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Leserbrief 1757


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Leserbrief  1757 zu Ausgabe  361
27.02.06



Gebissloses Reiten

Liebe Frau Jochheim, lieber Herr Dr. Popken ,

so sympathisch sich der Bericht auch liest, und so wohlmeinend er auch sein mag, so birgt er doch eine entscheidende Gefahr: Wieder einmal (wie so oft bei wohlmeinenden Pferdefreund/innen/en) wird hier der Eindruck suggeriert, viel Liebe und Enthusiasmus allein reichten aus, sein Pferd auszubilden zu können.

Natürlich zeigt der Bericht, dass es im Endeffekt "gutgegangen" ist; aber was wäre denn gewesen, wenn das Kind doch nicht "schnell" hätte runter genommen werden können? Pferde � junge zumal � neigen zu heftigen Bewegungen, ohne Vorankündigung. Und was, wenn beim ersten Galopp in der Halle (und das hätte immer passieren können - egal ob das Pferd auf Knotenhalfter, Wassertrense oder blanker Kandare getrenst ist) nicht Prellungen und eine schwere Gehirnerschütterung die Folge gewesen wären, sondern Schädelbruch, Wirbelsäulenfraktur etc�.?

Darüber geht die Autorin hinweg, wie wenn es sich um einen unvermeidbaren Schicksalsschlag gehandelt hätte. Ich registriere das immer wieder, diesen gefährlichen Fatalismus bei lieben Pferdefreunden. Ebenfalls durchzieht den Bericht das Bekenntnis, nicht viel Unterricht genommen/bekommen zu haben.

Auch hier ist die Pferdeszene einmalig: Kein Autofahrer, kein Pilot, kein Lokomotivführer hat (glücklicherweise) die Chance, sein Gerät selbst zusammenzubauen, es vielleicht auch noch zu tunen; dabei von niemandem zu lernen, wie das Ding zu bewegen ist, und es dann in der Öffentlichkeit vorführen zu dürfen. Pferdeleute dürfen das nicht nur, es ist in weiten Kreisen sogar sehr verbreitet.

Dazu tragen natürlich die vielen "Trainer" bei und das Menschen-Pferde-Ausbildungsunwesen hierzulande. Dass jemand wie Frau Jochheim, mit einem Grundgefühl für Richtig und Falsch in der Pferdeerziehung, �gute� Ratschläge in den Wind schlägt, verwundert nicht, zumal gerade in der Mensch-Pferdewelt gerne Wissen mit Meinung verwechselt wird.

Fakt jedoch ist, dass auch das Gerittenwerden ohne Gebiss Ausbildungsschritte für Mensch und Pferd birgt, denen ein System zugrunde liegt. Es einfach mal aus Tierliebe und �aus dem Bauch� heraus zu probieren, ist fahrlässig, auch wenn es bisweilen funktioniert. Meiner Erfahrung nach war bisher jedes Pferd auch gebisslos zu reiten � und zwar besser als mit Gebiss. Das gilt und galt vor allem für die problematischen Pferde. Insofern ist es ebenfalls fahrlässig, von gebisslosem Reiten abzuraten. Hier treffen sich Ausbilder und Pferdebesitzer in ihrem Unwissen.

Gebisse quälen Pferd. Feinfühlige Menschen wissen das. Prof. Cook hat es nachgewiesen. Falsch gehandhabte gebisslose Zäumungen quälen Pferde aber auch. Deshalb käme es für wohlmeinende Pferdebesitzer und Ausbilder vor allem darauf an, nicht nur die Zäumung zu wechseln, sondern die Systematik des sicheren gebisslosen Reitens zu lernen.

Mit herzlichen Grüßen
» www.heinzwelz.de




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