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Bericht Zum Thema Lebensgeschichte · Gesamttext
Inhaltsverzeichnis Ausgabe 200.03 der Pferdezeitung vom 26.01.03
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Von links: Smoky, Dittchen, Finn und Cara

    Krankheit und Neuzugang   
    Ein Wunder und eine schwere Lehrzeit   
von   Merle Stürenburg



Unsere Herde bestand im Frühjahr 1997 aus vier Pferden: meiner Stute Cara und ihrem Jährling Finn, dem Wallach Smoky meiner Schwester Leevke und der Stute Aphrodite (genannt Dittchen) meines Vaters.

In meinen früheren Artikeln (siehe  Quellen) habe ich von unseren Erlebnissen mit den Pferden bis zum Sommer 1996 berichtet. Es fällt mir schwer, über die nun folgende Zeit zu berichten, denn es gab mehrere einschneidende Ereignisse sowohl mit glücklichem als auch mit unglücklichem Ausgang.

Vieles muß ich aus der Erinnerung Anderer erzählen. Um diesen Umstand zu erklären, muß ich eine Entwicklung erwähnen, die eigentlich nichts mit den Pferden zu tun hat: die Trennung meiner Eltern im Herbst 1996.

Ich hatte eine ungeheure Wut auf meinen Vater im Bauch. In dieser Zeit habe ich versucht, möglichst wenig mit ihm zu tun zu haben. Auch die Beziehung zu unseren Pferden hat unter den Auswirkungen der Trennung gelitten. Ich kann also leider einige wichtige Einzelheiten nicht aus meiner eigenen Erinnerung wiedergeben. Die äußeren Umstände entsprachen den inneren: ganz plötzlich ging alles drunter und drüber.

Beim ersten dramatischen Ereignis war ich teilweise noch beteiligt; es fing harmlos an. Meine Schwester und ich hatten eines Nachmittags im Frühjahr kurz vor dem Weideaustrieb wieder einmal einen schönen Ausritt in die Umgebung gemacht. Die Pferde waren munter wie immer. Wir waren stellenweise getrabt oder galoppiert; alles ganz normal also.

Am frühen Abend, so gegen 17:00 Uhr, fuhr mein Vater zum Stall, um zu füttern. Alle Pferde standen auf dem kleinen Auslauf. Alle bis auf Cara. Sie lag im Stall. Allein dieser Umstand wunderte meinen Vater sehr. Er hatte Cara, die Leitstute, nie liegen gesehen.

Dann fiel ihm im Bruchteil einer Sekunde auf, daß etwas nicht stimmte: sie war über und über mit ihrem eigenen Kot bedeckt. Sie hatte starken Durchfall und sah schrecklich krank aus. Er rief sofort über Funktelefon die Tierklinik an und wartete beunruhigt im Hof. Binnen einer Viertelstunde kam der junge Tierarzt der Klinik.

Als die beiden in den Stall kamen, waren sie überrascht, Cara stehen zu sehen; trotzdem sah sie natürlich ganz erbärmlich aus. Der Tierarzt untersuchte sie nur ganz kurz und stellte dann die Prognose: "Die macht's nicht mehr lange".


Colitis X


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Ein Bild aus glücklichen Tagen: Cara und Finn
Mein Vater war natürlich entsetzt und bekam die Diagnose erläutert: Colitis X, eine vom Verlauf der gut bekannter Durchfallerkrankung, für die es zur Zeit weder Theorie noch Therapie gibt; sie führt im Regelfall in wenigen Stunden zum Tode. Daher das schnelle Urteil.

Zur Sicherheit rief er einen erfahrenen Kollegen hinzu, der ebenfalls binnen zehn Minuten zur Stelle war. Auch er stellte ohne lange Untersuchung die gleiche Diagnose mit den gleichen Aussichten auf Besserung.

Daraufhin rief mein Vater Zuhause an: "Merle, Cara ist totkrank. Die Chancen stehen sehr schlecht. Möchtest du noch vorbeikommen?" Ich dachte in dem Moment, mein Herz bleibt stehen. Ich fuhr natürlich sofort mit meiner Muttter und Schwester zum Stall.

Cara war schweißgebadet und zitterte. Sie sah aus, als würde sie im nächsten Moment sterben. Ich konnte diese plötzliche Veränderung einfach nicht verstehen. Noch vor ein paar Stunden war ich bei ihr gewesen und hatte keinerlei ungewöhnliches Verhalten oder Aussehen bemerkt.

In diesem Zustand konnte man Cara gar nicht transportieren. Die Ärzte versuchten, ihr eine Infusion zu verabreichen, um sie transportfähig zu machen. Zweimal ein Liter wurden über eine Kanüle in ein Blutgefäß am Hals eingerichtet; wir waren alle froh, daß das funktionierte. Sie ließ sich sogar verladen.

Gegen 19 Uhr wurde sie in die Tierklinik gebracht. Dort wartete bereits der Chefarzt; er war über Hunderte von Kilometern berühmt, man brachte die Pferde von weit her zu ihm - er sollte wissen, was mit Cara los war.

Leider bestätigte er sofort die Diagnose seiner Kollegen und meinte lediglich, er hätte wohl schon einmal von Fällen gehört, in denen Pferde Colitis X überlebt hätten. Selbst erlebt hätte er es allerdings noch nie. Wir sollten uns bloß keine falschen Hoffnungen machen.

Bei Colitis X handele es sich um eine nicht erklärbare, oft vor Turnieren oder ähnlichen Ereignissen und immer plötzlich auftretende Krankheit. Sie stellten Cara in einen engen Ständer aus Eisenrohren und Holz, damit sie nicht zu einer Seite wegkippen konnte, und legten wieder eine Infusion an, diesmal mit einem 10-Liter-Kanister.

Wir konnten nicht weiter helfen und mußten sie über Nacht ihrem Schicksal überlassen. Als mein Vater am nächsten Morgen in der Klinik anrief, erwartete er nur noch die Nachricht von ihrem Tod. Der Chefarzt war am Apparat; er war die ganze Nacht bei ihr gewesen: "Sie lebt noch! Ich kann es selbst kaum glauben, aber sie hat wohl das Schlimmste überstanden." Manchmal geschehen doch Wunder! In der Nacht hatte er noch einen zweiten Kanister angelegt.


Fußball am Hals


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Schon als kleines Fohlen unternehmungslustig
Über eine Woche mußte sie noch in der Klinik verbringen. Nach ein paar Tagen konnte ich kleinere Spaziergänge mit ihr machen. Bald war sie wieder so fit, daß wir sie nach Hause holen konnten. Nur eine große Beule am Hals behielt sie noch einige Monate als Erinnerung an die Infusionen.

Es sah schlimm aus, wie ein Fußball, der seitlich aus dem Hals herauskommt. Der junge Tierarzt kam regelmäßig zur Kontrolle auf die Weide (Aphrodite hatte zeitgleich eine Lederhautentzündung) und beruhigte uns gutgelaunt: "Das sieht nur schlimm aus und dauert ein paar Monate, ist aber nicht gefährlich, im Gegensatz zu Colitis X!" Die Schwellung ging dann auch langsam aber stetig wieder zurück. Cara hatte einen sehr starken Lebenswillen bewiesen.

Finn war mittlerweile ein Jahr alt und ein kleiner Rabauke. Keines der anderen Pferde konnte mit seinem Spieltrieb mithalten. Beim Auslauf unseres Winterstalls hatte er sogar den Trick herausgefunden, mit dem er das Gatter öffnen konnte. Zum Glück hatten wir ebenfalls schnell herausgefunden, daß er das konnte: wir brachten also ein Schloß an.

Auf einem unserer Ausritte stellte sich heraus, daß Finn auch eine Begabung als Wachhund besaß. Wir (Leevke, Mara, ich) ritten auf einer kleinen Landstraße. Finn durfte in unbebauten Gebieten immer noch frei laufen. Er war gerade auf einer angrenzenden Brachwiese unterwegs. Da kam von hinten eine Gruppe männlicher Jugendlicher mit mehreren Fahrrädern und einer Mofa angefahren.

Die Halbstarken meinten nun, ein wenig herumpöbeln und Sprüche reißen zu müssen. Plötzlich brach durch die Büsche ein braunes Ungeheuer und stürzte auf die Gruppe zu. Ich habe selten solch entsetzte Gesichter und einen so überstürzten Abgang gesehen. Finn lief noch ein paar Meter hinterher, dann drehte er um und kam zu uns zurück. Ich könnte schwören, daß er triumphierend und spöttisch geguckt hat.

Bereits seit einiger Zeit hatten wir besorgt beobachtet, daß Finn als Sohn der Leitstute übermütig wurde. Für sein späteres Leben erschien es uns wichtig, ihm nicht noch länger den Kontakt zu Gleichaltrigen zu verwehren. Er sollte lernen, sich einzuordnen und seine Stellung richtig einzuschätzen.

Daher gaben wir eine Anzeige auf: "Beistellfohlen gesucht." Es hat sich auch jemand gemeldet, aber die Frau hatte ein Stutfohlen und wollte es nicht mit unserem Hengstfohlen zusammenstellen. Es sah nicht so aus, als würden wir auf diesem Weg vorankommen; daher schaute mein Vater sich nach einem Jährling um.


Pit aus der Angelina


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Pit und Finn
Bald darauf wurde er fündig. Ganz in der Nähe stand ein wunderschöner, aber total ungebärdiger Fuchs, noch einer, diesmal mit breiter Blesse. Pit hieß unser Neuzugang. Er kam von einem Hobbyzüchter. Dieser war schon sehr lange im Rentenalter und besaß nur eine einzige Stute.

Angelina war Tochter des berühmten Angelo xx, gezogen vom berühmten Züchter de Baeys aus Lemgo, und hatte ihm in zehn Jahren elf Fohlen gebracht, allesamt Hengste, das erste Mal sogar Zwillinge, die er beide durchbringen konnte.

Wilhelm Isemann hatte erst nach seiner Pensionierung mit der Zucht begonnen und paarte Angelina Jahr für Jahr mit Piquet, einem Sohn des berühmten westfälischen Spitzenvererbers Pilot, der in der Nähe auf Hengststation stand. Daher begannen die Namen seiner Fohlen immer mit einem P.

Im vorangegangenen Jahr hatte Angelina Pit geboren und war dieses Jahr schon wieder hochträchtig. Bevor das nächste Fohlen auf die Welt kam, mußte der einjährige Sprößling das Nest verlassen. Zudem konnte Isemann mit Pit nicht mehr umgehen. Er hatte große Mühe ihn zu führen und fürchtete sich vor ihm (siehe Hauptgeschichte aus Ausgabe 6 vom 27.03.1999: » Mit 89 dabei - Wilhelm Isemann und seine Zucht).

Mein Vater hatte von Zucht keine Ahnung und es machte ihm auch keinen Eindruck, daß er ein Spitzenprodukt westfälischer Pferdezucht erwerben sollte; es ging ihm lediglich um den Spielkameraden. Aber er hatte sich sofort in Pit verliebt.

Zwar wollte und konnte er nicht viel Geld ausgeben, aber die beiden kamen sich entgegen, der Züchter notgedrungen, und so wurde der Handel geschlossen. Da die Stute in Kürze ihr nächstes Fohlen erwartete, war er im Stall nun auch noch von seiner Mutter getrennt. Der Züchter war froh, ihn endlich abgeben zu können.

Pit hatte, da er außer seiner Mutter keine anderen Pferde kannte, kein gutes Sozialverhalten, gelinde gesagt. Er hatte nie gelernt, wie er sich anderen Pferden gegenüber verhalten mußte. So konnte er zum Beispiel nicht kauen, was Finn automatisch tat, wenn er fremden Pferden begegnete. Damit signalisiert das Fohlen: "Ich bin ganz klein, tu mir bitte nichts!". Diese Geste wirkt hundertprozentig und schützt das Fohlen, gibt ihm eine gewisse Narrenfreiheit.

Pit war im Gegenteil ganz Macho, selbstbewußt bis zum Platzen, und meinte, er sei der Allergrößte und müsse das nun auch der ganzen Welt gehörig kundtun. Kein Wunder, daß der alte Mann seine Mühe mit ihm hatte. Wir machten uns keine Gedanken darüber, was die anderen Pferde dazu sagen würden.


Überführung


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Die alte Dame jagt den Frechling
Wir wollten Pit von seinem alten Zuhause aus zu unserer Weide führen und hatten uns das relativ einfach vorgestellt, weil es nicht besonders weit war und wir Feldwege und kleinere Straßen nutzen konnten.

Es stellte sich jedoch heraus, daß Pit wirklich überhaupt nicht mitspielen wollte. Er stieg oder rannte einfach los und gebärdete sich überaus widerspenstig. Anfassen lassen wollte er sich natürlich auch nicht. Es war eine einzige Katastrophe und nicht ungefährlich.

Als wir schließlich ankamen, waren wir völlig erledigt. Wir waren froh, ihn einfach laufen lassen zu können. Unsere Pferde waren natürlich sehr aufgeregt. Ähnlich aufgeregt, wie die Menschen, wenn sie eine neue Persönlichkeit kennenlernen.

Wir haben ja schon des öfteren ein neues Pferd ohne große Umstände einfach zu der bestehenden Herde geschickt und waren deshalb zuversichtlich, daß auch dieses Mal nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten bald Ruhe einkehren würde.

Außer meiner Familie waren nun auch noch meine Freundin Mara, die sich sonst um Dittchen kümmerte, und deren Familie dazu gekommen. Alle wollten unseren Neuzugang und seine erste Begegnung mit unserer Herde beobachten. Es verlief auch alles wie gewohnt. Die Pferde bestürmten Pit zunächst einmal von allen Seiten.

Pit zeigte aber ein dermaßen hengstiges und wenig unterwürfiges Verhalten, daß Smoky und Dittchen provoziert wurden und ihn erst einmal agressiv herumtrieben. So galoppierten sie denn ein paar Runden über die Weide, um Pit zu zeigen, was sich gehört. Nach einiger Zeit hatten sie aber diese Spielchen satt und es kehrte Ruhe ein. Die Pferde wandten sich wieder dem Grasen zu.

Wir warteten noch ein bißchen ab und fuhren dann entspannt nach Hause. Der bisherige Tag hatte schon an unseren Kräften gezehrt. Kaum angekommen, erreichte uns jedoch ein Anruf. Die Nachbarn der Weide hatten beobachtet, daß unser schöner Junghengst durch den Zaun gegangen war. Also mußten wir natürlich sofort wieder hin.

Pit war auf den umliegenden Feldern unterwegs, Gott sei Dank nicht in Richtung Straße. Wir liefen hinterher, um ihn wieder einzufangen. Kein leichtes Unterfangen. Wir trennten uns und versuchten, ihn in weitem Bogen zu umgehen. Schließlich hatten wir ihn eingekreist. Langsam pirschten wir uns von allen Seiten gleichzeitig an ihn heran - und konnten mit etwas Glück den Strick zu fassen bekommen.


Denkpause


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Die Verfolger im Pulk - Smoky vorweg
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Aphrodite giftet - Mutter und Sohn neutral?
Es war klar, daß nun zuerst einmal Pit wieder beruhigt werden mußte. Er war vollkommen aufgelöst. Dieses Vorhaben würde wahrscheinlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen und wir waren alle auch schon einigermaßen erschöpft.

Auf unserer Weide hatten wir eine Garnitur an Partybänken, die wie für diese Gelegenheit geschaffen waren (später wurde sie leider geklaut). Diese stellten wir in einiger Entfernung von der Weide hinter dem kleinen angrenzenden Wäldchen auf, damit sich diejenigen von uns, die gerade nicht mit ihm beschäftigt waren, ausruhen und Pit und die anderen Pferde sich vorläufig nicht mehr sehen konnten.

Dann holten wir von einer nahe gelegenen Pizzeria Essen für die gesammelte Mannschaft. Wir waren inzwischen völlig ausgehungert und mußten für unser leibliches Wohl sorgen. Das Ganze entwickelte sich zu einem wahren Volksfest. Pit konnte ja für sich, wenn er zwischendurch die Zeit fand, ein paar Happen Gras abrupfen.

Lange Zeit führten wir den Jährling herum und redeten beschwichtigend mit ihm. Ganz allmählich wurde er tatsächlich ein wenig ruhiger. Die anderen Pferde hatten sich schnell von der Aufregung erholt, da für sie in ihrer gewohnten Umgebung nun alles wieder beim Alten war.

Wir beschlossen also, einen neuen Versuch zu wagen. Wahrscheinlich hätten wir uns den Ausgang denken müssen: Wieder das gleiche Spielchen. Pit markierte den großartigen Hengst, wurde von Smoky und Dittchen verfolgt, geriet in Panik und ging durch den Zaun. Wir mußten uns also etwas anderes ausdenken.

Mittlerweile hatten wir auch unseren Vater erreicht. Der telefonierte mit dem ehemaligen Besitzer von Pit und vereinbarte, daß der Hengst zunächst wieder in seiner alten Heimat untergebracht werden konnte. Dem Mann paßte diese Regelung nicht besonders gut. Er war ja froh gewesen, den Wildfang los zu sein. Für eine weitere Woche ließ er sich jedoch darauf ein.

Cara hatte sich bei diesem Spektakel etwas merkwürdig aufgeführt; wir konnten das Verhalten aber nicht interpretieren und beschlossen, zunächst einmal abzuwarten und nicht gleich den Tierarzt zu rufen. Sie stellte sich nämlich offen und deutlich zur Schau und quälte sich einige Tropfen Urin ab. So etwas hatten wir noch nicht gesehen. Wir befürchteten Harnprobleme.


Cara bekennt Farbe


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Cara, ganz verliebt, bietet sich an
In den folgenden Tagen ritten wir abwechselnd mit unseren Pferden zu Pit. Wenn sie sich einzeln aneinander gewöhnen konnten, so dachten wir, würde er schließlich besser in die Herde aufgenommen werden.

Die Woche Aufschub war mittlerweile vergangen und das nächste Fohlen würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Meine Schwester und mein Vater holten also nach einer Woche Pit wieder ab und hofften, daß er jetzt in die Herde aufgenommen werden würde.

Smoky und Dittchen verhielten sich gleich wieder ganz aggressiv und Cara wieder merkwürdig: sie klappte ihre Scheide auf und zu (später lernten wir den Fachausdruck: blinken), und nach kurzer Zeit ging meinem Vater ein großes Licht auf: sie war rossig und hatte offensichtliches Interesse an einem potenten Hengst.

Und Pit war im Gegensatz zu Finn auch schon daran interessiert (und anscheinend in der Lage), seine Pflichten zu erfüllen. Er schachtete aus und tänzelte um Cara herum, die ganz verliebt in ihn war und für das aggressive Verhalten der anderen beiden kein Verständnis hatte.

Mein Vater rief wieder in der Tierklinik an und erkundigte sich, ob die Sache gefährlich werden könnte. Immerhin war Finn bereits ein Weideunfall. Nach Auskunft der Fachleute war eine Zeugung durch einen Jährling durchaus möglich.

Nun war guter Rat teuer. Beim Züchter konnte Pit wirklich nicht länger bleiben, dahin konnte er nicht zurück. Alleine konnten wir den Kleinen nicht auf eine unserer Weiden stellen. Er war ja noch nie in seinem Leben alleine gewesen. Außerdem wollten wir keinem Pferd die Einsamkeit zumuten.

Da wir nicht noch mehr Nachwuchs zeugen lassen wollten, konnten wir auch keine der Stuten in seine Nähe lassen, bevor er nicht kastriert worden war. Smoky seinerseits schien sich nicht wirklich mit einem weiteren männlichen Herdenmitglied anfreunden zu wollen. In aller Schnelle mußte eine Entscheidung getroffen werden. Pit schickte sich schon an, Cara zu besteigen, mein Vater mußte dazwischengehen. Es gab nur eine Lösung: Finn mußte mit.

Eigentlich hatten wir nicht in die Beziehung zwischen Cara und Finn eingreifen wollen. Sie hatte ihr Fohlen im Laufe des letzten Jahres immer seltener trinken lassen und wir hatten erwartet, daß sie ihn zur gegebenen Zeit schon selbst absetzten würde. Es schien jedoch der Zeitpunkt gekommen zu sein, an dem wir die Beiden trennen mußten.


Ausbrecher


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Erste Begegnung: komm mir nicht zu nahe!
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Hier haben sie schon Spaß miteinander
Pit sollte ursprünglich ein Spielgefährte und Trainingspartner für Finn sein. Nun sollten sich die Beiden auf einer anderen Weide ohne Druck von außen kennenlernen können. Dazu mußten sie allerdings erst einmal dorthin gelangen: die lag nämlich am anderen Ende der Stadt, einige Kilometer entfernt.

Mein Vater und Leevke wollten die Beiden von unserer großen Weide aus zur kleineren führen; es gab einen Weg entlang des Flusses, der das Tal geformt hat, in dem unsere Stadt liegt. Pit hatte in der Zwischenzeit aber natürlich kein besseres Verhalten lernen können. Wir hatten auch keine Zeit und Muße gehabt, mit dem Junghengst das Führen zu üben.

Die Wanderung gestaltete sich daher nicht nur kompliziert, sondern auch überaus anstrengend und teilweise gefährlich, wenn Pit meinte, wieder steigen zu müssen. Für ihn war die Sache natürlich ebenfalls ungeheuer aufregend und vermutlich auch angsterregend, denn er hatte ja im Gegensatz zu Finn noch nichts von der Welt gesehen. Mit viel Glück, Nerven und Zeit kamen Menschen und Tiere schließlich unverletzt, aber schweißgebadet an.

Die beiden Jährlinge hatten glücklicherweise großes Interesse aneinander. Finn schien keinen Gedanken mehr an seine zurückgebliebene Familie zu verschwenden. Pit seinerseits zeigte keinerlei Heimweh oder Hengstgehabe. Im Gegenteil: er ordnete sich anstandslos dem selbstbewußten Finn unter. Die vorläufige Lösung schien den Beiden zu gefallen. Wie wir herausfinden sollten, waren sie nur mit der Weide nicht wirklich einverstanden.

Am nächsten Tag war es sehr neblig. Mein Vater fuhr früh zur Wiese, um nach dem Rechten zu sehen. Und er erschrak fürchterlich. Keine Spur von den Jährlingen! Erst hielt er in der näheren Umgebung Ausschau, konnte jedoch nichts entdecken.

Dann rief er bei einem Pferdebesitzer aus der Nachbarschaft an, ob dieser zufällig heute zwei Tiere zuviel bei seinen Pferden zählte. Als ihn der Mann nicht beruhigen konnte, fragte er bei der Feuerwehr an und schließlich bei der Polizei.

Ja, bei der Polizei konnte man ihm weiterhelfen. Unsere Junghengste hatten auf eigene Faust einen kleinen Ausflug unternommen. Sie waren allerdings schnell entdeckt und gemeldet worden. Unsere Freunde und Helfer hatten die Aufgabe auf sich genommen, das Gespann wieder einzufangen. Daraufhin brachten sie die Beiden kurzerhand bei dem nächsten Bauern unter.


Kastration


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Die Rangfolge ist geklärt
Keinem von Beiden war etwas geschehen. Glück muß Pferd haben! Zufällig war der Bauer, bei dem sie nun standen, uns wohlbekannt: die Weide, auf der sie standen, war unser Winterquartier. Auf die andere Wiese wollten wir sie nach dieser Erfahrung vorläufig nicht mehr stellen. Da traf es sich gut, daß sie dort bleiben konnten, wo sie waren, bis wir entsprechende "Hochsicherheits-Maßnahmen" getroffen hatten.

Ich kann mich noch gut an einen Spaziergang erinnern, den ich damals mit ihnen gemacht habe. Mein damaliger Freund war mit dabei. Wir führten jeder eins der Pferde. Wir waren in dem Gebiet unterwegs, das Finn von klein auf kannte. Da in dieser Gegend keine Autos fuhren und ich sein Verhalten auch von klein auf kannte, durfte er ab einem bestimmten Punkt frei laufen.

Er galoppierte erst einmal in vollem Galopp geradeaus den Weg hinunter. Mein Freund wollte sich schon beunruhigen. Man konnte auch von unserem Standort aus den kleinen Frechdachs schon nicht mehr sehen. Ein paar Sekunden später sah man ihn jedoch schon wieder. Er galoppierte in unvermindertem Tempo direkt wieder zu uns zurück. Er kannte ja seine Herde.

Die Tierärzte rieten uns, die Junghengste beide möglichst schnell kastrieren zu lassen. So geschah es dann auch. Und nach wieder einiger Zeit wagten wir einen neuen Versuch, die Beiden in die Herde zu integrieren. Eine Zeugungsfähigkeit sollte jedenfalls inzwischen ausgeschlossen sein.

Nun verlief die Aufnahme des Neuen wie gewohnt. Pit hatte von Finn gelernt, wie Pferd sich unterordnet. Sein Verhalten hatte sich schon so weit geändert, daß es nun keine dramatischen Kämpfe mehr gab - dachten wir jedenfalls. Außerdem hatte natürlich die Kastration ihren Teil dazu beigetragen, daß er leichter aufgenommen wurde.

Eines Morgens, ein paar Tage später, war mein Vater wieder in voller Panik: alle Pferde zu sehen, nur nicht Pit! Die Herde graste friedlich, aber von Pit war keine Spur zu sehen. Nach einigen Minuten hatte mein Vater eine gute Idee: er lief quer über die Weide bis zum anderen Ende und schaute in die Hütte: da stand er, ein Häufchen Elend, und ruhte sich aus - die Hütte war seine Rettung vor den Verfolgungen.

Mein Vater zählte 16 große Bißwunden am ganzen Körper: wie war er geschunden! Wer nicht hören will, muß fühlen: Pferde sind unerbittlich und hören nicht eher auf, bis die Lektion gelernt ist. Pit hatte endlich gelernt und sich ganz unten eingeordnet: der strahlende Junghengst, Liebling seiner Mutter. Unten angekommen, konnte er schließlich doch noch in Frieden leben.



Quellen


  1. » Mit 89 dabei - Wilhelm Isemann und seine Zucht
  2. » Was Vater auch noch nicht wußte
  3. » Reiten auf Reiterhöfen und im Verein
  4. » Freiheit mit Fury, Frust im Reitstall
  5. » Immenhof-Idylle in Westfalen
  6. » Unversehens Pferdebesitzer
  7. » Große Überraschung im Winter
  8. » Ein Fohlen entdeckt die Nordsee



Abbildungen

©  Gerd Hebrang


Rezension: Bodenarbeit


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Arz, Christa

Bodenarbeit
Pferdetraining an der Hand

192 Seiten, 7 sw-Abbildungen, 86 Farbabbildungen, gebunden
2000, zweite Auflage 2002 � M�ller R�schlikon
ISBN 9783275013395


22,-  EUR      Bestellen


Der Verlag sagt über das Buch:

Bodenarbeit - Pferdetraining an der Hand

Ob Spring- oder Westernpferd, Turniercrack oder Knuddelpony � Bodenarbeit ist für jedes Pferd ein Muss. Die Schulung ohne Reiter ist die Grundlage für alle weiteren Ausbildungsschritte. Doch nicht nur Jungpferde profitieren davon, sondern auch erwachsene Reitpferde: Das Training vom Boden aus fördert die Nervenstärke, das Körpergefühl, die Aufmerksamkeit und den Gehorsam, und mit den anspruchsvolleren Bodenarbeitsvarianten kann man sein Pferd präzise und schonend gymnastizieren � die ideale Ergänzung zum Training unter dem Sattel.

Dieses Buch stellt die verschiedenen Methoden der Bodenarbeit vor � von der Grunderziehung am Halfter über die Arbeit mit Gebißzäumung bis hin zum freien Training im Round Pen und zur Langzügel-Arbeit. Schritt für Schritt wird gezeigt, wie man in den einzelnen Ausbildungsphasen vorgeht, was das Pferd dabei lernt und wie man Schwierigkeiten meistert.

Ein unentbehrliches Praxisbuch für alle Pferdeleute, die ihre Vierbeiner systematisch, konsequent und liebevoll erziehen wollen � vom Pferde-Kindergarten bis zum Gymnasium.

Christa Arz arbeitet als Journalistin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Bei Touren quer durch Deutschland legte die erfahrene Reiterin mit ihren Pferden mehrere tausend Kilometer zurück. Christa Arz lebt mit ihrem Partner, ihren drei Pferden und verschiedenen anderen Tieren auf einem kleinen Bauernhof im Rhein-Main-Gebiet. Im Müller Rüschlikon Verlag von Christa Arz bereits erschienen: "Faszination Wanderreiten".



 
W. Popken im Fenster
Selbstportrait 08/2004
 
 
Meine Meinung zu dem Buch:
von   Werner Popken

Dieses Buch ist im Jahre 2000 erschienen und im Jahre 2002 wurde eine zweite Auflage f�llig: einen besseren Beweis f�r den Erfolg des Buches bei den Lesern kann es nicht geben. Die fachliche Beratung lag bei Barbara Heilmeyer, die in der Szene hinreichend bekannt ist und auch auf vielen Fotos erscheint.

Barbara Heilmeyer ist vielseitig ausgebildet, unter anderem nach den in Reken gelehrten Methoden und nach Tellington-Jones, die sich ihrerseits auf Feldenkrais beruft. Sie ist der Autorin Freundin und Lehrerin, hat das Manuskript kommentiert und viele Ideen beigesteuert.

Die Autorin versteht das Buch als Baukasten, aus dem der Leser sich das nimmt, was ihm zusagt; wichtig ist ihr die gegl�ckte Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Vom Boden aus ist Vieles leichter, und was am Boden nicht klappt, wird auch im Sattel Probleme bereiten.

Die Bodenarbeit ist in der westlichen Reitlehre und vor allen Dingen Reitpraxis vollkommen in den Hintergrund getreten, obwohl ein Gro�teil der �bungen der klassischen Dressurkunst vom Boden ausgef�hrt wird; der Hauptartikel der letzten Woche (Lipizzaner in Berlin) hat ausf�hrlich dar�ber berichtet. Deshalb bleibt es zun�chst unverst�ndlich, warum die Bodenarbeit sozusagen neu erfunden werden mu�te.

Mittlerweile gibt es eine Renaissance der Bodenarbeit, hervorgerufen durch einige sogenannte Gurus, von denen sich die Autorin aber absetzt. Sie betont vielmehr, da� jeder, der mit Pferden zu tun hat, Bodenarbeit betreibt, weil schon das F�hren von der Weide, das Putzen, die Hufpflege im Grunde Bodenarbeit sind. Wenn das Pferd hier nicht mitmacht, wie soll dann die Arbeit im Sattel aussehen?

Wir Menschen k�nnen halt nicht nicht-kommunizieren, und die Pferde schon gar nicht. So ist alles Kommunikation; bewu�te Bodenarbeit ist bewu�te Kommunikation, kontrollierte �bung zu einem bestimmten Zweck, der nicht etwa Selbstzweck ist, sondern der Harmonie zwischen Mensch und Pferd dient. Und da wir pausenlos kommunizieren, dient alles letztlich allem.

In Bezug auf die vielf�ltigen M�glichkeiten der Bodenarbeit wird dies sehr sch�n deutlich im Kapitel �ber das Verladen. In einem Kasten werden die Grundlagen f�r das Verladen aufgez�hlt:

  • Ihr Pferd l�uft brav neben und hinter Ihnen her.
  • Es l��t sich zwischen zwei H�nden f�hren.
  • Es kennt und befolgt die verschiedenen Gertensignale.
  • Es l��t sich vorw�rts, r�ckw�rts und seitw�rts dirigieren.
  • Es �berquert unerschrocken polternde Planken und wippende Bohlen.
  • Es l�uft unter dem Flattervorhang und unter der Plane hindurch.
  • Es marschiert gelassen durch enge Gassen.

Man sieht: man kann das alles als Vor�bung f�r das Verladen ansehen. Das Verladen selbst ist ein sehr gutes Beispiel f�r die Ausrichtung auf h�here Ziele; die Autorin bleibt aber beim Thema und diskutiert die erheblichen Probleme, die sich dabei auftun k�nnen, in einem eigenen Kapitel auf insgesamt elf Seiten. Daraus m�chte ich einige Zitate bringen, die zeigen, da� das Buch zu Recht beliebt ist (Seite 139 ff):

Es gibt zwei M�glichkeiten, ein Pferd in den H�nger zu komplimentieren: Entweder indem man ihm vorausgeht, oder indem man es hineinschickt, selbst drau�en bleibt und einfach Stange und Klappe hinter ihm schlie�t.

W�hrend in Europa in der Regel Variante eins mit mehr oder [weniger] gro�em Erfolg praktiziert wird, arbeiten die allermeisten Westerntrainer mit der zweiten Methode. Viele amerikanische Ausbilder lehnen es generell ab, ein Pferd in den Transporter zu f�hren, indem sie ihm vorauslaufen. Sie haben gute Gr�nde daf�r: Bekanntlich ist die Einwirkung, die man auf ein hinter sich gehendes Pferd hat, eher gering; man ist auf den guten Willen des Vierbeiners angewiesen, der beim Verladen gelegentlich fehlt. Und bekanntlich provoziert man leicht ein aussichtsloses Tauziehen, wenn das Pferd in dieser Situation die Bremse zieht und den R�ckw�rtsgang einlegt.

[...] Wenn Sie ein Pferd wollen, das sich selbst verl�dt, m�ssen Sie sich und ihren Vierbeiner mit einer weiteren F�hrposition vertraut machen: das Pferd soll lernen, an Ihnen vorbei geradeaus vorw�rts zu gehen, sich also vorschicken zu lassen. Diese F�hrposition l��t sich gut aus der "Delphin"-Position entwickeln. Bevor Sie sich ans Verladen machen, sollten Sie dieses Man�ver solange "trocken" �ben, bis es auch im Schlaf sitzt.

Wenn Sie hinter dem Pferd gehen, wirken Sie zwar stark treibend, haben aber so gut wie keine Kontrolle mehr �ber die Richtung, in die sich das Pferd bewegt. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn wenn der Vierbeiner sich erst einmal in einer Gasse befindet, beziehungsweise mit dem Kopf bereits im H�nger steckt, hat er diesbez�glich ohnehin keine gro�e Auswahl mehr. Hauptsache, das Tier geht allein in die Gasse hinein. Damit das funktioniert, mu� das Vorw�rts-Antreten als Reaktion auf den Gerten-Tipp auf der Kruppe so gut sitzen, da� es zum bedingten Reflex geworden ist. Nur dann klappt die Sache auch unter erschwerten Bedingungen. Jetzt zeigt sich, ob Sie genug ge�bt haben.

[...] Wenn Sie Ihr Pferd wirklich optimal vorbereiten wollen, gehen Sie jetzt noch nicht zum H�nger, sondern vertiefen das Thema "Vorschicken" in weiteren Trocken�bungen. Die Zeit, die Sie daf�r investieren, bekommen Sie wahrscheinlich zehnfach zur�ck. Schicken Sie das Pferd �ber die Br�cke, �ber die Wippe, �ber die Plane. All das kennt es ja schon, wenn Sie neben ihm gehen; jetzt lernt es, diese Hindernisse auch gehorsam zu bew�ltigen, wenn Sie sich hinter ihm befinden.

In diesem Sinne beschreibt die Autorin detailliert die Vorbereitung - wenn man Zeit hat. Sie bleibt bei diesen idealen Bedingungen nicht stehen, und das ist richtig und wichtig, denn oftmals fehlt einfach die Zeit. Dann braucht man Tipps, die sich bew�hrt haben. Auch damit spart Christa Arz nicht, und zum Schlu� widmet sie sich den H�rtef�llen (Seite 149).

Verzweifeln Sie nicht, auch nicht, wenn das Verladen drei Stunden dauert. Das ist allemal besser als eine Gewaltaktion vom Zaun zu brechen, bei der das Pferd allenfalls lernt, wie es sich zur Wehr setzen kann, und am Ende doch nicht im H�nger steht.

So ist dieses Buch mehr als nur ein Buch �ber Bodenarbeit. Andere Leute schreiben ein ganzes Buch �ber das Verladen oder die Longenarbeit; Christa Arz wei�, da� sie in vielen Bereichen lediglich die Grundlagen legen kann und verweist auf weiterf�hrende Literatur. Man mu� das Buch nicht von vorne nach hinten durcharbeiten, man kann sich �berall dort bedienen, wo man angeregt wird. Schlie�lich soll die Arbeit sowohl f�r den Menschen als auch f�r das Pferd Spa� machen, auch wenn sie am Boden stattfindet.


erschienen 26.01.03


· Siehe auch  Tipp 200



Arz, Christa

Bodenarbeit
Pferdetraining an der Hand

192 Seiten, 7 sw-Abbildungen, 86 Farbabbildungen, gebunden
2000, zweite Auflage 2002 � M�ller R�schlikon
ISBN 9783275013395


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Selbstportrait 08/2004
 
 
Körperband
Von   Werner Popken

In der Rezension dieser Woche (Bodenarbeit) ging es unter anderem um das Verladen und um spezielle Tipps, wenn es schnell gehen soll und muß. In diesem Zusammenhang schreibt die Autorin:

Eine sanfte, völlig ungefährliche und oft überraschend wirkungsvolle Methode, das Rückwärtsdrängeln zu verhindern, kann das Anlegen eines Körperbandes sein (siehe Seite 133): Die weich um die Hinterhand gelegte Bandage reicht manchmal schon aus, um den Rückwärts-Gedanken im Pferdekopf in einen Vorwärts-Gedanken zu verwandeln.

Hilft das nicht, müssen Sie schwerere Geschütze auffahren: Wenn das Pferd trotz allem heftig zurückzerrt, lassen Sie sich gar nicht erst auf ein Tauziehen ein, sondern legen dem Vierbeiner sofort ein "Komm-mit" an: Eine Longe oder ein Seil wird auf etwa 1 bis 1,20 Meter Höhe rechts am Hänger befestigt, und zwar mit einem stabilen, aber leicht lösbaren Knoten und nicht mit dem Karabinerhaken: Der könnte brechen und Ihnen dann um die Ohren fliegen. Das Seil wird dann um den Pferdepo geführt, wo es in der Kuhle zwischen Sitzbeinhöcker und Sprunggelenk zu liegen kommt, und endet in der behandschuhten Hand eines Helfers links vom Pferd. Wenn Sie zwei Helfer haben, nehmen Sie am besten auch zwei Longen, die sich am Pferdepo kreuzen. Vorsicht: Manche Pferde reagieren hysterisch auf die Berührung an der Hinterhand; legen Sie das Seil also sehr vorsichtig an und stellen Sie sich dabei nie direkt hinter das Tier.

Das "Komm-mit" soll den Vierbeiner vor allem am Zurückdrängeln hindern. Es ist nicht dazu da, das Roß in den Hänger zu hieven; um hineinzugehen, hat es seine Beine, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann es sie benutzt.

Die Lösung mit der Longe war mir bekannt; was aber hat es mit einem Körperband auf sich? Seite 133 zeigt einen Schimmel mit einer gewürfelten Schärpe, die von der Hinterhand auf den Rücken und von dort vorn um die Brust geschlungen ist, mit einer großen Schleife in der Sattellage, so als ob dieses Pony ein Geburtstagsgeschenk sei. Überschrift: "Das ist dein Körper, Pferd."

Linda Tellington-Jones hat dieses Band aus elastischen Bandagen in Form einer Acht erfunden. Die Bandage soll unter leichter Spannung stehen und dem Pferd die Körperwahrnehmung erleichtern. Bei jedem Schritt wird es sozusagen leicht massiert und spürt sich selbst. Die Bandage kann nicht nur bei der Körperarbeit, sondern auch beim Reiten eingesetzt werden. Insbesondere soll das Pferd dann leichter auf Gertenhilfen, vor allem der Hinterhand, reagieren.


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Galerie: Petronella


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Petronella

Copyright wie angegeben
Tomi Ungerer, Frankreich
Petronella beim Zauberer
Ausschnitt der Illustration auf Seite 72/73
Tomi Ungerer: Tomi Ungerers Märchenbuch
Zürich 1975, Diogenes, Ausgabe 1979

Im Galeriebeitrag der letzten Woche (    Ronja) habe ich die Titelheldin mit der Heldin eines Märchens verglichen, das ich aus dem Märchenbuch von Tomi Ungerer kannte. Ich denke, ich bin Ihnen und Tomi Ungerer schuldig, daß ich auch dieses Märchen und die Kunst des Illustrators würdige.

Ich weiß nicht, ob Sie den Namen Tomi Ungerer schon einmal gehört haben, aber dieser Mann ist weltweit hochberühmt. Mir wurde er durch "Das große Liederbuch" Mitte der siebziger Jahre bekannt, ein wunderschönes Buch mit wunderschönen Liedern und wunderschönen Illustrationen.

Die Märchen sind alle alt, von den Brüdern Grimm oder Hans Christian Andersen, bis auf eines: Petronella. Es ist ein typisches modernes Märchen, wie es damals Mode war. Man schrieb ja auch die alten Märchen modern um; Tomi Ungerer hat in diesem Buch Rotkäppchen "überdacht und wiedergekäut".


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Titelblatt Schutzumschlag
Copyright wie angegeben
Mechanischer Sex; aus   Erotoscope, Taschen
  Tomi Ungerer,
eigentlich Jean Thomas, 1931 in Straßburg geboren, war der vierte und jüngste Sohn. Sein Vater war Uhrmacher mit künstlerischen Ambitionen, seine Mutter stammte aus einer deutschen Industriellenfamilie.

Mit vier Jahren verliert er seinen Vater, die Familie zieht in ein Dorf bei Colmar. Nach der Kapitulation Frankreichs 1939 wird die Fabrik, die dem Hause Ungerers gegenüber liegt, in ein Gefangenenlager umgewandelt.

Tomi zeichnet unter anderem eine Verhaftung auf offener Straße durch deutsche Uniformierte. Im Winter 1944/45 erlebt Ungerer die dreimonatige Schlacht um den Brückenkopf von Colmar.

Nach dem Krieg wird das Elsaß wieder französisch, Elsässisch wird verboten. Ungerer ist in der Schule unangepaßt, bereist Europa, schließlich Amerika, heiratet dort im selben Jahr eine Amerikanerin; sechs Jahre später wird seine erste Tochter geboren.

Da ist er schon berühmt, unter der Schirmherrschaft von Willy Brandt wird in Berlin die erste große Ausstellung eröffnet. 1970 heiratet er zum zweiten Mal, verläßt New York und geht nach Kanada. 1971/72 engagiert sich Ungerer im Wahlkampf für die SPD. 1976 zieht er in ein Schloß nach Südirland, wo er weitere drei Kinder bekommt.