gut damit leben, daß andere Leute sich den Lorbeer ans Revers heften, wenn nur die Anliegen verwirklicht sind. Da ich nun zu wissen glaubte, wer hinter der ganzen Sache steckt, kam mir die öffentliche Beweihräucherung der Fachwissenschaftler bei gleichzeitiger Mißachtung der Initiatoren recht merkwürdig vor. Noch einmal: Ich habe kein Problem damit, wenn jeder Beteiligte mit seinen Leistungen kräftig herausgestrichen wird. Mich stört nur, wenn man die Urheber nicht würdigt, wenn deren Leistungen systematisch verschwiegen werden.
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