
| | W. Popken im Fenster Selbstportrait 08/2004 | | | | | Meine Meinung zu dem Buch: von › Werner Popken
Dieses Buch ist im Jahre 2000 erschienen und im Jahre 2002 wurde eine zweite Auflage f�llig: einen besseren Beweis f�r den Erfolg des Buches bei den Lesern kann es nicht geben. Die fachliche Beratung lag bei Barbara Heilmeyer, die in der Szene hinreichend bekannt ist und auch auf vielen Fotos erscheint.
Barbara Heilmeyer ist vielseitig ausgebildet, unter anderem nach den in Reken gelehrten Methoden und nach Tellington-Jones, die sich ihrerseits auf Feldenkrais beruft. Sie ist der Autorin Freundin und Lehrerin, hat das Manuskript kommentiert und viele Ideen beigesteuert.
Die Autorin versteht das Buch als Baukasten, aus dem der Leser sich das nimmt, was ihm zusagt; wichtig ist ihr die gegl�ckte Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Vom Boden aus ist Vieles leichter, und was am Boden nicht klappt, wird auch im Sattel Probleme bereiten.
Die Bodenarbeit ist in der westlichen Reitlehre und vor allen Dingen Reitpraxis vollkommen in den Hintergrund getreten, obwohl ein Gro�teil der �bungen der klassischen Dressurkunst vom Boden ausgef�hrt wird; der Hauptartikel der letzten Woche (Lipizzaner in Berlin) hat ausf�hrlich dar�ber berichtet. Deshalb bleibt es zun�chst unverst�ndlich, warum die Bodenarbeit sozusagen neu erfunden werden mu�te.
Mittlerweile gibt es eine Renaissance der Bodenarbeit, hervorgerufen durch einige sogenannte Gurus, von denen sich die Autorin aber absetzt. Sie betont vielmehr, da� jeder, der mit Pferden zu tun hat, Bodenarbeit betreibt, weil schon das F�hren von der Weide, das Putzen, die Hufpflege im Grunde Bodenarbeit sind. Wenn das Pferd hier nicht mitmacht, wie soll dann die Arbeit im Sattel aussehen?
Wir Menschen k�nnen halt nicht nicht-kommunizieren, und die Pferde schon gar nicht. So ist alles Kommunikation; bewu�te Bodenarbeit ist bewu�te Kommunikation, kontrollierte �bung zu einem bestimmten Zweck, der nicht etwa Selbstzweck ist, sondern der Harmonie zwischen Mensch und Pferd dient. Und da wir pausenlos kommunizieren, dient alles letztlich allem.
In Bezug auf die vielf�ltigen M�glichkeiten der Bodenarbeit wird dies sehr sch�n deutlich im Kapitel �ber das Verladen. In einem Kasten werden die Grundlagen f�r das Verladen aufgez�hlt:
- Ihr Pferd l�uft brav neben und hinter Ihnen her.
- Es l��t sich zwischen zwei H�nden f�hren.
- Es kennt und befolgt die verschiedenen Gertensignale.
- Es l��t sich vorw�rts, r�ckw�rts und seitw�rts dirigieren.
- Es �berquert unerschrocken polternde Planken und wippende Bohlen.
- Es l�uft unter dem Flattervorhang und unter der Plane hindurch.
- Es marschiert gelassen durch enge Gassen.
| Man sieht: man kann das alles als Vor�bung f�r das Verladen ansehen. Das Verladen selbst ist ein sehr gutes Beispiel f�r die Ausrichtung auf h�here Ziele; die Autorin bleibt aber beim Thema und diskutiert die erheblichen Probleme, die sich dabei auftun k�nnen, in einem eigenen Kapitel auf insgesamt elf Seiten. Daraus m�chte ich einige Zitate bringen, die zeigen, da� das Buch zu Recht beliebt ist (Seite 139 ff):
| Es gibt zwei M�glichkeiten, ein Pferd in den H�nger zu komplimentieren: Entweder indem man ihm vorausgeht, oder indem man es hineinschickt, selbst drau�en bleibt und einfach Stange und Klappe hinter ihm schlie�t. W�hrend in Europa in der Regel Variante eins mit mehr oder [weniger] gro�em Erfolg praktiziert wird, arbeiten die allermeisten Westerntrainer mit der zweiten Methode. Viele amerikanische Ausbilder lehnen es generell ab, ein Pferd in den Transporter zu f�hren, indem sie ihm vorauslaufen. Sie haben gute Gr�nde daf�r: Bekanntlich ist die Einwirkung, die man auf ein hinter sich gehendes Pferd hat, eher gering; man ist auf den guten Willen des Vierbeiners angewiesen, der beim Verladen gelegentlich fehlt. Und bekanntlich provoziert man leicht ein aussichtsloses Tauziehen, wenn das Pferd in dieser Situation die Bremse zieht und den R�ckw�rtsgang einlegt. [...] Wenn Sie ein Pferd wollen, das sich selbst verl�dt, m�ssen Sie sich und ihren Vierbeiner mit einer weiteren F�hrposition vertraut machen: das Pferd soll lernen, an Ihnen vorbei geradeaus vorw�rts zu gehen, sich also vorschicken zu lassen. Diese F�hrposition l��t sich gut aus der "Delphin"-Position entwickeln. Bevor Sie sich ans Verladen machen, sollten Sie dieses Man�ver solange "trocken" �ben, bis es auch im Schlaf sitzt. Wenn Sie hinter dem Pferd gehen, wirken Sie zwar stark treibend, haben aber so gut wie keine Kontrolle mehr �ber die Richtung, in die sich das Pferd bewegt. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn wenn der Vierbeiner sich erst einmal in einer Gasse befindet, beziehungsweise mit dem Kopf bereits im H�nger steckt, hat er diesbez�glich ohnehin keine gro�e Auswahl mehr. Hauptsache, das Tier geht allein in die Gasse hinein. Damit das funktioniert, mu� das Vorw�rts-Antreten als Reaktion auf den Gerten-Tipp auf der Kruppe so gut sitzen, da� es zum bedingten Reflex geworden ist. Nur dann klappt die Sache auch unter erschwerten Bedingungen. Jetzt zeigt sich, ob Sie genug ge�bt haben. [...] Wenn Sie Ihr Pferd wirklich optimal vorbereiten wollen, gehen Sie jetzt noch nicht zum H�nger, sondern vertiefen das Thema "Vorschicken" in weiteren Trocken�bungen. Die Zeit, die Sie daf�r investieren, bekommen Sie wahrscheinlich zehnfach zur�ck. Schicken Sie das Pferd �ber die Br�cke, �ber die Wippe, �ber die Plane. All das kennt es ja schon, wenn Sie neben ihm gehen; jetzt lernt es, diese Hindernisse auch gehorsam zu bew�ltigen, wenn Sie sich hinter ihm befinden. | | |
In diesem Sinne beschreibt die Autorin detailliert die Vorbereitung - wenn man Zeit hat. Sie bleibt bei diesen idealen Bedingungen nicht stehen, und das ist richtig und wichtig, denn oftmals fehlt einfach die Zeit. Dann braucht man Tipps, die sich bew�hrt haben. Auch damit spart Christa Arz nicht, und zum Schlu� widmet sie sich den H�rtef�llen (Seite 149).
| | Verzweifeln Sie nicht, auch nicht, wenn das Verladen drei Stunden dauert. Das ist allemal besser als eine Gewaltaktion vom Zaun zu brechen, bei der das Pferd allenfalls lernt, wie es sich zur Wehr setzen kann, und am Ende doch nicht im H�nger steht. | | |
So ist dieses Buch mehr als nur ein Buch �ber Bodenarbeit. Andere Leute schreiben ein ganzes Buch �ber das Verladen oder die Longenarbeit; Christa Arz wei�, da� sie in vielen Bereichen lediglich die Grundlagen legen kann und verweist auf weiterf�hrende Literatur. Man mu� das Buch nicht von vorne nach hinten durcharbeiten, man kann sich �berall dort bedienen, wo man angeregt wird. Schlie�lich soll die Arbeit sowohl f�r den Menschen als auch f�r das Pferd Spa� machen, auch wenn sie am Boden stattfindet.
erschienen 26.01.03
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