Beim Pferdesport ereignen sich immer wieder dramatische Todesf�lle, und zwar sowohl beim vereinsm��ig betriebenen Sport als auch im privaten Bereich - auf aktuelle Beispiele will ich jetzt nicht hinweisen. Aber nicht nur St�rze k�nnen zu schwerwiegenden Verletzungen f�hren:
| Rund 20 % aller Unf�lle im Zusammenhang mit Pferden passieren allerdings nicht beim Reiten, sondern beim Hantieren mit Pferden oder in deren unmittelbarer Umgebung. Vor allem Kinder sind aufgrund ihrer Gr��e besonders gef�hrdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Eine australische Studie (Horse Related Injuries, Juni 1995) hat ermittelt, da� Kindern unter 15 Jahren h�ufiger schwer am Kopf verletzt werden als Erwachsene (31 % vs. 22 %). Manche Experten finden es daher durchaus angebracht, Kindern, die mit Pferden hantieren, einen Helm zu verpassen � auch wenn sie gerade nicht reiten. 'Die Masse der Kopfverletzungen, auch der t�dlichen Kopfverletzungen, passiert nicht beim Reiten, sondern Kindern in der Stallgasse. Der Reitanlagenbetreiber oder wer auch immer die Verantwortung tr�gt, m��te darauf hinweisen: Beim Putzen ist der Helm aufzusetzen. Da passieren Unf�lle, die vermeidbar w�ren.' (Suitbert Dohmen, Helm-Experte, Repr�sentanz der LAS-Helme in Deutschland)
� Lebensretter Reithelm | | |
Auff�llig ist auf jeden Fall, da� eine ganze Reihe von Menschen, die als Behinderte Pferdesport betreiben, zun�chst gesund waren, als Sportler einen Unfall mit dem Pferd erlitten und seither behindert sind, wie etwa � Hannelore Brenner:
| Ich bin 1963 geboren und nach einem Reitunfall im Jahre 1986 inkomplett querschnittgel�hmt. Ich bin verheiratet und habe rundum das Gef�hl, wirklich vollst�ndig als Behinderte in unserer Gesellschaft integriert zu sein. Daf�r spricht auch mein mir sehr wichtiger Freundeskreis, der sowohl aus Behinderten als auch aus Nichtbehinderten besteht. Ich bin der �berzeugung, dass Integration bei den Betroffenen selbst beginnt. Nur so k�nnen die Nichtbehinderten die Hemmschwelle verlieren.
� Wer bin ich | | |
Hier spricht Hannelore Brenner also gleich das wichtige Thema Integration an. Das Wort "Reitunfall" klingt so unbestimmt; was f�r ein Reitunfall? K�nnte das jedem passieren, der mit Pferden umgeht? Bei meinem Interview vor den � Sommer-Paralympics 2000 in Sydney hat sie auf ihre damalige Homepage verwiesen (der Link ist inzwischen nicht mehr g�ltig, die Fachleute von der Telekom kriegen es offenbar nicht hin, auf die neue Syntax umzuleiten - ich kann mir den Seitenhieb auf die Kollegen nicht verkneifen); ich zitiere mich also selbst:
| Sie berichtet sehr lebendig von ihrem Unfall 1986 w�hrend eines gro�en Vielseitigkeitsturniers in Luhm�hlen, als nach einem fl�ssigen Ritt vor einem Tiefsprung ihr Pferd geblendet wurde, z�gerte, sie trieb, das Pferd sprang, blieb mit den Vorderbeinen h�ngen und begrub sie unter sich. Da war sie 22.
Der letzte Lendenwirbel war zertr�mmert, nach f�nf Monaten im Krankenhaus hie� es: sie wird nie wieder gehen k�nnen. Aber schon dort lernte sie, da� das Leben weitergeht, und sie war fest entschlossen, etwas daraus zu machen. Sie trennte sich von ihrem Freund, gab ihren Beruf als Augenoptikerin auf, verlie� ihre Heimat L�neburger Heide und begann ein Studium in Heidelberg.
Dort lernte sie neue Freunde kennen, Behinderte und Nichtbehinderte, schlie�lich auch den Mann, den sie geheiratet hat und mit dem sie eine gl�ckliche Ehe f�hrt - das h�rt man nicht allzu h�ufig. [...]
F�r mich ist das Reiten eine der wenigen Sportarten, wo "Nichtbehinderte" die Leistungen der "Behinderten" wirklich beurteilen k�nnen, weil das Reiten f�r alle ein sehr schwer zu erlernender Sport ist. Es ist egal, ob ein Schenkel treibt oder der Schenkel durch eine Gerte ersetzt werden mu�. Es kommt nur darauf an, da� das Pferd das Kommando auch versteht und umsetzt. Man kann die F�higkeiten des Reiters daran erkennen, wie das Pferd geht. Ob der Reiter Einschr�nkungen hat oder nicht. Ich glaube, da� durch diese Sportart die Integration zwischen Nichtbehinderten und Behinderten ein ganzes St�ckchen voran kommen kann und m�chte gern hierzu beitragen.
› Hannelore Brenner, › Die Regeln | | |
F�r sie als ehemalige Nichtbehinderte ist es nat�rlich besonders wichtig, sich wieder vollst�ndig in das normale Leben integriert zu wissen. Wer selber Kontakt mit Behinderten hat, wei�, da� diese es gar nicht sch�tzen, wenn man sie als etwas Besonderes behandelt und um ihre Behinderung viel Aufhebens macht.
Vielleicht kann man einen Vergleich zur Situation kleiner Kinder ziehen. Diese brauchen in vielf�ltiger Hinsicht die Hilfe der Erwachsenen - trotzdem nehmen sie es �bel, wenn man sie nicht ernstnimmt. Sie sind zwar klein und manchmal hilflos, f�hlen sich aber dennoch als vollwertige Menschen.
Umso mehr mu� dies f�r erwachsene Behinderte gelten. Ganz generell erleben wir Menschen uns ja als eine Person, die durchaus vom K�rper unterschieden ist. Wenn unser K�rper aus irgendwelchen Gr�nden nicht so will oder kann, wie wir das gerne m�chten, k�nnen wir uns sogar �ber ihn �rgern - unsere Person ist vom K�rper v�llig unabh�ngig.
Wenn die Behinderung pl�tzlich eintritt, wie es typischerweise durch einen Unfall geschieht, liegt es vollends auf der Hand, da� die Person sich gar nicht ge�ndert hat, nur der K�rper. Hannelore Brenner signalisiert mit jedem ihrer Worte, da� sie sich durch den Unfall nicht ver�ndert hat, h�chstens zum Besseren, insofern n�mlich, als ihr Leben dadurch eine Intensit�t und Qualit�t bekommen hat, die m�glicherweise durch ein "normales" Leben f�r sie gar nicht zu erreichen gewesen w�re. "Meine Behinderung gebe ich nicht mehr her - ich m�chte mein heutiges Leben nicht mit dem vor meinem Unfall tauschen." (� der reha treff Ausgabe 2 2007) Ein solches Bekenntnis d�rfte Nichtbehinderte durchaus �berraschen.
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